Eine mörderische Karriere
traurig, daß Jane dachte, er werde jeden Augenblick in Tränen ausbrechen. »Ich weiß, ich habe das zwischen uns total vermasselt. Ich wollte dich nie verletzen, Jane. Ich liebe dich. Ich will dich nicht verlieren.«
»Dafür ist es ein bißchen spät.«
»Wie meinst du das?«
Jane konnte es nicht ertragen, Tom so betreten und beschämt zu sehen. Ihre Wut auf ihn schwächte sich ab, doch sie war nach wie vor zu traurig, um auch nur darüber nachzudenken, wie sie ihre Beziehung wieder normalisieren konnten. »Simon ist am Boden zerstört vor Schuldbewußtsein «, sagte sie. »Alles, was er seit Georgias Tod sagt und tut, beweist das. Aber es sieht nicht so aus, als wollte er jemals gestehen, oder sich seiner Tat stellen.«
»Nun, das kannst du doch wohl verstehen.«
»Kann ich das?« Jane lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und schloß die Augen. Vor sich sah sie Simons trauriges, angegriffenes, leidendes Gesicht und empfand Mitleid. Doch dann dachte sie daran, wie er sie benutzt hatte. Weshalb sonst hatte er sie gebeten, Nachforschungen zu Georgias Tod anzustellen, wenn nicht, um den Verdacht von sich abzulenken? Oder hatte er es aus dem perversen Wunsch heraus getan, daß sie herausfand, was vorgefallen war, und ihn verstand? So oder so hatte er jedenfalls mit ihr gespielt. Doch was konnte sie schon dagegen machen?
»Ich will nicht in weitere Mordfälle verwickelt werden«, erklärte Jane. »Ich hatte mich entschlossen, daß ich sobald ich mir alles ausgerechnet habe, es an Barrodale weitergebe und aufhöre. Der letzte Fall, mit dem ich zu tun hatte, hat meiner Karriere einen Tiefschlag versetzt. Bald werden die Leute noch glauben, daß bei jeder Firma, mit der ich zu tun habe, ein leitender Angestellter umgelegt wird. Ich habe Barrodale von meinem Verdacht erzählt, obwohl ich ihm nichts von dem Fahrrad gesagt habe. Doch falls die Polizei keine neuen Anhaltspunkte findet, bleibt das alles folgenlos. Wenn Simon es getan hat, wird er ungestraft davonkommen. Es sei denn, ich unternehme etwas.«
»Was du vorhast, ist zu gefährlich, Jane. Du könntest ihn in Panik versetzen.«
»Du meinst, er wird versuchen, mich zu töten? Das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Jane, wenn du recht hast, wenn er Georgia getötet hat, kannst du ihn nicht wirklich kennen. Du kannst nicht Voraussagen, was er tun wird.«
Sie saßen schweigend da. »Ich glaube, ich muß zu ihm gehen und mit ihm reden, ihm sagen, was ich vermute.«
» Laß es mich tun. Für dich«, sagte Tom.
»Nein.«
»Es ist vernünftiger. Ich kenne ihn seit Jahren. Warum denn nicht?«
Warum nicht? dachte Jane. Wie typisch für dich. Du willst mich beschützen und ein Held sein. Du willst mich lieben. Aber was du nicht willst ist, mir Spielraum zu lassen und mir zu vertrauen. Was du nicht willst ist, treu sein oder versprechen, treu zu sein. Es ist viel einfacher, ein Held zu sein. Dann dachte sie, daß es vermutlich doch nicht einfacher war. Nein, es war nicht einfacher, ein Held zu sein. Nichts an alledem war einfach. »Momentan bin ich kein bißchen scharf darauf, daß du etwas für mich tust«, sagte Jane. »Tut mir leid, aber so sieht es aus.«
Tom stand unvermittelt auf, warf ihr einen wütenden Blick zu und ging dann. Er knallte die Tür hinter sich zu.
Du hast vergessen, auf Wiedersehen zu sagen, Tom, dachte Jane traurig. Aber nach allem anderen spielt das auch keine Rolle mehr.
Nachdem Tom gegangen war , streifte Jane durch ihr Apartment, unfähig sich ruhig hinzusetzen, und versuchte eine Entscheidung zu treffen, was sie tun sollte. Tom war ihr keine Hilfe gewesen. Ihre Gedanken sprangen von einem Problem zum nächsten, ohne daß sie zu einem Entschluß kam. Sie dachte an ihre Beziehung zu Tom. Was sollte sie tun? Liebte sie ihn noch? Sie wollte ihn nicht verlieren, andererseits wußte sie, daß die Dinge sich grundlegend geändert hatten. Tom war nicht der Mann, für den sie ihn gehalten hatte, also wen liebte sie eigentlich? Sie kannte die Antwort nicht. Da ihr keine Lösung einfallen wollte, wandte sie sich dem Problem ihrer Kinder zu.
Sie ging in das Schlafzimmer, das sie für die Jungen freihielt, ein Raum, den sie gewöhnlich mied. Wie sehr ich sie vermisse, dachte sie. Sie merkte, daß sie insgeheim den Traum gehabt hatte, sie und Tom würden ein Heim für die Kinder schaffen. Jetzt stellte sie sich der Tatsache, daß das nicht passieren würde. Die Zeit verging, jeder Tag im Leben ihrer Kinder war wieder ein Tag, an dem sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher