Eine magische Nacht. Roman
Sie wollen nicht von einem Menschen regiert werden.«
»Du bist aber nicht nur irgendein Mensch. Du bist König Oberons Sohn. Und zwar der verdienstvollere von uns beiden.«
»Wahrscheinlich werde ich meinen Vater nicht mal überleben. Meine Lebensspanne ist jetzt menschlich, du erinnerst dich? Fünfzig Jahre oder so werde ich noch haben. Und das war’s dann. Für jemanden aus dem Elfengeschlecht ist das ein Tropfen im Eimer. Genauso gut als hätten sie überhaupt keinen Thronerben.«
»Was ist mit euch Elfentypen bloß los, dass ihr eine menschliche Lebensspanne als unbeachtlich abtut?« Janelle sah zwischen den beiden Männern hin und her. »Als wäre sie es kaum wert, überhaupt gelebt zu werden.«
»Und wenn du so gedacht hast«, fügte Mina hinzu, wobei sie Riordan ruhig anschaute, »warum warst du dann damit einverstanden, als Mensch zu leben? Mit mir? Im Grunde genommen war das für dich doch ein Todesurteil.« Langsam schüttelte sie den Kopf. »Du hättest Magie besitzen können und die ganze Ewigkeit.«
»Mina, das haben wir doch längst alles besprochen. Eine Ewigkeit ohne dich wäre für mich wie ein Todesurteil.
Lebenslänglich
dagegen«, Riordan grinste und hatte sichtlich Spaß an der Doppeldeutigkeit seiner Worte, »bedeutet zwar nur eine menschliche Lebensspanne und das Jenseits, aber mit dir an meiner Seite. Gemeinsam durch dick und dünn.«
Mina, die ihm bei seiner Anspielung auf eine
lebenslängliche Verurteilung
einen Klaps auf die Schulter gegeben hatte, wurde weich und bekam große Augen, als er seinen Satz zu Ende brachte. »Das meinst du wirklich ernst?«
»Das weißt du doch.« Riordan rückte ganz nah an sie heran, und seine Stimme wurde leise.
»Für uns ist das wohl das Stichwort zum Aufbruch.« Janelle ging auf Zehenspitzen zur Haustür voran, während Kane ihr nachdenklich folgte. Sie schlichen sich hinaus, ziemlich sicher, dass weder Mina noch Riordan Notiz von ihnen nahmen, wenn sie sich überhaupt daran erinnerten, dass sie Besucher hatten.
Während Janelle schweigend die Eingangstreppe hinunterging, hielt Kane an ihrer Seite Schritt. »Er hat es wirklich so gemeint.«
»Was?« Mit den Gedanken woanders, sah Janelle ihn stirnrunzelnd an.
»Riordan zieht es vor, sich auf fünfzig Jahre mit Mina zu beschränken, denen dann der Tod folgt, anstatt eine Ewigkeit ohne sie zu leben.«
Rasch wandte Janelle den Blick ab. Die extreme Verwunderung in Kanes Stimme sollte ihr nichts ausmachen. Wirklich nicht, verdammt noch mal. »Ein Leben lang. Bedingungslose Hingabe. Ich sehe schon, wo du deine Schwierigkeiten mit diesen Begriffen hast. In deinen Augen ist eine Nacht in der Regel ja völlig ausreichend.«
»Das habe ich nie gesagt.«
»Das war auch nicht nötig. Du könntest dir niemals und unter keinen Umständen vorstellen, für eine Frau deine Unsterblichkeit aufzugeben.« Sie hatte es als Feststellung formuliert, meinte es jedoch als Frage.
»Ist es nicht für uns alle ein Primärinstinkt, am Leben zu bleiben?«, wich er dieser Frage aus.
»Ja. Ich werde dafür bezahlt, schon vergessen?« Überspitzt zog sie die Augenbrauen hoch. »Aber wir sind intelligente Wesen, und bei ausreichender Motivation sind wir dazu fähig, diesen Primärinstinkten bewusst entgegenzuhandeln. Eine Mutter, die ihr Leben aufgibt, um ihre Kleinen zu schützen. Ein Soldat, der zum Wohle seines Landes einen selbstmörderischen Kampfauftrag ausführt …«
Kane sah sie an. »Ja, ich glaube auch, dass es Zeiten und Gelegenheiten für Selbstaufopferung gibt. Aber ich nehme meine Unsterblichkeit nicht auf die leichte Schulter. Es ist das, was ich bin. Es ist mein Leben. Wie alle Angehörigen meines Volkes wurde ich zu einem bestimmten Zeitpunkt geboren, aber dann können wir auf unbestimmte Zeit leben, ohne zu altern. Wir sind immun gegen Krankheiten und in der Lage, uns von den meisten Verletzungen zu erholen. Es ist das, was wir kennen. Ein Teil unserer Welt, ein Teil unserer Identität. Die Unsterblichkeit ist für unser Volk so wichtig, dass ich ernsthaft Zweifel daran hege, ob ein sterblicher Riordan als Regent akzeptiert wird, wie sehr Oberon sich auch für ihn ins Zeug legen mag. Würdig oder nicht, ich weiß, dass Oberon sich auf mich als Stellvertreter verlässt. Er braucht jemanden von seinem Fleisch und Blut, der den Thron übernimmt, wenn er einmal nicht mehr ist.«
»Dann ist dein Vorstoß, Riordan zum Thronerben ernennen zu lassen, also nichts weiter als ein Werbegag für dich selbst.
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