Eine Mutter fuer die kleine Cassie
Baby, Cass. Wir haben doch dich, das wunderbarste kleine Mädchen auf der ganzen Welt”, sagte sie heiser.
Cassie musterte sie mit ernstem Blick, dann verzogen sich ihre Lippen zu einem zufriedenen Lächeln. Sie beugte sich vor und schlang die Arme um Sharons Hals. Sha ron erwiderte die Umarmung so fest sie konnte.
“Sharon hat recht, Cass.”
“Daddy!” Cassie riss sich los und rannte zu ihrem Vater. Langsam drehte Sharon sich um.
“Es tut mir leid, dass ich nicht früher hier war”, sagte er leise.
Sie fragte sich, wie lange er schon in der Tür gestanden und wieviel er gehört hatte. Aber eigentlich wollte sie es gar nicht wissen.
Hugh und Dorothy verließen die Maschine als erste. Sie eilten über das schneebedeckte Vorfeld ins Flughafengebäude und umarmten Cassie so herzhaft und überschwänglich, wie es nur Großeltern tun.
Sharon musste lächeln. “Offenbar haben die beiden sie sehr lieb”, flüsterte sie Grant zu.
“Daran habe ich nie gezweifelt”, erwiderte er ruhig.
Dann kam Hugh auf sie zu. Er war ein großer, schlanker Mann mit hellblauen Augen und kurzem grauen Haar. “Grant.”
Er streckte die Hand aus, und Sharon befürchtete schon, Grant würde sie nicht ergreifen.
Doch dann ergriff er sie und schüttelte sie flüchtig.
“Hugh”, antwortete er knapp.
“Sharon.”
Mit forschendem Blick wandte Hugh sich ihr zu. Dorothy, eine kleine Frau mit grauen Locken, die ihrem Mann bis zur Schulter reichte, eilte herbei, Cassie noch immer an der Hand. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, sie blinzelte sie fort und nickte Sharon und Grant zu.
Hughs Hand zitterte, als er sie Dorothy auf den Rücken legte. Mitgefühl stieg in Sharon auf.
Es musste schwer für die beiden sein, nach Valdez zu kommen und auf dem Flughafen von Grants neuer Ehefrau, der Nachfolgerin ihrer verstorbenen Tochter, empfangen zu werden.
Sie wussten, dass sie Grant nicht willkommen waren. Und seiner Frau vermutlich auch nicht.
Bestimmt fragten Hugh und Dorothy sich, wie sich ihr Verhältnis zu den Eltern ihrer Enkelin entwickeln würde. Sie liebten Cassie über alles und waren bereit, um sie zu kämpfen, falls das nötig sein sollte.
Sharon tat, was sie für richtig hielt. Sie trat vor und gab Hugh die Hand. “Willkommen in Valdez.” Er zog eine Augenbraue hoch, zögerte und ergriff sie schließlich. Dorothy wich ihrem Blick aus, also verzichtete Sharon darauf, auch ihr die Hand zu reichen.
“Ich hoffe, ihr werdet euch hier wohl fühlen”, sagte sie leise und hakte sich bei Grant ein. Er legte die Hand auf ihre, und sie war ihm dankbar für diese kleine Geste, die nicht nur Cassies Großeltern galt.
Hugh räusperte sich nervös und legte die Stirn in Falten. “Nun ja, ich schätze, wir sollten uns einen Mietwagen nehmen, damit wir uns ein wenig die Gegend anschauen können”, sagte er und sah zu den Schaltern der Autoverleiher hinüber.
“Unsinn”, erwiderte Sharon sofort. Drei Augenpaare richteten sich auf sie. “Ihr könnt natürlich meinen Wagen nehmen. Vorausgesetzt, es macht euch nichts aus, mich vor der Bank abzusetzen und dort abzuholen, wenn Grant mal keine Zeit hat.”
“Das ist nicht nötig”, sagte Hugh leise.
Sie hob das Kinn ein wenig. “Ich weiß. Aber ich möchte es gern.”
Hugh und Dorothy zögerten, tauschten verhüllte Blicke, dann nickte Hugh.
Die Fahrt vom Flughafen nach Hause wäre schweigend verlaufen, hätte Cassie nicht unaufhörlich geplappert. Grant trug das Gepäck in das Gästezimmer, bevor er zu Sharon in die Küche ging. Hugh und Dorothy wichen nicht von seiner Seite, als hätten sie Angst, mit Cassies neuer Mutter allein zu sein.
Die beiden setzten sich an den Tisch und beobachteten Grant und Sharon wie ein Falke seine nächste Beute, während sie das Abendessen zubereiteten. Cassie rannte zwischen ihnen hin und her.
Grant griff über Sharons Schulter in den Schrank, um einen Teller herauszunehmen. Dabei stieß er sie mit der Hüfte an, um sich ein wenig mehr Platz zu verschaffen. Sie sah ihn erstaunt an und erwiderte den behutsamen Stoß mit einem herausfordernden Lächeln. Als sie nach dem Salzstreuer griff, spürte sie seine Wärme und empfand sie wie einen Schutzschild gegen die skeptischen Blicke, die sich in ihren Rücken zu bohren schienen.
Cassie bestritt den weitaus größten Teil der Unterhaltung. Sie schleifte ihre Großeltern von ihrem Wachposten, um ihnen erst ihre Kunstwerke an der Wand, dann die Skier in der Garage zu zeigen. Als sie in die
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