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Eine Mutter fuer die kleine Cassie

Eine Mutter fuer die kleine Cassie

Titel: Eine Mutter fuer die kleine Cassie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Jane Sanders
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blieb sie stehen, um die Drucke an der Wand zu betrachten. Im Kindergarten hatte sie schon auffallendere, originellere Arbeiten gesehen. Diese hier bestanden aus farbigen Strichen und Klecksen in darauf abgestimmten Wechselrahmen aus Metall. Ihre einziger Sinn schien darin zu bestehen, dass sie farblich zur Einrichtung des Zimmers passten, in dem sie hingen. Sharon hätte sie sich nicht einmal ins Bad gehängt.
    Waren das die Bilder, die Grant zusammen mit Catherine ausgesucht hatte? Bilder, die ihm gefielen? Sie konnte es kaum glauben. Wie konnte ein so lebendiger Mensch wie Grant etwas so … Lebloses mögen?
    Andererseits war der Grant, den sie geheiratet hatte, nicht mehr der Junge, den sie hatte aufwachsen sehen. Er war nicht mehr der junge Mann, der so oft wie möglich im Freien war.
    Der lachte und lächelte, Spaß hatte und das Leben in vollen Zügen genoss. Der so vollkommen anders war als der Grant, der immer ernst dreinblickte und nur für Cassie und die Arbeit zu leben schien.
    Bei dem Gedanken wurden ihre Augen feucht, aber Weinen war sinnlos. Je länger sie die Drucke an der Wand betrachtete, desto mehr sehnte sie sich nach den Bildern, die sie mitgebracht, aber im Karton gelassen hatte. Sie nagte an ihrer Unterlippe. Grant hatte gesagt, ihm sei es egal, ob sie im Haus etwas veränderte. Und er hatte sich nicht über die alten Regale beschwert, die sie ins Wohnzimmer gestellt und mit ihren zerlesenen Taschenbücher gefüllt hatte. Auch nicht über die vielen bunten Clowns, durch die sie die zarten Kristallfiguren ersetzt hatte. Die hatte sie sorgfältig verpackt und weggelegt. Vielleicht würde Cassie sie eines Tages haben wollen.
    Sharon holte Hammer und Nägel aus der Garage und wanderte mehrmals zwischen ihrem und dem Wohnzimmer hin und her. Nach einer Stunde prägten die kräftigen Farben der Wildnis Alaskas die zuvor so eintönigen Wände.
    Kalte, verschneite Berge warfen blaue Schatten, während zu ihren Füßen Hundeschlitten durch die weiße Natur zogen. Ein Wasserfall glitzerte silbrig am Hang eines majestätischen Riesen. Im satten Rot und Gold des Herbstes graste eine Herde fetter Karibus vor dem Hintergrund des Mount McKinley. Eine Wölfin und ihre Jungen sonnten sich faul und schläfrig im Graugrün der sommerlichen Tundra.
    Nach kurzem Zögern hängte Sharon drei weitere Bilder auf. Das erste zeigte einen roten Fuchs, der vorsichtig aus seinem Bau lugte, zwischen den Vorderläufen den kleinen Kopf eines Welpen, der aus winzigen funkelnden Augen in die Welt schaute. Eine athabaskische Frau in traditionellem Gewand präsentierte mit stolzem Blick ihr Neugeborenes, und auf dem dritten Bild saßen eine Frau und ihr kleines Kind am Ufer des Yukon, während hinter ihnen der gerade erst gefangene Fisch auf den hölzernen Gestellen trocknete.

    Jeder Druck war voller Farbe und Leben. Jeder von ihnen erzählte seine eigene Geschichte.
    Und keiner von ihnen passte zur sonstigen Einrichtung.
    Sharon wickelte die Bilder, die sie abgenommen hatte, in Papier und legte sie in ihren Schrank. Falls Grant nicht auf sie verzichten wollte, konnte sie sie jederzeit wieder herausholen.
    Die Uhr auf dem Kaminsims schlug zwölfmal. Auf Strümpfen ging Sharon durchs Haus.
    Sie sah nach, ob alle Türen abgeschlossen waren, schaltete Lampen aus und drehte die Heizung herunter. Sie warf einen Blick in Cassies Zimmer. Das kleine Mädchen schlief auf der Seite, beide Hände unter der Wange, vor sich die zusammengerollte Brittany.
    Sharons Herz war voller Liebe. Lächelnd betrachtete sie das friedlich schlafende Kind. Sie ging in ihr Zimmer, schlüpfte unter die Decke und löschte das Licht. Der Schnee am Fenster klang wie ein leises Flüstern. Das Haus kam langsam zur Ruhe und schien unter der weißen Last auf dem Dach zu ächzen. Ein Schneebrocken löste sich und landete dumpf auf der Erde.
    Sie würden früher als sons t aufstehen müssen, um die Einfahrt und den Weg zur Haustür freizulegen.
    Es war ein gutes Gefühl, in einer Nacht wie dieser zu Hause zu sein.
    Zu Hause, dachte sie lächelnd. Dann warf sie sich auf den Bauch, klopfte sich das Kissen zurecht und schloss die Augen. Der heulende Wind, der wispernde Schnee und das knarrende Gebälk des Hauses waren vertraute Geräusche und ließen sie bald einschlafen.
    Am nächsten Abend rief Hugh an. Grant meldete sich, und in ihm zog sich etwas zusammen, als er die Stimme hörte. Gegen diese Reaktion konnte er sich ebensowenig wehren wie dagegen, dass sein Tonfall

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