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Eine Messe für all die Toten

Eine Messe für all die Toten

Titel: Eine Messe für all die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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etwas für Sie tun, Sir?»
    «Ist der Direktor da?»
    «Erwartet er Sie?»
    «Glaub ich kaum», sagte Morse, durchquerte das
kleine Büro, klopfte an die nächste Tür und trat ein.
    Direktor Phillipson von der Roger Bacon School
erwies sich als sehr hilfsbereit.
    Paul Morris war offenbar als Musiklehrer eine
Perle gewesen. Er war beliebt bei Lehrern und Schülern, und seine Kandidaten
hatten bei Prüfungen stets erfreulich gut abgeschnitten. Als er so plötzlich
verschwand, ohne irgend jemandem ein Wort zu sagen, noch dazu mitten im
Trimester, stand man zunächst vor einem Rätsel. Phillipson holte seinen
Kalender vom Vorjahr heraus. Am 26. Oktober war es passiert, an einem Mittwoch.
Morris war morgens zur gewohnten Zeit zur Schule gekommen und dann wahrscheinlich
mittags, wie häufig am Mittwoch, zum Essen nach Hause gegangen. Ja, und danach
hatten sie ihn nicht mehr gesehen. Sein Sohn Peter hatte nach Schulschluß, um
Viertel vor vier, das Gebäude verlassen, und damit war auch er verschwunden. Am
nächsten Tag war mehreren Kollegen aufgefallen, daß die beiden nicht da waren,
und sicher wäre jemand bei Morris vorbeigefahren, doch da hatte die Polizei
angerufen und von dem anonymen Hinweis eines Nachbarn berichtet, Morris habe
mit seinem Sohn Kidlington verlassen, um mit einer Mrs. Josephs
zusammenzutreffen. («Mehr brauche ich Ihnen wohl nicht zu erzählen,
Inspector!») Inspector Bell war höchstpersönlich bei Phillipson gewesen, um ihm
zu sagen, daß die Polizei sich schon umgehört und in Erfahrung gebracht hatte,
daß von Nachbarn in den vergangenen Monaten öfter ein Wagen vor dem Haus von
Morris gesehen worden war, bei dem es sich der Beschreibung nach um Mrs.
Josephs’ Allegro hätte handeln können. Aus anderer Quelle war an die Polizei
durchgesickert, daß Morris und Mrs. Josephs höchstwahrscheinlich schon seit
einiger Zeit liiert waren. Jedenfalls hatte Bell ihn, Phillipson, gebeten, die
Geschichte herunterzuspielen und irgend etwas zu erfinden, einen Todesfall in
der Familie beispielsweise, was als Erklärung für das Verschwinden von Paul
Morris herhalten konnte. Eine Vertretung hatte für den Rest des
Herbsttrimesters Morris’ Stunden übernommen, und für das nächste Trimester war
eine neue Lehrerin eingestellt worden. Die Polizei war im Haus gewesen, das
Morris möbliert gemietet hatte, und es stellte sich heraus, daß ein Großteil
der persönlichen Habe fehlte; seltsamerweise waren noch ziemlich viele Bücher
und ein teurer Plattenspieler da. Ja, und das war eigentlich alles. Von da ab
hatte Phillipson nichts mehr von der Sache gehört. Soweit er wußte, hatte sich
Morris bei niemandem gemeldet. Er hatte keine Referenzen angefordert und würde
das unter diesen Umständen vielleicht auch gar nicht tun.
    Morse hatte Phillipson nicht unterbrochen, und
als er endlich den Mund aufmachte, sagte er etwas ganz Irrelevantes: «Haben Sie
in dem Schrank da vielleicht auch Sherry?»
    Zehn Minuten später sah Morse im Vorzimmer der
Sekretärin über die Schulter.
    «Stellen Sie gerade einen Scheck für mich aus,
Miss?»
     
     
    « Mrs., Mrs. Clarke.» Sie spannte das gelbe Blatt aus, legte es mit der
Schriftseite nach unten auf den Schreibtisch und funkelte Morse herausfordernd
an. Schon beim Hereinkommen hatte er sich sehr ungehörig benommen, und jetzt —
    «Sie sehen reizend aus, wenn Sie wütend sind»,
sagte Morse. 1
    Phillipson rief ihr von seinem Zimmer aus zu:
«Ich muß jetzt los, Mrs. Clarke. Bringen Sie Chief Inspector Morse bitte zum
Musiksaal. Und seien Sie so nett, die Gläser abzuwaschen, wenn Sie
zurückkommen.»
    Mit schmalen Lippen und hochrotem Gesicht ging Mrs.]
Clarke voraus. «Dorthinein», sagte sie.
    Morse drehte sich um, legte ihr freundlich die
rechte Hand auf die Schulter und sah sie aus seinen blauen Augen an. «Vielen
Dank, Mrs. Clarke. Tut mir furchtbar leid, wenn ich Sie geärgert habe. Bitte
verzeihen Sie mir.»
    Als sie zu ihrem Zimmer zurückging, fand sie das
Leben plötzlich wieder wunderschön. Warum war sie so albern gewesen? Sie
ertappte sich bei dem Wunsch, er möge sie zurückrufen. Tatsächlich-
    «Wann bekommen die Lehrer ihr Gehalt, Mrs.
Clarke?»
    «Am letzten Freitag im Monat. Ich tippe die
Schecks immer am Tag vorher.»
    «Das vorhin war also kein Gehaltsscheck?»
    «Nein. Morgen ist der letzte Tag vor den Ferien,
da habe ich noch schnell einen Spesenscheck für Mr. Phillipson ausgestellt. Er
hatte gestern eine Sitzung in London.»
    «Na, hoffentlich

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