Eine Mittelgewichts-Ehe
würde: »Na, dann gehe ich mal wieder meine Pflicht tun.« Er erweckte den Eindruck, daß Sex mit Utsch eben auch zu den Pflichten eines guten Ehemanns gehörte, als ob er uns allen einen Gefallen täte.
Doch in dieser Nacht berührte er Utsch häufig beim Essen und sprach ruhig deutsch mit ihr. Sowohl Edith als auch mir fiel auf, wie aufmerksam er war; ich bemerkte, daß Edith sie mehr als sonst beobachtete. Versuchte er, sie eifersüchtig zu machen? Sie hatte ihm wiederholt gesagt, daß sie kein bißchen eifersüchtig sei. »Natürlich bist du das nicht«, sagte er. »Es ist ein perfektes Arrangement. Du hast dir einen Liebhaber nach eigener Wahl genommen, und mich hast du mit einem armen Trampel getröstet, auf den du nicht eifersüchtig zu sein brauchst - und das weißt du auch.« Aber Utsch war kein »armer Trampel«. Dieser schweinische, aufgeblasene, selbstgefällige Mösenjäger! Ich habe mein Schlafzimmer gesehen, nachdem er gegangen war; dort gab es wenig Anzeichen von Herablassung.
Er war also - eines Nachts - herzlich, übermütig und auf komische Weise anzüglich. Er piekste Edith zum Abschied, und als er Utsch dann in den Mantel half, unterfaßte er ihre Brüste.
»Ich glaube, er fängt sich so langsam«, sagte ich zu Edith, nachdem sie gegangen waren. Sie sah zu, wie ihre Scheinwerfer über die Decke des Wohnzimmers strichen, sagte aber nichts. »Siehst du nicht, was er tut?« beharrte ich. »Er versucht, dich eifersüchtig zu machen. Er versucht, seine Reaktion auf dich zu übertragen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Er verhält sich nicht natürlich«, sagte sie. »Er ist nicht mehr der alte, seit die ganze Sache angefangen hat.«
Ich versuchte, sie zu beruhigen. »Ich glaube, er stellt sich langsam darauf ein. Er entspannt sich mehr mit Utsch.« Edith schloß die Augen; sie glaubte mir nicht, aber sie wollte nicht weiter darauf eingehen. »Na ja, alles ist besser, als daß er vor sich hin stiert«, sagte ich, »und darauf wartet, daß einer von uns ihn fragt: ›Was hast du?‹, damit er sagen kann: ›Nichts.‹« Edith sah nicht überzeugt aus.
Wir nahmen unsere Liebesdusche und gingen ins Bett, aber sie war unruhig. Sie wollte bei mir zu Hause anrufen und Severin etwas fragen, aber sie wollte mir nicht sagen was. Ich sprach mich dagegen aus. Sie könnten mitten in irgendwas sein, und er könnte denken, der Anruf komme absichtlich zu dieser Zeit ...
»Quatsch«, sagte Edith; sie war böse auf mich.
Severin kam später als sonst zurück. Ich war zum Pinkeln aufgestanden, und als ich zurückkam, stellte ich fest, daß er meinen Platz eingenommen hatte. Er kicherte, lag voll bekleidet neben Edith im Bett. Ich hatte das Gefühl, er habe vor der Tür gewartet, bis ich aufstand, bloß damit er seine Nummer abziehen konnte. Er zog sich unter der Decke aus, zerwühlte dabei das Bett und störte Edith, die aufwachte, hochschreckte, uns beide anstarrte, den Kopf schüttelte und sich herumdrehte.
»Na, du bist ja prächtiger Laune«, sagte ich; es war peinlich, sich vor ihm anzuziehen, aber er genoß es offensichtlich.
»Nimm den blöden Aschenbecher mit, wenn du gehst, okay?« bat er.
Ich beschloß, auf sein Spielchen einzugehen; ich sagte: »Ich wollte schon immer mit dir über die Apfelbutzen reden, Severin. Ich hab nichts gegen die Brösel im Bett, wirklich, aber die Apfelbutzen und Käserinden sind ein bißchen viel.«
Er lachte. »Also heute nacht findest du bestimmt keine Unordnung«, sagte er. »Wir waren picobello sauber.« Seine Zähne, ich schwöre es, leuchteten in der Dunkelheit. Ich wollte Edith einen Gutenachtkuß geben. Schlief sie? War sie wütend? Ich blies die Kerze auf dem Toilettentisch aus.
»Blah- urf !« sagte Edith, als hätte er sie plötzlich angefaßt.
»Gute Nacht, Edith«, sagte ich im Dunkeln. Seine Hand streckte sich aus und packte mein Handgelenk, als ich an ihrem Bett vorbeiging. Sein Zupacken erschreckte mich; es tat nicht weh, aber ich wußte, daß er den ganzen Tag festhalten konnte. Vielleicht war es bloß ein liebevoller Gutenacht-Griff. »Gute Nacht, Severin«, sagte ich. Er lachte und ließ mich los.
Im Auto fröstelte es mich. Ich hatte eine flüchtige Vision, schrecklich und klar, nach Hause zu kommen und Utsch ermordet in unserem Bett zu finden, ihre Gliedmaßen verrenkt und zu einer kunstvollen Ringerfesselung verknotet; der Rest des Hauses wäre »picobello sauber«.
Ich rammte die Tür auf und fand sie am Küchentisch sitzen, voll bekleidet, wie
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