Eine Mittelgewichts-Ehe
gefallen lassen. Wenn Edith und ich das Ganze abblasen, sieht er vielleicht, daß niemand jemand anderen verletzt. Dann kommt er besser damit zurecht und will wieder.«
Aber Utsch schüttelte den Kopf. »Nein, bitte tu gar nichts«, sagte sie. »Laß ihn einfach zufrieden, laß ihm einfach seinen Willen.«
»Seinen Willen!« brüllte ich. »Dir gefällt es auch nicht, daß es nach seinem Willen geht - das weiß ich doch.«
»Das stimmt«, sagte sie. »Aber es ist besser, als daß es überhaupt nicht geht.«
»Ich weiß nicht recht«, sagte ich. »Edith und ich sollten wohl auf der Stelle Schluß machen, vielleicht überzeugt ihn das.«
»Bitte«, sagte Utsch. Sie war kurz davor zu weinen. »Dann macht er vielleicht wirklich Schluß«, sagte sie und brach in Tränen aus.
Ich hatte Angst um sie. Ich nahm sie in die Arme und strich ihr übers Haar, aber sie schluchzte weiter. »Utsch?« fragte ich. Ich erkannte meine eigene Stimme nicht wieder. »Utsch, glaubst du nicht, du könntest Schluß machen, wenn du müßtest? Glaubst du nicht?«
Sie drückte mich an sich; sie preßte ihr Gesicht an meinen Bauch und wand sich auf meinem Schoß. »Nein«, flüsterte sie. »Ich glaube nicht, daß ich's kann. Ich glaube, ich könnte es nicht ertragen, wenn es vorbei wäre.«
»Na ja, wenn wir müßten«, sagte ich, »könntest du's bestimmt, Utsch.« Aber sie sagte nichts und weinte weiter; ich hielt sie fest, bis sie einschlief. Die ganze Zeit hatte ich gedacht, Edith und ich hätten die Beziehung, die Severin bedrohte, nicht jedoch Utsch. Die ganze Zeit hatte ich gemeint, Severin sei verstimmt, weil er meinte, daß alles ungleich sei, daß Edith und ich zuviel gemeinsam hatten - was implizierte, daß er und Utsch zuwenig hatten. Woran lag's also?
Wochen zuvor, auf einer großen, öffentlichen Party, konnte ich spüren, daß Severin über die Aufmerksamkeit, die Utsch ihm und die Edith und ich einander schenkten, verärgert war - obwohl wir immer weit diskreter waren als sie. Ein wenig betrunken, hing Utsch an Severin, forderte ihn zum Tanzen auf und brachte ihn in Verlegenheit. Viel später an diesem Abend, als er nach Hause kam und Edith und mich weckte, sagte er, als ich ging: »Paß auf deine Frau auf.« Ich ärgerte mich über seinen anmaßenden Ton und ging nach Hause, ohne ein Wort zu sagen. Ich dachte, er meinte, ich solle sie nicht so viel trinken lassen, oder sie habe ihm anvertraut, ich würde sie in irgendeiner Beziehung vernachlässigen. Aber als ich Utsch deswegen zur Rede stellte, schüttelte sie den Kopf und sagte: »Ich kann mir nicht denken, wovon er redet.«
Jetzt wußte ich nicht recht. Warnte er mich vor der Tiefe von Utschs Gefühlen für ihn? Seine Eitelkeit kannte keine Grenzen!
Es war spät nachts, als ich Utsch ins Bett trug und sie in ihren Kleidern weiterschlafen ließ; ich wußte, ich würde sie aufwecken, wenn ich sie auszog. Ich rief Edith an. Ich tat das nicht oft, aber wir hatten ein Signal. Ich wählte, dann legte ich nach nur einem halben Klingeln auf, wartete und wählte wieder. Wenn sie wach war und das erste Klingeln hörte, wartete sie, um den Hörer beim nächstenmal sofort hochzureißen. Wenn das Klingeln auch nur einen ganzen Ton andauerte, wußte ich, daß sie schlief oder nicht reden konnte, und legte auf. Severin verschlief das immer.
Als sie nun abhob, sagte sie: »Was ist los?« Sie klang mürrisch.
»Ich habe gerade an dich gedacht.«
»Hör mal, ich bin müde«, sagte sie. Hatten sie sich gestritten?
»Ich mache mir Sorgen«, bekannte ich.
»Wir reden ein andermal«, sagte Edith.
»Ist er wach?«
»Nein. Was ist los?«
»Wenn er mit der ganzen Sache Schluß machen will«, sagte ich, »warum tut er's dann nicht?«
Es kam keine Antwort. »Edith?« sagte ich.
»Ja?« sagte sie, aber sie wollte meine Frage nicht beantworten.
»Will er Schluß machen?« fragte ich. »Und wenn ja - und er verhält sich weiß Gott so -, warum tut er's dann nicht?«
»Ich habe angeboten, Schluß zu machen«, sagte sie mir. Ich wußte, daß das stimmte, aber es verletzte mich immer ein bißchen, es zu hören.
»Aber er nimmt dein Angebot nicht an«, sagte ich.
»Nein.«
»Warum?«
»Er mag es wohl«, sagte sie, aber auch ohne ihr Gesicht vor mir zu haben, wußte ich, daß sie log.
»Er hat eine komische Art, Sachen zu mögen«, sagte ich.
»Er meint, ich habe einen Hebel gegen ihn«, sagte sie.
»Einen Hebel?«
»Er meint, er schuldet mir etwas.«
»Das hast du mir nicht
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