Eine Luege macht noch keine Liebe!
Familie kapselte er sich fast völlig ab. Niemand hätte von ihm vermutet, dass er, der Sonnyboy, das Glückskind, dieses Erlebnis so tragisch nehmen würde, aber das tat er …
„Liebte er sie denn so sehr?“, unterbrach Lara an dieser Stelle Antonias Erzählung. Der Gedanke, dass sie in der ganzen Zeit, die sie mit ihm zusammen verbracht hatte, gegen einen Geist angekämpft hatte, ohne es zu wissen, behagte ihr gar nicht. „Und wenn er sie so sehr geliebt hat, warum hat er sie dann nicht trotzdem geheiratet?“
„Nein, er hat sie nie richtig geliebt, darum waren wir auch immer dagegen, dass er sie heiraten wollte. Und sie wusste das, sonst hätte sie nicht zu solchen Mitteln greifen müssen, um ihn an sich zu binden, es hätte gereicht, abzuwarten.“
„Aber wenn er sie nicht so geliebt hat, warum wollte er sie dann unbedingt heiraten? Ist das bei euch in Italien denn heute immer noch so?“
Antonia lächelte.
„Nein, Lara, keineswegs. Niemand hätte es von ihm verlangt, außer er selbst. Es hätte gereicht, die Vaterschaft anzuerkennen, aber er glaubte, er müsse sich seinen Vater zum Vorbild nehmen und einem Ehrenkodex folgen, der längst aus der Mode gekommen ist. Er fühlte sich einfach verantwortlich dafür und ein Kind in die Welt zu setzen, ist ja nun mal keine Kleinigkeit.“
„Aber ich verstehe immer noch nicht, warum er dann so enttäuscht war. Kein Kind, keine Heirat, keine Probleme – was störte ihn so daran?“
„Dass sein Charakter und sein Anstand so schamlos ausgenutzt worden waren. Es war keine enttäuschte Liebe, sondern nur Ärger, Bitterkeit und verletzter Stolz. Und auf diesem Boden fing seine Vorsicht an zu wachsen“, erläuterte Antonia weiter …
In der Folgezeit wechselte er seine Freundinnen wie andere Männer die Hemden und hütete sich, eine Beziehung über die Bettkante hinausgehen zu lassen.
Seine Eltern machten sich große Sorgen um ihn, standen unausgesprochene Ängste aus, wenn sie ihn an stürmischen Tagen mit seinem Großvater draußen auf See wussten, aber Alessandro schien das alles nicht zu stören. Er lebte sein eigensinniges Leben und war nur selten dazu zu bewegen, seiner Familie auszuhelfen, wenn wirklich Not am Mann war. Deshalb wurde mehr und mehr Nando dazu herangezogen, die Geschäfte eines Tages zu übernehmen.
Im vergangenen Sommer hörte sein Großvater auf, hinauszufahren, er tat sich schwer, er wurde alt und einmal ging er sogar über Bord und wäre beinahe ertrunken. Alessandro überredete ihn, sich zu Ruhe zu setzen und das Boot zu verkaufen, er selbst engagierte sich mit Freunden zusammen in der Muschelzucht und fing an, sich wieder etwas für die Belange der Hotels zu interessieren.
Das wahre Motiv, warum er sich wieder mehr den Geschäften zuwandte, blieb seinen Eltern lange Zeit ein Rätsel. Vielleicht langweilte er sich, vielleicht wurde ihm die Verantwortung bewusst, die Nando nun alleine würde tragen müssen und vielleicht war ihm auch klar, dass sein jüngerer Bruder damit nicht so spielend fertig werden würde wie er selbst. Er machte allerdings unmissverständlich klar, dass er sich nicht völlig den Geschäften widmen würde und schlug sogar vor, eins oder zwei der Häuser zu verkaufen.
In sein Privatleben weihte er schon lange niemanden mehr ein. Die dottoressa fragte ihn oft, wie er sich seine Zukunft vorstelle und was denn nur aus ihm werden solle und wann er endlich heiraten wolle. Er gab ihr immer die gleiche Antwort. ‚Nonna‘, sagte er, ‚ich heirate dann, wenn ich die Richtige gefunden habe‘.
Und an diesem Weihnachtsfest nun ließ er seine Familie unerwartet und aus heiterem Himmel wissen, es sei nun so weit. Er habe die Frau gefunden, die er schon im nächsten Jahr heiraten werde.
Lara hatte gespannt zugehört.
„Den Rest der Geschichte kennst du ja bereits“, schloss Antonia ihre Erzählung. „Ich wusste allerdings schon länger Bescheid und hatte mich bereits gefragt, wann er uns endlich einweihen würde.“
„Was? Woher denn?“
„Du warst doch bei meinen Eltern, erinnerst du dich?“
„Ja natürlich!“
„Du hast großen Eindruck auf die beiden gemacht und ich wette, ihr wart noch nicht richtig außer Sichtweite, als meine Mutter mich anrief, um mir von dir zu erzählen. ‚Stell dir vor‘, sagte sie zu mir und war richtig aufgeregt, ‚stell dir vor, Sandro hat ein Mädchen mitgebracht! Das hat er noch nie getan und sie interessiert sich auch noch für meinen Gemüsegarten! Diesmal wird
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