Eine Nachbarin zum Verlieben
ernst. „Jetzt ist unser Dilemma sogar noch schlimmer als vorher.“
„Das ist aber nicht meine Schuld. Du hast mich schließlich herausgefordert!“
Er sah sie mit großen, erstaunten Augen an. „Wie bitte? Du hast mich herausgefordert! Dein Gang. Deine Blicke. Dein Lächeln. Eben alles an dir.“
„Ich habe überhaupt nichts getan! Du hast mich die ganze Zeit so angesehen!“
„Hm. Dann bist du heute deshalb plötzlich in meiner Dusche aufgetaucht?“
Sie sah ihn durch das nasse Haar, das ihr Gesicht beinahe verdeckte, lächelnd an. „Nein, Mike“, antwortete sie leise. „Das war, weil …“
Beide fuhren zusammen, als plötzlich Mollys Stimme krächzend aus dem Lautsprecher des Babyfons drang. „Mommy! Da ist eine riesige Eidechse an meiner Zimmertür. Sie kommt herein!“
Amanda sah Mike entschuldigend an, doch der schüttelte den Kopf. „Mach dir keine Sorgen! Ist doch klar, dass du gehen musst! Aber irgendwann setzen wir diese Unterhaltung fort.“
„Frühstück! Auf meiner Terrasse!“, rief sie ihm zu. Noch in sein Handtuch gewickelt, sammelte sie in Windeseile ihre Kleidung ein, raste quer durchs Haus und zur Terrassentür. Draußen erfror sie fast mit nackten Füßen und nassen Haaren, doch sie schoss wie der Blitz ins Haus.
„Mommy!“
Sie hatte vergessen, das Babyfon wieder mitzubringen, doch jetzt konnte sie Mollys Stimme auch ohne technische Hilfsmittel hören.
„Ich komme, Molly!“, beruhigte sie ihre Tochter, während sie die Treppe hinaufhetzte. „Ich habe nur geduscht, mein Schatz.“
„Es ist eine ganz grässliche Eidechse. Lila und orange. Mit einer Brille und spitzen Zehen. Ich habe überhaupt keine Angst. Aber sie wollte dir etwas tun, Mommy. Deshalb musst du heute Nacht bei mir schlafen.“
Eigentlich hatte Amanda nicht vorgehabt, den Abend im Bett mit ihrer vierjährigen Tochter, einer Katze und einem weißen Pudelmischling ausklingen zu lassen, aber immerhin schliefen ihre drei Schützlinge den Schlaf der Gerechten.
Ganz im Gegensatz zu ihr. Nach dem Erlebnis mit Mike hörte ihr Puls nicht auf zu rasen, und sie konnte an nichts anderes mehr denken. Hatte sie einen Fehler gemacht? Sie wusste es nicht.
Auf jeden Fall sah sie keine Möglichkeit, wie sich dieser Schlamassel noch für alle Beteiligten zum Guten wenden konnte.
Trotzdem bereute sie nichts.
Amanda erwachte mit ungewöhnlich guter Laune. Bis sie bemerkte, dass Molly, Princess und Darling bereits auf den Beinen waren, und sie bei einem Blick auf den Disney-Wecker neben dem Bett ihrer Tochter feststellen musste, dass es schon kurz nach acht Uhr war.
Das bedeutete, dass der Besuch, den sie zum Frühstück eingeladen hatte, vielleicht schon auf ihrer Terrasse saß, während sie sich noch nicht einmal die Zähne geputzt und sich angezogen hatte. Davon, dass sie etwas zu essen vorbereitet hatte, ganz zu schweigen.
Sie sprang aus dem Bett und lief in ihr Zimmer, um sich die für den Anlass passende Kleidung zusammenzusuchen. Die Wahl fiel auf ein ausgefranstes Sweatshirt und eine alte Trainingshose. Im Bad spritzte sie sich etwas Wasser ins Gesicht, putzte im Schnellverfahren die Zähne, legte einen winzigen Hauch Rouge auf und band ihre rote Mähne locker mit einem Tuch zusammen. Auf Schuhe verzichtete sie, um Zeit zu sparen.
Sie wollte so aussehen wie er. Lässig. Locker. Natürlich. Auf keinen Fall zu sehr herausgeputzt.
Molly, Princess und Darling waren schon in der Küche.
Während Amanda in einer Schüssel Eier aufschlug und mit etwas Sahne, Käse und frischem Schnittlauch verfeinerte, sprang Princess auf die Arbeitsfläche und bettelte darum, gestreichelt und gefüttert zu werden.
Gleichzeitig quengelte Molly wegen einer neuen Frisur, die sie am liebsten sofort haben wollte.
Unbeirrt steckte Amanda zwei Scheiben Brot in den Toaster, holte einige Marmeladengläser aus dem Schrank und goss Orangensaft in einen Krug. Danach hetzte sie auf die Terrasse, um den Glastisch mit einem feuchten Lappen abzuwischen. Als sie zurückkam, ertappte sie Molly, wie sie löffelweise Marmelade aß.
Doch heute ließ sie das vergleichsweise kalt. Trotz der morgendlichen Hektik gingen ihr die verschiedensten Gedanken durch den Kopf.
Zum Beispiel, dass Mike gute Gründe gehabt hatte, auf Sex zu verzichten. Es war nicht fair gewesen, dass sie ihn unter der Dusche überrascht hatte.
Oder dass es ihr vergangene Nacht enorm wichtig gewesen war, selbst die Initiative zu ergreifen, anstatt passiv abzuwarten, bis der Mann
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