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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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nach Kerzenrauch und dem sanften Parfüm des Teppichs duftenden Halbdunkel, senkte sie den Kopf und betete.
    Möge sie mir vergeben
, dachte sie.
Ich verstehe es nicht, aber ich liebe sie noch immer.
    Ihre Finger verkrampften sich. Sie schluckte und fügte hinzu:
Und bitte vergib auch ihr. Sie hat mich geliebt.
    Mit einem tiefen Atemzug hob sie die Matratze an und zog das Diebesgut hervor. Im Kerzenlicht legte sie die Dinge auf den Teppich: Kerzenhalter, Spitzendeckchen, ein schmaler illustrierter Band über die neueste Mode der Epoche, ein Silberlöffel und eine kleine glasierte Schale von der Farbe des Sommerhimmels. Die Schale passte perfekt in ihre Hand. Sie war klein genug, dass man sie leicht vergessen konnte. Aber ein pfiffiger Trödler würde ihren Wert am Gewicht und der feinen Glasur erkennen. Sie brächte problemlos genügend ein, um fünf Monate lang gut essen zu können.
    Nell stand auf und trug sie zum Kamin. Mit ruhiger Hand stellte sie die Schale auf das schmale Bord über dem Kaminsims, wo sie sie gefunden hatte.
    Das hübsche Buch mit den Illustrationen – sicher eine Monatsmiete wert – landete auf dem kleinen Teetischchen in ihrem Boudoir. Polly würde es dort entdecken und in die Bibliothek zurückbringen.
    Den Löffel legte sie auf den Stuhl vor dem Tischchen. Essen für zwei Wochen. Die Spitzendeckchen – Wert: sechs Wochen lang guter Tee und warme Brötchen – verteilte sie auf der Frisierkommode. Die Kerzenleuchter, schweres Silber, Sicherheit für ein halbes Jahr, legte sie neben die Tür zum Flur, wo sicher jemand darüberstolpern würde.
    Jetzt blies sie die Kerze aus, setzte sich aufs Bett und starrte zu den Leuchtern, die jetzt im Schatten lagen. Das sanfte Ticken der Uhr maß die dahinschwindende Gelegenheit, sie doch wieder zu nehmen.
    Die Flauheit im Magen war wie das Gefühl zu fallen.
    Sie erinnerte sich daran, in der Sonne glänzende Pennys von einer Brücke geworfen zu haben. Sie erinnerte sich an den süßen, blumigen Duft einer Frau, die sie hielt, während durch unglaublich große Fenster mit blassen, transparenten Gardinen Licht in den Raum fiel.
    Verhexte Träume
, hatte Mum gesagt.
Teufelsgeflüster
. Die Träume hatten sie so aufgebracht, dass Nell sie nicht wieder erwähnt hatte. Sie hatte auch nicht mehr um bestimmte Schlaflieder gebeten. Sie hatte aufgehört nach einer Puppe mit rotem Haar und blauen Augen zu fragen. Und fast hatte sie die große Treppe vergessen, die sie einmal auf dem Bauch hinuntergerutscht war – eine Treppe, die breiter war als jede in Bethnal Green.
    Sie hatte es für Träume gehalten.
    Es waren keine Träume gewesen.
    Also würde sie die Kerzenleuchter nicht wieder an sich nehmen. Sie brauchte sich in diesem Haus nicht wie eine Diebin zu fühlen. Genau wie Paton Park war dieses Haus einmal ihres gewesen.
    Ruhig und tief atmete sie aus. Hier gehöre ich hin, dachte sie.
    Ihr Geburtsrecht
, wie St. Maur es nannte.
    Verwunderung überkam sie mit einer Heftigkeit, die an Angst erinnerte, aber so viel süßer. Sie hatte nicht nur ein Vermögen und einen Ort, an den sie gehörte, sondern auch einen Menschen, den sie ihr Eigen nennen konnte: ihn. Simon St. Maur, Earl of Rushden, wollte sie heiraten. Der klügste, schönste und Furcht einflößendste Mann, den sie je kennengelernt hatte, wollte sie zu seiner Frau machen.
    Was glaubst du, wer du bist?
, hatte Michael sie gern angeschrien. St. Maur hatte es auf den ersten Blick gewusst. Er hatte die Wahrheit erkannt, sobald er sie gesehen hatte.
    Gefühle verknoteten sich heiß in ihrer Kehle, zu viele, um alle einzeln zu benennen. Sie dachte daran, wie er sie berührt hatte, und obwohl er nicht einmal in der Nähe war, nahm es ihr plötzlich den Atem. Sie könnte ihn haben, wenn sie wollte. Diesen wunderbaren Mann.
    Gott im Himmel, und Nell wollte ihn. Sich selbst konnte sie es jetzt eingestehen, aber es würde ein Geheimnis bleiben, das sie für sich behalten musste.
    Sie schlang die Arme um sich und hielt so gut wie sie konnte an dieser wahnsinnigen Vorstellung fest.
Er will nur das Geld
, ermahnte sie sich. Auf dieses Kissen sollte sie nicht allzu viele Hoffnungen sticken. Das würde sie sich nicht erlauben. Sie würde an jemand anderen denken, der auch zu ihr gehörte und nichts mit dem Geld zu tun hatte. Sie hatte eine Schwester. Lady Katherine Aubyn hatte diese Brücke, die Treppe, die gleiche sanfte Umarmung gekannt. Fleisch von ihrem Fleisch, das mit ihr aufgewachsen und groß geworden

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