Eine Nachbarin zum Verlieben
ihn Mike. „Und was ist dann passiert?“
„Molly hat sie gehauen.“
„Molly?“
„Ja. Ich habe ihr erzählt, dass ich kein Mädchen schlagen darf. Da hat sie geantwortet, dass das zu ihr noch nie jemand gesagt hat. Sie hat dem anderen Mädchen für mich eine runtergehauen. Aber das war auch nicht gut, wenn sich ein Mädchen für dich prügeln muss. Da war ich so sauer, dass ich angefangen habe zu heulen. Es war einfach nicht fair.“
Mike packte das Eis zurück in den Tiefkühler und stellte sich dann so vor seinen Sohn, dass dieser auf seinen Rücken klettern konnte. Gemeinsam gingen sie ins Bad, danach in Teddys Zimmer. Slugger und Carlo spürten, dass es ihrem kleinen Herrchen nicht gut ging. Sie sprangen voraus auf Teddys Bett, sodass fast kein Platz mehr für ihn blieb.
Währenddessen überlegte Mike immer noch, was Teddy mehr aus dem Gleichgewicht gebracht hatte: dass ihn ein fremdes Mädchen geschlagen hatte oder dass Molly zu seiner Rettung geeilt war.
Anscheinend war Teddys Stresspegel jedoch nicht allzu hoch, denn er schlief ein, noch bevor sein Vater ihn richtig zugedeckt hatte. „Carlo! Slugger!“, rief er leise, weil er dachte, dass die beiden vielleicht noch einmal hinausmussten, doch die beiden Tiere taten, als hätten sie ihn nicht gehört.
Sie wollten Teddy nicht allein lassen.
Plötzlich war es still im Haus, und Mike ging in die Küche, um die Eiscremekleckse aufzuwischen, die sein Sohn hinterlassen hatte.
Als er damit fertig war, tigerte er unruhig auf und ab. Gut, es gab immer genug zu tun – Wäsche waschen, E-Mails beantworten, Rechnungen bezahlen.
Aber irgendwie war ihm im Augenblick nicht danach. Unter dem Strich war die Ortsteilversammlung eigentlich ganz nett gewesen. Eine Männerrunde hatte ihn zum Pokern eingeladen. Man traf sich jeden Mittwoch abwechselnd bei allen Teilnehmern. Einige Mütter hatten sich um ihn geschart und ihn in ein Gespräch über Vorschulen verwickelt.
Doch er hatte sich nur für Amanda interessiert. Er wollte wissen, was sie von ihren neuen Bekannten hielt. Und er wollte sie aufziehen. Schließlich musste sie sich in dieser Gegend genauso fremd fühlen wie er. Doch danach hatte es nicht ausgesehen. Sie hatte den Anschein erweckt, als hätte sie immer schon dazugehört. Sowohl Männer als auch Frauen hatten sie sofort sympathisch gefunden und sich angeregt mit ihr unterhalten. Nicht dass ihn das überraschte. Schließlich strahlte sie diese einzigartige Freundlichkeit, Ehrlichkeit und Wärme aus.
Irgendwann fand er sich vor dem Fenster wieder. In Amandas Haus war alles dunkel und ruhig. Molly war bestimmt schon lange im Bett. Er konnte in keinem der Räume eine Bewegung erkennen.
Als ihm irgendwann klar wurde, dass er schon seit einer halben Ewigkeit dastand und die leeren, dunklen Fenster des Nachbarhauses anstarrte, drehte er sich ruckartig um. Er würde jetzt eine heiße Dusche nehmen und sich danach mit einem Buch ins Bett verziehen.
8. KAPITEL
Als Molly endlich schlief, verließ Amanda das Zimmer ihrer Tochter mit einem Seufzer der Erleichterung. Vor dem Schlafengehen hatten sie eine längere Diskussion gehabt – über das blaue Auge, mit dem Molly vom Spielen zurückgekommen war.
Die Verletzung war eigentlich gar nicht so schlimm, wenn man wusste, dass sie von einer kräftigen Zweitklässlerin stammte. Aber natürlich musste nach einem solchen Ereignis darüber gesprochen werden, was richtig und was falsch war.
Gewalt war nie eine Lösung, das hatte sie Molly beigebracht.
Doch andererseits war es wichtig, in kritischen Situationen für einen Freund einzustehen.
Wie hätte Molly also richtig reagieren sollen, wenn sie schnell entscheiden musste und keine Zeit hatte, einen Erwachsenen zu Hilfe zu rufen?
Amanda war nicht so weit gegangen, zuzugeben, dass Molly richtig gehandelt hatte, aber bis die Diskussion beendet war, brummte ihr der Kopf.
Im nächsten Leben wollte sie werden wie ihre Tochter. So leidenschaftlich. So begeisterungsfähig. So absolut sicher in Bezug auf ihre Gefühle.
Sie schlich sich aus Mollys Zimmer und ging in die Küche. Ohne das Licht einzuschalten, öffnete sie die Kühlschranktür. Sie warf einen Blick auf den Inhalt und schloss die Tür wieder. Nein, sie hatte keine Lust, etwas zu essen oder zu trinken. Und was sie sonst tun sollte, wusste sie auch nicht. Sie war zu überdreht, um fernzusehen oder zu lesen. Zum Schlafen sowieso.
Zufällig streifte ihr Blick das Nachbarhaus und blieb daraufhin daran
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