Eine Marcelli geht aufs Ganze
Lederjacke zusammenzusparen.«
»Das sehe ich genauso. Aber sie versucht doch nur, dir zu zeigen, dass sie dich mag. Siehst du das nicht? Sie will, dass ihr beide eine Familie seid.«
»Das sehe ich schon. Aber du vergisst dabei die Tatsache, dass sie gelogen und gestohlen hat.« Er zog die Augenbrauen zusammen. »Ich kann ihr eine Menge vergeben, Francesca, aber nicht die Täuschung.«
Francesca schluckte. »Ich verteidige gar nicht, was sie getan hat.«
»Komisch. Denn in meinen Ohren klingt es so.«
Damit drehte er sich um und ging.
Francesca setzte sich. Ihr war ein wenig komisch, aber sie glaubte nicht, dass es sich um morgendliche Übelkeit handelte. Vielmehr war es eine Mischung aus Angst und Schuld. Wenn Sam wegen Kelly so wütend wurde, was würde dann passieren, wenn er die Wahrheit über ihr kleines Geheimnis erfuhr?
Sie sagte sich, dass sie bis zum großen Geständnis noch gut einen Tag Zeit hätte. Wenn bis dahin alles ruhig blieb, würde er vielleicht entspannt genug sein, um es zu verstehen. Natürlich könnte es auch anfangen, morgens Silbermünzen zu regnen. Sie war nicht sicher, wie lange sie dasaß und versuchte, die richtige Kombination aus Wörtern zu finden, die Sam alles erklären würden. Irgendwann hörte sie, dass eine Tür geöffnet wurde, dann leise Schritte auf dem Teppich. Kelly setzte sich neben sie auf die oberste Treppenstufe.
Sie zog ihre Knie an die Brust und schlang die Arme um ihre Beine. »Ich hab's echt vermasselt«, flüsterte sie.
Francesca nickte langsam. »Das beschreibt es ziemlich treffend.«
»Ich schätze, ich habe es nicht zu Ende gedacht. Ich hab herausgefunden, dass er Geburtstag hat, und als er mir kein Taschengeld geben wollte, bin ich panisch geworden.«
»Du hättest mich um ein Darlehen bitten können.«
Kelly schaute sie an. Ihre grünen Augen füllten sich mit Tränen. »Du hast doch kein Geld. Ich hatte Angst, du würdest Ja sagen, obwohl du es dir nicht leisten kannst, und dann müsstest du ohne Essen oder so auskommen.«
Francesca wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Also zog sie Kelly einfach in die Arme. »Ich bin vielleicht eine arme Doktorandin, aber ich habe genug zum Leben. Außerdem schicken die Grands mich immer mit ausreichend Essen nach Hause, damit könnte ich die gesamte Einwohnerschaft von Baltimore verköstigen.« Sie lehnte ihren Kopf gegen Kellys. »Aber es war süß, dass du dir deswegen Sorgen gemacht hast.«
Kelly drehte sich zu ihr um und hielt sie ganz fest. »Er hat gesagt, er hat die Bestellung storniert. Das heißt, ich habe kein Geschenk für ihn.«
»Ehrlich gesagt ist das das geringste deiner Probleme, Kleine.«
»Aber ich will ihm etwas Nettes kaufen. Es ist das erste Mal, dass ich an seinem Geburtstag bei ihm bin.«
Francesca hörte die Dringlichkeit in ihrer Stimme und erinnerte sich an jedes Gefühl, jede Nuance, als sie im selben Alter gewesen war. Das Leben war so viel ernster.
»Ich verstehe, aber weißt du, warum dein Dad so wütend geworden ist?«
Kelly senkte den Kopf und nickte. »Ich habe seine Kreditkarte genommen und das war falsch. Und vielleicht auch dumm.«
»Vielleicht?«
Kelly gab ein ersticktes Lachen von sich und hob den Kopf. »Okay. Es war dumm.«
»Gut. Wir machen langsam Fortschritte. Kannst du mir jetzt erzählen, was du hättest tun können, anstatt dich an der Kreditkarte deines Vaters zu vergreifen?«
Kelly schniefte. »Ich weiß es nicht.«
»Natürlich weißt du das. Du bist ein kluges Mädchen. Welche anderen Alternativen hättest du gehabt?«
Sie dachte eine Sekunde lang nach. Dann straffte sie die Schultern und rieb sich mit den Handrücken über die feuchten Wangen. »Ich hätte mit dir sprechen können. Oder mit Gabriel. Ihn hatte ich irgendwie ganz vergessen. Er hätte mir das Geld möglicherweise geliehen und wäre vielleicht sogar mit mir einkaufen gefahren.«
»Was noch?«
Kelly schaute sie an. »Du willst, dass ich sage, ich hätte meinem Dad sagen können, wofür ich das Geld brauche, aber das hätte die Überraschung verdorben.«
»Ja, aber es wäre ehrlich gewesen.«
»Ehrlich zu sein ist wichtiger?«
Francesca fühlte sich, als hätte sie ein scharlachrotes H auf der Brust. H für Heuchlerin. »Ich finde schon, und ich denke, dein Dad sieht das genauso. Er hat eine ziemlich große Abneigung gegen Leute, die ihn anlügen.«
Kelly zuckte zusammen. »Er war so unglaublich wütend.«
»Du wirst dich heute Abend bei ihm entschuldigen, wenn er nach
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