Eine magische Begegnung
zwei neue – weibliche – Stimmen Zuwachs bekommen.
“Ich mag keine Sardellen.”
“Wie wär's mit Sardellen auf einer Hälfte?” Das war die schöne, melodische Stimme, die er seit nunmehr einer Woche in seinen Träumen hörte. Er würde sie den Rest seines Lebens hören.
“Aber die andere Pizzahälfte schmeckt dann trotzdem nach Fisch.”
Nun waren nur noch zwei Leute in der Schlange vor ihm, aber Tanner machte keinen Schritt vorwärts. Er blieb wie angewurzelt stehen. Lili mochte Sardellen. Sie lachte gerne. Zuckerwatte schmeckte himmlisch wie Ambrosia, wenn man sie von ihren Fingern leckte. Und als sie mit ihm geschlafen hatte, hatte sie ihm ihre Seele geschenkt.
Wenn er sich ständig um sie kümmern würde, damit ihr nichts Böses geschah, bestand die Gefahr, dass er den Verstand verlor. Wenn er sich jetzt umdrehte und sie ansah, bestand die Gefahr, dass er sein Herz verlor.
“Dad, da ist Lili”, flüsterte Erika begeistert und machte einen kleinen Freudensprung.
Er schluckte und öffnete die Augen. Wann er sie geschlossen hatte, wusste er nicht mehr so recht. Lilis offenes Haar fiel ihr wie Seide über die Schultern und ihre Brüste. Ihre Wangen waren gerötet, ihre Augen leuchteten.
“Lili”, sagte Erika wieder ganz aufgeregt.
“Was macht ihr denn hier?” Lili lächelte Erika an. Dann sah sie zu Tanner.
Er rollte die zerknüllten Scheine in seiner Hand hin und her. “Roscoe hatte keine Lust zu kochen.”
“Kate hat auch vorgeschlagen, dass wir uns Pizza holen.” Lili schielte zu der zierlichen Blondine neben sich. Ohne die verklebten Wimpern und den schwarzen Lippenstift von gestern war sie außerordentlich hübsch.
“Kate, darf ich dir Erika vorstellen?”
Erika gab Kate die Hand. “Freut mich, Sie kennenzulernen.”
Kate lächelte das Mädchen an. Dann musterte sie Tanner mit leicht zusammengekniffenen Augen. “Ich glaube, wir beide haben uns schon kennengelernt.”
“Ja, ich erinnere mich.” Mit ihrer hübschen kleinen Nase und den vollen Lippen war sie auch ohne den schwarzen Lippenstift ein Hingucker. Doch Lili strahlte wie ein Regenbogen neben ihr.
Lili hatte eine strahlende Seele.
Im Augenblick allerdings biss sie sich – wie immer, wenn sie nervös war – auf die Lippen. “Äh, wie geht es Fluffy, Erika?”
“Oh, alles bestens! Er spürt anscheinend, dass sich alles aufgeklärt hat. Es geht ihm gut.”
Als Lili sich nun an ihn wandte, ging ihm ihr Blick durch und durch. “Und Roscoe?”, fragte sie. “Es muss ihn schwer getroffen haben.”
“Es geht ihm eigentlich ganz gut. Uns allen geht es gut.” Himmel, bei ihm war immer alles gut oder nett. Wann zum Teufel war das letzte Mal etwas toll, fantastisch oder großartig gewesen? Wie oft würde er Worte wie “nett” und “gut” noch in den Mund nehmen, ohne zu merken, wie wenig sie aussagten? Wie würde er sie jemals wieder aussprechen können, ohne dabei an Lili zu denken?
“Tja, es freut mich, dass es allen ganz gut geht.”
Die Schlange, in der sie standen, bewegte sich wieder ein Stück nach vorn. Erika schloss nicht auf. “Geht es
dir
gut, Lili?”
Lili lächelte “Oh, mir geht es auch ganz gut.” Ihm entging der traurige Zug um ihren Mund nicht.
Er konnte nicht anders. “Du hasst doch solche nichtssagenden Wörter.”
“Oh. Na ja, 'gut' ist ein ganz nettes Wort, wenn es dem Anlass angemessen ist.”
Aber es war kein Lili-Wort. Es war kein Lili-Gefühl. Wollte er, dass es ihm
ganz gut
ging? Wollte er, dass es Erika ihr Leben lang
ganz gut
ging? Er wusste nicht, wie sie von ihm etwas anderes lernen sollte.
Doch sie konnte es von Lili lernen.
“Da es uns allen ganz gut geht, Mr. Rutland, sollten Sie sich vielleicht weiterbewegen, damit keiner von den Leuten, die sich hier anstellen, seinen Platz verliert.”
Er war so auf Lili konzentriert gewesen, dass er die Frau neben ihr völlig vergessen hatte. Ihre Chefin. Tanner ging weiter vor zur Theke, doch er schien seine Augen nicht von Lili lassen zu können.
Seidiges Haar, schimmernde Lippen, ein schlanker, biegsamer Körper, ein süßer, blumiger Duft. Wie Zuckerwatte. Die Erinnerung, die ihn jetzt einholte, hatte er ebenso verdrängt wie alle schönen Erlebnisse mit Karen.
Du hast Angst, noch einmal zu lieben.
Er hatte Angst … verletzt zu werden. Alle seine Beziehungen hatte er kurz und ohne Verpflichtungen geführt, damit nichts tiefer ging. Der Grund, warum er Lili von sich gestoßen hatte, war nicht, Erika zu beschützen. Sondern
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