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Eine Messe für all die Toten

Eine Messe für all die Toten

Titel: Eine Messe für all die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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eigentlich groß zu erzählen?
     
     
     

4
     
    Der Bus, ein ausladendes Luxusgefährt, sollte um
halb acht am Cornmarket abgehen, und Morris trat zu der Gruppe aufgeregter
Eltern, die Verpflegungspakete, Badezeug und Taschengeld noch einmal
überprüften. Peter saß schon zwischen zwei aufgekratzten Kumpeln auf der
hintersten Bank, und Lawson zählte nochmals durch, ob seine Schar wirklich
vollzählig war und die Expedition endlich starten konnte. Während der Fahrer
sich mit dem Lenkrad mühte, um das schwere Fahrzeug in die Beaumont Street zu
manövrieren, sah Morris Harry und Brenda Josephs stumm nebeneinander auf einer
der vorderen Bänke sitzen, sah Lawson, der seinen Regenmantel zusammenfaltete
und im Gepäcknetz verstaute, sah Peter, der munter schwatzte und wie die
meisten anderen Jungen darauf verzichtete oder einfach vergessen hatte, noch
einmal zum Abschied zu winken. Und dann rollten sie gen Bournemouth.
    Die Uhr auf der Südseite des Turms von St.
Frideswide’s stand auf Viertel vor acht, als Morris zur Carfax und durch die
Queen Street zur St. Ebbe’s ging. Dort machte er vor einem schmalen,
dreigeschossigen Stuckhaus halt, das, ein wenig von der Straße zurückversetzt,
hinter einem leuchtendgelben Zaun stand. An dem hohen Holztor, das den schmalen
Zugang zur Haustür bewachte, hing ein abblätterndes Schild, auf dem verblaßte
Druckbuchstaben verkündeten: Pfarrei St. Frideswide’s. Das Tor stand halb
offen. Während Morris noch befangen und unentschlossen auf der verlassenen
Straße stand, kam pfeifend ein Zeitungsjunge angeradelt und schob die Times durch den Briefkastenschlitz an der Haustür. Niemand nahm die Zeitung heraus.
Morris entfernte sich langsam und ging ebenso langsam wieder auf das Haus zu.
Im Obergeschoß ließ ein schmaler Streifen Neonlicht darauf schließen, daß
jemand da war. Er ging zur Haustür und betätigte leise den häßlichen schwarzen
Türklopfer. Drinnen rührte sich nichts. Er versuchte es noch einmal, diesmal
ein bißchen lauter. In dem weitläufigen alten Pfarrhaus mußte doch irgend
jemand sein. Studenten wahrscheinlich, vielleicht auch eine Haushälterin. Aber
als er das Ohr an die Tür legte, hörte er keinen Laut. Mit hämmerndem Herzen
drehte er den Türknauf. Die Tür war abgeschlossen.
    Hinten war das Haus von einer fast drei Meter
hohen Mauer umgeben. Aber ein zweiflügeliges Tor, auf das jemand ziemlich
dilettantisch «Nicht parken!» gepinselt hatte, verhieß einen Zugang. Morris
drehte den Metallring. Das Tor war unverschlossen. Er trat ein. Ein schmaler
Weg führte zwischen der hohen steinernen Mauer und ungepflegtem Rasen zum Haus.
Morris machte leise das Tor zu, ging zur Hintertür und klopfte mit der
Zaghaftigkeit des Feiglings. Keine Reaktion, kein Laut. Er drehte den Türknauf.
Die Tür öffnete sich. Sekundenlang blieb er reglos in der weiträumigen Diele stehen.
Er sah die Times schräg nach unten im Briefschlitz stecken wie die Zunge
eines grinsenden Wasserspeiers. Im Haus war es totenstill. Er zwang sich, ruhig
zu atmen, und sah sich um. Links stand eine Tür einen Spalt breit offen. Auf
Zehenspitzen ging er hin. «Ist da jemand?» So leise er es gefragt hatte — die
Worte machten ihn seltsamerweise sicherer. Als sei er für den Fall, daß doch
jemand da war, entschuldigt, nachdem er sich bemerkbar gemacht hatte. Und es
war tatsächlich jemand da, oder zumindest war kürzlich jemand dagewesen. Auf
einem Tisch mit Resopalplatte lag ein mit Butter und Marmelade verschmiertes
Messer, daneben standen ein einsamer Teller voller Toastkrümel und ein großer
Becher mit einem Schuck kaltem Tee. Sicher die Überreste von Lawsons Frühstück.
Aber plötzlich rann es Morris kalt den Rücken herunter. Der Grill am
Elektroherd war noch angestellt, die Heizschlangen leuchteten zornigrot. Doch
auch hier war alles ruhig, das mechanische Ticktack der Küchenuhr schien die
allgemeine Stille nur noch zu unterstreichen.
    Leise ging er wieder in die Diele und stieg so
lautlos wie möglich die breite Treppe hinauf. Im ersten Stock war nur eine Tür
offen, anscheinend die richtige. Ein schwarzes Ledersofa stand an seiner Wand,
der Raum hatte Teppichboden. Morris schlich zu dem Rollsekretär am Fenster. Er
war abgeschlossen, aber der Schlüssel lag obenauf. Innen fanden sich zwei
sauber beschriebene Bogen — Text und Notizen für eine Predigt — beschwert mit
einem ungewöhnlichen Papiermesser in Kruzifixform mit einer Schneide, die — ganz
unnötigerweise,

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