Eine Mittelgewichts-Ehe
Bauernjunge von vor Jahrzehnten, und er mag ein überragender Genetikstudent gewesen sein - der große Showalter schätzte ihn gewiß als Schüler -, aber er war der stumpfsinnigste junge Mann, dem ich je begegnet bin.
Severin beschloß, daß er selbst mit George James Bender würde ringen müssen. Er trainierte immer noch mit seinen Ringern, und er hatte sich gut in Form gehalten, aber er rang mit keinem von ihnen je über die volle Trainingsdistanz. Trotzdem, er war so gut gewesen, daß er selbst heute noch den meisten von ihnen leicht überlegen war. Er hätte sich den Kopf abschneiden müssen, um in seiner alten 72-Kilo-Klasse Gewicht zu machen, aber er lief täglich oder fuhr auf seinem Rennrad, und er stemmte Gewichte. Nichtsdestotrotz war er kein Gegner für Bender; er wußte, daß er nie ein Gegner für Bender gewesen wäre - selbst als austrainierter Wettkämpfer vor mehr als zehn Jahren nicht. Aber im August war niemand anders da, und auch wenn seine anderen Ringer im September an die Universität zurückkehrten, würden sie Benders Kondition, geschweige denn seiner Klasse, nicht gewachsen sein.
Die einzige Zeit, zu der die Ringerhalle im August erträglich war, war der frühe Morgen, ehe die Sonne durch die Oberlichter hindurch die Matten gegrillt und den Raum in eine Sauna verwandelt hatte. Aber Benders Laborversuche in Genetik beanspruchten frühmorgens seine Aufmerksamkeit, und er war erst kurz vor Mittag mit Showalter fertig.
Severin Winter war wahnsinnig. Am späten Vormittag hatte die Ringerhalle über 38 Grad, obwohl sie die Tür offenließen. Die Matte fühlte sich heiß an. »Aber sie sind teigig«, sagte Winter. »Eine Art teigiges Plastik. Wenn es heiß ist, sind sie sehr weich.«
Jeden Tag traf er sich mit Bender und versuchte, lange genug durchzuhalten, um den Jungen voll zu trainieren. Wenn Severin ausruhen mußte, lief Bender auf der alten Holzbahn Runden, rasend schnell, während Winter auf den weichen, warmen Matten lag, in die Sonne starrte und zuhörte, wie sein Herz im Gleichklang mit Benders hämmernden Schritten hämmerte. Dann gingen sie wieder ran, bis Severin aufhören mußte. Er verließ den Käfig und setzte sich zum Abkühlen in den Schatten, während Bender seine Wahnsinnsrennerei wiederaufnahm. Aus dem großen, offenen Käfig waberte die Hitze in jenen Wellen, wie Spiegelverzerrungen, die man im Sommer von einer Autobahn aufsteigen sieht. Ein Dauerberieselungssystem verhinderte, daß der Aschenboden sich in Staub verwandelte.
»Warum«, fragte ich Severin, »läuft dieser Idiot Bender bei diesem Wetter nicht draußen?« Es war ein schattiger Campus; die Wege waren von Studenten verlassen; den Fluß entlang herrschte immer eine kühle Brise.
»Er schwitzt gern«, sagte Winter. »Das wirst du nie verstehen.«
Ich war mit meinen Kindern unterwegs zu den Sportplätzen hinter dem alten Käfig, als ich Severin, an einer vereinzelten Ulme zusammengesackt, vor der Käfigtür sitzen sah. »Hör dir den an«, keuchte Severin mich an; er konnte kaum reden; sein normaler Atem blieb noch ein paar Minuten weg. »Schau mal rein.«
Ich zwang mich, den dampfenden, dumpfen Ort zu betreten. Die Luft erstickte einen. Ein Hämmern, so rhythmisch wie das grobe Stampfen einer Maschine, hallte stetig um die Bahn. George James Bender wurde für die Dauer einer Halbmondkehre sichtbar; dann verschwand er über meinem Kopf. Er trug einen Sweatsuit über einem dieser Gummianzüge mit elastischen Bündchen an Hals, Knöcheln und Handgelenken; der Schweiß hatte ihn durchtränkt und ließ seine Schuhe wie die eines Seemanns quietschen.
Winter tippte sich an den triefenden Kopf. »Das nenne ich einen Tunnel«, sagte er bewundernd. »Weißt du, was du im Kopf haben mußt, um das zu tun?«
Ich sah Bender eine Weile zu. Er lief ungeschlacht, aber er sah so unbeirrbar aus wie die Gezeiten - wie der Bote des Altertums, der bei seiner Ankunft sterben würde, aber niemals früher. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß man dabei irgend etwas im Kopf haben könnte«, sagte ich.
»Ja, genau das ist es«, sagte Winter. »Aber versuch es mal. Versuch, das reine Nichts im Kopf zu haben. Das ist es, was die Leute nicht verstehen. Es braucht beträchtliche geistige Energie, nicht daran zu denken, was man tut.«
An diesen heißen Augusttagen ging ich mir jeweils ansehen, wie Severin von Bender fertiggemacht wurde. Manchmal wurde er so müde, daß Bender derjenige war, der ihm sagte, wann er aufhören mußte.
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