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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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nicht«, sagte er heiser, »dass wir aufgeben.«
    Er klang verzweifelt, aus gutem Grund. Falls er eine Bestätigung wollte, dann konnte sie ihm keine geben. Sein Anwalt wusste es besser. Grimston wusste es besser als sie beide. Selbst Nell selbst hatte immer gewusst, dass es ein gewagtes Spiel war. Und ein guter Spieler wusste, wann er aufhören musste.
    Nell atmete aus, schlang die Hände ineinander und presste sie zusammen. Simon würde sie hier festhalten und zusehen, wie man sie verhaftete. Sie würde für ihn ins Gefängnis gehen, denn er war der einzige Grund, weswegen sie Grimstons Angebot letzte Nacht ausgeschlagen hatte. Sie würde im Gefängnis verrotten und er ginge Bankrott – er würde langsamer zerbrechen, aber doch zerbrechen.
    Er glaubte, es war aus Liebe, dass er sie hier festhielt. Und beide würden sie es büßen.
    Es war nur natürlich, dass sie es deutlicher sah als er. Seine Selbstsicherheit machte ihn blind für die Tatsachen. Bei aller Liebe zu Simon konnte Nell nicht warten, bis sie Grimston in die Falle ging. Einer von ihnen musste vernünftig sein, und sie würde diese Rolle übernehmen, weil sie am meisten zu verlieren hatte.
    Nell hatte das schon einmal geplant. Es war hart, sich an das Gespräch mit Hannah in der Kutsche zu erinnern. Es schien ewig her zu sein. Die … Kleider, dachte Nell. Ihr Gehirn funktionierte nur schleppend. Sie hatte versprochen, die Kleider mitzunehmen, wenn sie ihn verließ.
    »Nell«, sagte er. »Sieh mich an.«
    Sie hob den Kopf und konzentrierte sich auf einen Punkt genau rechts von ihm. Sie wollte ihn nicht so sehen. Verlangen war ihm so deutlich ins Gesicht geschrieben, und er war verletzlicher, als sie ihn sich je gewünscht hatte. Nell wollte ihm nicht wehtun. Aber er hatte selbst einmal geplant, sie zu verlassen, und wenn sie bliebe, würde er ihr wehtun – und nicht nur ihr, sondern auch sich selbst.
    Woher hatte er nur dieses Vertrauen, dass am Ende alles gut werden würde? Vielleicht war das seine besondere Gabe. Er glaubte daran, trotz allem, was ihr Vater ihm angetan hatte. Vielleicht hatte er sich vor der Welt versteckt, damit niemand seine romantischen Vorstellungen korrigieren konnte.
    So gern hätte sie in seiner intimen kleinen Welt gelebt. Diese kostbare Verschwörung zu zweit aufrechterhalten, ihre kühne, berauschende Verbindung. Aber Liebe allein genügte nicht – nicht in einer Welt, in der ihre Herkunft aus Bethnal Green als Waffe gegen sie eingesetzt wurde. Nicht wenn ihrer beider Zukunft auf dem Spiel stand.
    »Du bist wirklich feige«, sagte Simon ausdruckslos. Vielleicht hatte er ihr angesehen, welchen Weg ihre Gedanken eingeschlagen hatten.
    Nell zuckte mit den Achseln. Vielleicht war sie feige. Aber sie konnte hier nicht am Rande des Abgrunds leben. Sie würde immer weicher werden, zahllose Triebe würden aus ihrem Herzen herauswachsen und sich so fest um Simon ranken, dass sie in ihrer eigenen, unabhängigen Gestalt nicht länger existieren könnte – und gleichzeitig könnte sie nie vergessen, dass man sie eines Tages trennen und ihr das Herz dabei aus der Brust reißen würde.
    Das Gesetz würde sie voneinander trennen. Und wenn Nell erst einmal allein im Gefängnis säße, würde Daughtry kommen und mit Engelszungen auf Simon einreden. Vielleicht würde er seine Liebe zu ihr überdenken. Vielleicht nicht. Am Ende wären sie doch beide verloren.
    Langsam stand sie auf. Sie musste die Kleider holen.
    In der nächsten Sekunde stand er vor ihr. Sie hatte nicht wahrgenommen, dass er sich bewegt hatte, erst als seine großen Hände ihren Kopf umfassten und durch ihr Haar fuhren. Er schob ihr Gesicht nach oben und ließ seinen Mund auf ihre Lippen sinken.
    Ein erstickter Laut entfuhr ihr. Sie lehnte sich in seinen Kuss hinein, ließ zu, dass ihre Arme sich um ihn legten. So schmerzlich sehnte sie sich nach ihm, aber als er sie berührte, wurden Sehnsucht und Schmerz nicht weniger. Sie verstärkten sich noch, wurden unerträglich – und gleichzeitig süß. Dieser dunkle, verzehrende Kuss sagte ihr, dass es einen Grund für ihre Sehnsucht gab, dass sie heute Nacht etwas Großes und Wunderbares verlieren würde: Simons Zauber, seine Vollkommenheit, die Stärke und Geschicklichkeit und Lebenskraft, die ihm eigen waren. Und all das war ihre Sehnsucht wert. Es war, als hielte sie ihre Hand in eine Flamme, aber sie schmiegte sich an ihn und schwelgte im Schmerz.
    Irgendwie bewegten sie sich jetzt. Irgendwie lag sie jetzt auf dem Bett und

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