Eine naechtliche Begegnung
er war über ihr. Sie küssten sich wie im Fieber, berührten sich überall, als ob ein Auslassen dieser Kurve oder jener Stelle hieße, Teile ihrer Körper dem Nichts zu überlassen, als ob sie nur durch die gegenseitige Berührung Wirklichkeit würden. In Nells Hinterkopf warnte kreischend eine pochende, erschrockene Stimme, die sich um das Überleben und die Zukunft sorgte, dass sie dieses Risiko nicht eingehen sollte. Wenn sie seinen Bastard im Leib trüge, wäre der steile Weg vor ihr noch schwerer zu erklimmen.
Es war ihr egal. Das Leben hatte ihr so vieles vorenthalten, nicht zuletzt die Chance, ihre wahre Familie kennenzulernen. Und jetzt sollte sie auf ihn verzichten. Das Leben war grausam, kein Märchen, man musste sich das Glück holen, bevor es vorbei war, denn das Ende war niemals schön oder gut.
Wütend schlug sie gegen seine Schulter, und dadurch wurde ihre Wut noch heftiger entfacht. Alles war so ungerecht. Er verstand sie. Er ergriff ihre Hand und hielt sie fest, während er sich mit ihr umdrehte und sie auf ihm war – wenigstens einmal in diesen kurzen Momenten hatte sie die Kontrolle.
Sie wollte ihn unter sich, aber dann wieder doch nicht. Sie wollte ihn nicht ansehen. Sie schüttelte den Kopf, als ihre Blicke sich trafen. Wütend, wirklich wütend packte sie sein Haar und zog seinen Kopf hoch, zog seinen ganzen Oberkörper hoch und riss ihm die Jacke vom Leib. Weg mit der Weste und den Hosenträgern und dem Hemd und dem Unterhemd darunter, dann fiel sie wie ein gefräßiges Tier über ihn her, grub die Zähne in den festen Muskel seiner Schulter und spürte fast brutale Freude, als er unter ihr zitterte.
Er brauchte Narben. Seine glatte Haut brauchte Wunden, blaue Flecken, Male von dem, was hier geschah und morgen vorüber wäre. Sie grub ihre Nägel in ihn, während sie mit den Zähnen an seiner Brust entlangfuhr und sie um einen seitlichen Muskel über der Taille schloss. Simon stieß einen kehligen Laut aus, aber es war kein Protest. Er wand sich unter ihr, während er mit geschickten Fingern ihr Kleid öffnete. Der Stoff glitt an ihr hinab wie die alte Haut einer Schlange, die darunter stärker und widerstandsfähiger erschien. Sie war ein Wesen, das sich selbst schützte, das den Schutz in der eigenen Haut trug. Nackt presste sie sich an ihn, frohlockte in der Hitze seines Körpers.
Wieder rollten sie mit verschlungenen Gliedern herum. Simon packte ihre Hände und drückte sie mit einer Hand über ihrem Kopf auf die Matratze, während er mit der anderen nach unten griff, um seinen Schwanz in Position zu bringen. Seine Augen schienen von hinten erleuchtet zu sein, sein Ausdruck war grimmig, düster, als er jetzt in sie eindrang.
Verzweifelt wand sie sich ihm entgegen, sie wollte mehr. Sie wollte diesen kleinen Schmerz, den sie beim ersten Mal gespürt hatte – oder nein, sie wollte etwas Schlimmeres, etwas Schreckliches, das die Perfektion dieses Augenblicks aufwiegen sollte. Es war zu viel. Es würde ihr für den Rest ihres Lebens den Schlaf rauben. Er ließ ihre Hände los und ergriff ihren Kiefer, während er langsam und gleichmäßig in sie hineinstieß. Unverwandt sah er ihr in die Augen und forderte sie heraus, wegzusehen, während er sie nahm. Ihre Körper klatschten immer lauter gegeneinander, sie hätte es als Vorwand nehmen können, aber sie hielt seinem Blick stand, ohne zu blinzeln.
Erst als er den Kopf senkte und ihren Mund nahm, schloss sie die Augen. Sie schlang Arme und Hände um seinen Kopf und zog ihn zu sich hinunter, dann drehte sie sich um und war wieder über ihm. Es hätte ihr Triumph sein sollen, auf ihm zu sitzen und ihn in sich aufzunehmen, aber er legte die Hände auf ihre Hüften und lenkte sie, zwang sie, sich schneller zu bewegen. Als sie kam und sich über ihm zusammenkrampfte, hatte es nichts mehr mit Freude zu tun. Die Lust tat ihr weh, schraubte sich höher und höher, über das Erträgliche hinaus, bis sie am Ende der Mut verließ und sie das Gesicht an seiner Brust verbarg, als er sich in ihr ergoss. Sie hoffte, betete, dass er ihre Tränen nicht spürte.
Als er am Morgen erwachte, war sie fort.
Simon brauchte nicht einmal eine Viertelstunde, um es zu begreifen. Er hatte leicht geschlafen, war zweimal nachts aufgewacht, das letzte Mal in der Stunde vor der Dämmerung. Er erinnerte sich fast körperlich an die Erleichterung, dass er sie noch in seinen Armen vorgefunden hatte und ihre Glieder sich so nachgiebig um ihn schlangen, als er sie dichter
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