Eine Marcelli geht aufs Ganze
nichts und wieder nichts so hart trainiert.«
»Das ist etwas anderes.«
»Eigentlich ist es ziemlich das Gleiche. Wir beide haben langfristige Ziele, die uns einiges abverlangen.«
»Ja, aber ich erwarte, dass Sam oder Tanya dafür zahlen.«
»Das kann sich noch ändern, wenn du älter wirst.«
»Niemals.«
Ein paar Minuten lang löffelte Kelly schweigend ihre Suppe. Dann fragte sie: »Was studierst du?«
»Psychologie.«
»Oh, perfekt. Also wirst du meinem Dad alles sagen, was deiner Meinung nach mit mir nicht stimmt.«
»Vermutlich.«
Kellys grüne Augen wurden ganz schmal. »Ich bin sehr klug.«
»Ich weiß. Du bist außerdem einfallsreich, unabhängig und motiviert.«
Kelly fing an zu lächeln.
»Unglücklicherweise hast du kein Gefühl für Gemeinschaft, scheinst dich für niemanden als dich selbst zu interessieren und hast keinerlei Respekt gegenüber Autoritäten oder Regeln.«
Das Lächeln schwand.
Francesca zuckte mit den Schultern. »Ist okay, Kelly. Wir alle haben unsere Fehler.«
Das Mädchen schaute sie an. »Ist mir egal, was du denkst.«
»Das glaube ich dir unbesehen. Also, was willst du heute Nachmittag unternehmen? Ich dachte, wir könnten shoppen gehen, damit du etwas zum Anziehen hast, bis deine Sachen hier sind.«
Kelly musterte Francescas Sommerkleid und schüttelte den Kopf. »Nein danke. Ich bin kein Freund von Schnäppchen.«
Eines musste man Kelly lassen, das Gör wusste, wie man jemanden beleidigte. Francesca nippte an ihrem Eistee. »Kein Problem. Ich hatte gedacht, es wäre nett, nach dem Einkaufen noch ins Kino zu gehen, aber wenn du kein Interesse hast, fahren wir eben direkt wieder nach Hause.«
Kelly ließ den Löffel fallen, in ihren Augen blitzte es. Francesca spürte ihre Wut. Sams Tochter gefiel es nicht, in eine Ecke gedrängt zu werden, aber Francesca wusste nicht, wie sie ihr sonst Höflichkeit beibringen sollte. Wenn Kelly jeden von sich stoßen wollte, war das ihre Sache. Aber sie würde dadurch Privilegien verlieren wie Kinobesuche und Ausflüge an den Strand. Mit ein wenig Glück und Zeit würde sie vielleicht einsehen, dass sie mit Freundlichkeit weiter käme.
Natürlich konnte Francesca sich auch irren. Unter der zornigen, unfreundlichen Fassade konnte sich ein vollkommen unerträgliches Kind verbergen. Sie hoffte jedoch, dass dem nicht so war. Für Sam. Und für Kelly.
»Ich bringe italienisches Essen mit«, verkündete Brenna, als sie Francescas Wohnung betrat. »Und noch viel wichtiger: Ich habe Wein dabei.«
Francesca nahm ihr die Flaschen ab und brachte sie in die Küche. »Gut. Ich kann einen Drink gebrauchen. Ich war so verzweifelt, dass ich schon zum Laden gehen und irgendeine Flasche kaufen wollte.« Sie betrachtete die gekühlten Flaschen Marcelli Reserve Chardonnay. »Das hier ist aber viel besser.«
Brenna stellte einen großen Styroporbehälter auf den Tisch und nahm den Deckel ab. Ihre kurzen Haare wurden von einem Haarband zurückgehalten. Ein weites T-Shirt fiel ihr bis auf die Mitte der Oberschenkel und verdeckte beinah ihre abgeschnittenen Shorts.
»Hast du Probleme im Studium?«
»Um da Probleme zu haben, hätte ich erst mal mit meiner Dissertation anfangen müssen. Im Moment gibt es aber noch nicht mal ein leeres Dokument auf dem Rechner.«
Brenna holte die mit Alufolie bedeckten Schüsseln heraus. »Hühnchen Marsala, Röstkartoffeln mit roter und gelber Paprika und grüne Bohnen mit Mandeln à la Grammy M.«
Francesca knurrte der Magen. »Danke für den Anruf und den Vorschlag. Ich kann ein wenig Gesellschaft gebrauchen.«
»Du hättest zum Essen auf die Hacienda kommen können.«
Francesca schüttelte den Kopf. »Das ist nicht die Art von Gesellschaft, an die ich gedacht habe. Außerdem klangst du so, als käme dir eine kleine Flucht gerade recht.«
»Stimmt.« Brenna trug die Schüsseln zum Tisch und suchte dann in den Schubladen nach einem Korkenzieher.
Francesca holte Teller, Servietten und Besteck und deckte den Tisch. Sie stellte für jeden von ihnen ein Weinglas hin und zog zwei Stühle heran.
»Grandpa Lorenzo macht mich wahnsinnig.« Brenna schenkte den Wein ein. »Ich habe mehrere Gerüchte gehört, dass er den Weinberg verkaufen will. Ein paar unserer Nachbarn haben mich darauf angesprochen. Ich hatte ihn bereits einmal danach gefragt und gedacht, wir hätten die Sache geklärt. Aber mit all dem erneuten Gerede musste ich ihn noch einmal darauf ansprechen.«
»Und?«, hakte Francesca nach und legte sich
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