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Eine Mittelgewichts-Ehe

Eine Mittelgewichts-Ehe

Titel: Eine Mittelgewichts-Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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erzählt«, sagte ich. Das mit dem Hebel und den Schulden gefiel mir überhaupt nicht. Es schien eine wichtige Unterschlagung zu sein, und ich hatte immer geglaubt, Edith erzähle mir alles, was für Liebende wichtig war zu wissen.
    »Nein, das habe ich dir nie erzählt«, gab sie zu. Ihrem Ton nach zu urteilen, würde sie es auch jetzt nicht tun.
    »Meinst du nicht, ich sollte darüber Bescheid wissen?« fragte ich.
    »Es gibt viele Dinge, von denen du glaubst, man soll sie nicht erzählen«, sagte sie, »und ich habe das immer für eine attraktive Philosophie gehalten. Severin glaubt, du erzählst Ehefrauen und Liebhaberinnen alles, aber du glaubst das nicht, also warum sollte ich?«
    »Ich erzähle wichtige Dinge«, sagte ich.
    »Ach ja?« »Edith ...«
    »Frag Utsch«, sagte Edith.
    »Utsch?« sagte ich. »Was weiß Utsch davon?«
    »Severin erzählt alles«, sagte Edith.
    »Ich liebe dich.«
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte sie. »Was auch immer passiert, es kommt alles in Ordnung.«
    Das war nicht das, was ich hören wollte. Sie schien sich mit etwas abgefunden zu haben, wovon ich nichts wußte.
    »Gute Nacht«, sagte ich. Sie legte auf.
    Ich versuchte, Utsch zu wecken, aber sie lag so hart und rund und schwer wie eine Wassermelone im Bett. Ich hatte Lust, sie zu beißen. Ich küßte sie überall, aber sie lächelte bloß. Hebel? Schon wieder so ein Ringerausdruck. Seine Anwendung auf Paare gefiel mir nicht.
    Am anderen Morgen fragte ich Utsch, was Edith gegen Severin in der Hand habe oder was er meine, daß sie gegen ihn in der Hand habe.
    »Wenn Edith damit zurechtkäme«, sagte Utsch, »hätte sie es dir selbst erzählt.«
    »Aber du weißt es. Und ich will es auch wissen.«
    »Es hat mir überhaupt nichts geholfen«, sagte Utsch. »Severin wollte, daß ich es weiß; wenn er gewollt hätte, daß du es weißt, hätte er es dir erzählt. Und wenn Edith wollte, daß du es weißt, würde sie es dir erzählen.«
    »Wenn sie nicht wollte, daß ich es weiß«, wandte ich ein, »hätte sie mir nicht gesagt, daß ich es von dir erfahren kann.«
    »Kannst du aber nicht«, sagte Utsch. »Ich habe Severin versprochen, es nie zu erzählen. Geh doch Edith um ihre Version an.« Sie drehte sich weg; ich kannte ihre Position - Knie angezogen, Ellbogen rein, das Gesicht unter Haaren verborgen. »Paß auf«, sagte sie; ich wußte, was jetzt kam. »Wir spielen nach deinen Regeln. Du bist derjenige, der sagt: ›Wenn du jemand anderen siehst, will ich's nicht wissen. Wenn ich jemand anderen sehe, mußt du's nicht wissen.‹ Stimmt's?«
    »Stimmt«, sagte ich. Ich wühlte mein Gesicht in ihr Haar. »Und ich glaube, ich weiß, daß es in all den Jahren niemand anders für dich gegeben hat, stimmt's?«
    »Frag nicht«, sagte sie. Sie bluffte, da war ich sicher. »Und ich glaube, ich weiß, daß es für dich ein paar gegeben hat«, fügte sie hinzu.
    »Stimmt«, sagte ich.
    »Ich habe nicht gefragt.«
    »Ich frage aber, Utsch.«
    »Du änderst die Regeln«, sagte sie. »Ich finde, du solltest es ein Weilchen vorher ankündigen, wenn du die Regeln änderst.« Sie drückte ihre Hüften in mich und zog meine Hand zwischen ihre Schenkel. »Eine Regel lautet, greif zu, wenn's dir geboten wird.«
    Sie war schon feucht; sie rieb sich an meiner Hand. »An wen von uns denkst du?« fragte ich sie. War das grausam?
    Aber sie sagte: »An jeden von euch«, und lachte. »An zwei und drei und vier gleichzeitig«, sagte sie. Ich war sehr rasch in ihrem Mund, und sie verschloß mir mit ihren Schenkeln die Ohren. Utsch schmeckte wie Muskat, wie Vanille, wie eine Avocado; sie war vorsichtig mit den Zähnen. Fehlte es Edith in dieser Position nur mit mir an Kontrolle? Hatte Severin wirklich zu ihr gesagt: »Ihr beide habt's wirklich gut erwischt. Utsch und ich sollen einander beschäftigen, während ihr eine perfekte, schuldfreie Affäre habt. Es ginge nicht, daß Utsch und ich uns nutzlos und armselig vorkommen, was?« Wie konnte er Utsch so betrachten? Sie schmeckte süßer als Lammbraten, wie die Pfannensäfte; ihr Mund war groß genug für Illusionen.
    Ich fragte sie: »Kommt ihr euch manipuliert vor? Kommt Severin sich so vor? Und ich weiß, daß du vor Severin nie einen anderen Liebhaber gehabt hast, stimmt's?«
    Sie drückte sich fester an mich. »Ich hab dich nie nach Sally Frotsch gefragt«, sagte sie, »obwohl du's dir wegen einer Babysitterin noch nie über Nacht anders überlegt hast.« Ich war bald in, bald aus ihrem Mund, deshalb waren

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