Eine Meerjungfrau am Haken
kurz. „Aber es gibt doch nur ein Wartungsgebäude auf dem Gelände.“
„Richtig, aber ich habe es in zwei Bereiche unterteilt. Die Reinigungsutensilien hinten, das Aquarium vorne. Meine Plastikschachteln kann man übrigens an den Seiten miteinander verbinden. Außerdem lassen sie sich einfach stapeln.“
„Ach das sind diese Teile!“ Sabrina erinnerte sich, eine Menge dieser eigenartigen Schachteln vor dem Wartungsgebäude gesehen zu haben. „Ich dachte, das sind tragbare Kloschüsseln für Sportveranstaltungen.“
Mr. Kraft schaute sie wie betäubt an. „Was für eine fantastische Idee!“ Er nahm prompt seinen Notizblock heraus und kritzelte wild darin herum. „Wenn ich diesen Vorschlag meinem Franchise-Manager präsentiere, muss er mir einen Bonus zahlen!“
Verzückt verließ er den Raum und Sabrina war wieder alleine mit der fast unlösbaren Aufgabe, das Aquarium vom Mesmer-Anwesen zum Schulgelände zu transportieren.
4. Kapitel
„Tante Hilda! Tante Zelda!“
Sabrina materialisierte sich im Wohnzimmer der Spellmans. Sie war so beunruhigt darüber, immer noch keine Lösung für ihr Transportproblem gefunden zu haben, dass sie sich am Ende des Schultages umgehend nach Hause gezaubert hatte.
Tante Zelda saß am Klavier und blätterte in einer wissenschaftlichen Zeitschrift im Notenhalter. Hilda, die jüngere ihrer Tanten, lag auf dem Sofa und schaute sich an, was am Abend im Hexen-TV laufen sollte. Um sechs Uhr kam die beliebte Sitcom Gute Hexen, schlechte Hexen, im Anschluss daran Hexplosiv. Um sieben folgte Das Magie-Kochstudio und um acht die Akte Hex!
Sabrina räusperte sich. „Tante Zelda, Tante Hilda, ich habe da ein Problem.“ Keine Reaktion. „Bitte! Ich brauche eure Hilfe!“
„Hast du dieses Quietschen gehört?“, fragte Hilda ohne ihren Blick vom Fernseher zu lösen.
„Ja, ganz deutlich!“, antwortete Zelda. „Vielleicht sollten wir es endlich ölen?“
„Achtung! Schmiermittel im Anflug!“ Tante Hilda schnippte mit dem Finger. Dann öffnete sie ihre Hand und heraus kam ein kleines Fläschchen, das sie mit der anderen Hand durch den Raum gleiten ließ, bis es direkt über Sabrina schwebte.
Zelda schaute auf. „Tut uns schrecklich Leid, Liebes, aber du hast dich in letzter Zeit zu sehr auf unsere Hilfe verlassen. Du musst lernen, alleine klarzukommen, deswegen...“
„Deswegen schalten wir dich nun mit dem Öl des Vergessens aus“, fuhr Hilda den Satz fort.
Nach sechshundert Jahren des Zusammenlebens war Zelda die direkte Art ihrer Schwester Hilda gewöhnt und ließ sich durch sie nicht mehr aus der Ruhe bringen. „Wenn du von uns etwas wissen möchtest, das mit Magie zu tun hat, werden wir dir in Zukunft nicht mehr zuhören. Nur so wirst du lernen, selbst Lösungen zu finden.“
„Für uns ist das dann wie Urlaub ohne das Haus verlassen zu müssen“, sagte Hilda vergnügt. Sie schnippte mit den Fingern und aus dem Fläschchen tropfte etwas lilafarbene Flüssigkeit auf Sabrinas Haar.
„Igitt! Moment...!“, schrie Sabrina, doch Zelda murmelte bereits einen Zauberspruch.
Der Öltropfen kribbelte auf Sabrinas Kopf und schien sich durch ihre Schädeldecke ins Hirn vorzuarbeiten, um sich schließlich auf ihrem Kehlkopf festzusetzen. Sie wollte schreien, brachte aber keinen Ton heraus.
Dann kam ihre Stimme langsam zurück. „He!“, beschwerte sie sich in leisem Flüsterton. „Das ist nicht fair!“
„Dieses Öl des Vergessens ist ein tolles Zeug. Sogar Klagen sind nicht mehr hörbar“, fügte Hilda hinzu.
Von ihren Tanten konnte Sabrina offenbar keinerlei Unterstützung erwarten. Sie stieß ein geflüstertes Grollen aus und lief zornig in ihr Zimmer. Als sie sich auf ihr Bett fallen ließ, hörte sie ein gereiztes Jaulen.
Sabrina schaute unter ihr Bett. Ein schwarzer Kater blickte sie empört an. „Pass doch auf! Hier liegt eine Katze, die gerade versucht, ein kleines Nachmittags-Nach-Tunfisch-Snack-Schläfchen zu halten“, maulte Salem.
Technisch betrachtet war Salem eine Katze, zumindest für die nächste Zeit. Früher war er einmal ein Hexenmeister gewesen, den der Hexenrat für hundert Jahre in eine Katze verwandelt hatte, weil er die Weltherrschaft an sich reißen wollte.
„Erzähl mir bloß nichts von Fischen“, fuhr Sabrina ihn an.
„Aber ich mag Fisch“, verteidigte Salem sich. „Sie sind leichte Beute. Was hast du denn plötzlich gegen Fische?“ Die Augen der Katze wurden groß. „Hast du vielleicht eine Überraschung für mich?
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