Eine Nacht ist nicht genug
Nacht zu mir gesagt.“
Nun wirkte Luca völlig erstarrt. „Das hat nichts zu bedeuten“, erwiderte er widerstrebend. Als Emily ihn abwartend ansah, fügte er hinzu: „Es ist nur so eine Redensart.“ Plötzlich schien er sich unendlich weit von ihr zurückgezogen zu haben.
Sie wartete noch eine Weile, doch er sagte nichts mehr. Und mit einem Schlag war von der Freude und der Glückseligkeit, die Emily erfüllt hatten, nichts mehr da.
„Ach so, nur so eine Redensart also, ich verstehe.“ Sie setzte sich auf und zog die Bettdecke vor ihre Brust, zu verletzt, um sich zurückzuhalten. „Das sagst du dann wohl zu jeder Frau, mit der du schläfst. Ist natürlich auch praktisch, denn dann macht es nichts, wenn du meinen Namen vergisst.“
„Du weißt ganz genau, dass es in meinem Leben niemand anders gibt.“
Niemand Lebendigen, dachte Emily verzweifelt. Warum war Luca nach dieser wunderschönen, ganz besonders innigen Nacht plötzlich wieder so kalt und distanziert?
„Mach es bitte nicht kompliziert.“ Luca setzte sich ebenfalls auf und schob die Decke weg.
„Es ist doch schon lange kompliziert!“
Emily sah, wie er die Beine aus dem Bett schwang. Offenbar war für ihn das Gespräch beendet. So nicht, dachte sie und sprach nun mit dem Mut der Verzweiflung das eigentliche Thema an.
„Empfindest du etwas für mich, Luca?“
Offenbar wütend über die Frage, sah er sie durchdringend an. „Du weißt doch, wie sehr ich dich begehre.“
Immer wieder brachte Luca es auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, auf Sex. Aber auch er musste doch gemerkt haben, wie viel mehr sie miteinander verband. Wie konnte er sich beim Liebespiel in ihren Armen so völlig hingeben und gleichzeitig versuchen, emotional auf Distanz zu bleiben? Wie konnte er diese beiden Ebenen so völlig voneinander trennen? Emily glaubte nicht, dass ihm das gelang. Und dass er dies abstritt, machte sie wütend.
Sie sah, wie Lucas Verärgerung zunahm, doch auch sie selbst war noch nie zuvor so aufgebracht gewesen. Er war sehr stark und sehr entschlossen, und sie hatte einen schweren Kampf vor sich.
„Verschwinde, Luca“, fuhr sie ihn an. „Dann brauchst du es auch nicht mehr so zu bedauern, dass du hier bist.“
Nachdem er hinausgegangen war, ließ Emily sich aufs Bett sinken und blickte starr an die Decke. Sie war fest entschlossen, nicht zu weinen – und ihr Leben weiterzuleben.
Als Luca vom morgendlichen Schwimmen zurückkam, saß Emily auf dem Fußboden im Salon inmitten von Formularen und Broschüren.
„Was machst du da?“, fragte er.
„Ich plane meine Zukunft.“
„Oh.“ Sofort verspürte er einen heftigen Adrenalinstoß. „Was hast du vor?“
„Ich werde Musik unterrichten.“
Luca betrachtete die Broschüren, von denen einige aus Irland stammten. Am liebsten hätte er sie ohne Umschweife in den Papierkorb befördert und Emily bei sich gefangen gehalten wie ein mittelalterlicher Kriegsherr. Dieser Impuls machte ihn noch wütender, denn eigentlich hätte er doch erleichtert sein sollen.
„Diejenigen, die etwas können, tun es. Und diejenigen, die es nicht können, unterrichten“, entgegnete er gereizt.
„Was für eine Frechheit!“ Emily stand auf und stürmte in Richtung Küche. „Lehrer sein kann bei Weitem nicht jeder – man braucht das entsprechende Talent.“ Sie wandte sich um und funkelte ihn an. „Dir könnte ich auch so einiges beibringen!“
„Ich gebe zu, das war sehr unhöflich“, entschuldigte sich Luca, doch er war noch immer frustriert. „Aber ich verstehe dich nicht: Zum ersten Mal in deinem Leben kannst du tun, was immer du möchtest. Warum suchst du dir ausgerechnet eine Arbeit aus, bei der sich alles um andere dreht?“
„Und warum ermunterst du mich erst zu tun, was immer ich will, um dann das Einzige abzuurteilen, was ich wirklich möchte? Kannst du nicht begreifen, dass ich gern mit Menschen zusammenarbeite?“
„Aber du hast doch so viel Talent, so viel Potenzial – du könntest praktisch alles tun!“ Und das stimmte. Luca wollte, dass Emily die Gelegenheit beim Schopfe packte, um endlich sie selbst zu sein.
„Ich unterrichte gern, Luca. Und wenn dir das nicht gut oder glamourös genug ist, dann tut es mir leid.“
Er merkte, wie sehr er sie gekränkt hatte. Dabei hatte er eigentlich nur gewollt, dass sie das tat, was sie sich am meisten wünschte. „Natürlich ist es gut genug …“
„Ich brauche keinen Ruhm und kein Renommee, so wie du“, fiel Emily ihm angriffslustig ins
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