Eine skandaloese Liebesfalle
Verfolgung gemacht? Suchte er sie vielleicht gerade in diesem Augenblick schon hier in London?
Und wo war Lord Vere? Rauchte er? Trank er? War er allein irgendwohin gegangen, auch wenn sein kleiner Koffer in die Suite gebracht worden war?
Was, wenn ihr Onkel ihren Ehemann ausfindig gemacht und sich mit ihm zu einer Unterhaltung hingesetzt hatte, um ihm all die völlig vernünftigen Gründe vor Augen zu führen, warum er nicht mit Elissande verheiratet sein wollte. Sobald er Lord Vere erst einmal davon überzeugt hatte, war es nur ein kleiner Schritt zu einer Annullierung ihrer Verbindung, was sie ohne Ehemann zurückließe, ohne Schutz und ohne das Recht, behaupten zu können, sie sei einmal verheiratet gewesen.
Die Höhe des Hotelgebäudes machte sie mit einem Mal schwindelig. Sie zog sich in den Salon zurück, wo auf dem Tisch eine kleine, wunderschön verzierte Torte stand, mit blassen Marzipanrosen, die üppig an grünen Marzipanranken blühten - ihre Hochzeitstorte, ein Geschenk des Hotels. Mit der Torte waren ein Messer, Servietten, Teller und Kuchengabeln gebracht worden sowie eine Flasche Champagner und eine Flasche Dessertwein aus Sauternes.
Aber niemand, mit dem sie es teilen könnte.
Sie war sich so sicher gewesen, dass sich während der Hochzeitsfeier irgendein Missgeschick ereignen würde. Lord Vere würde sich beim Eheversprechen nicht an die Worte erinnern, die er zu äußern hatte. Er würde den Namen irgendeiner anderen Frau sagen. Oder er würde in letzter Sekunde beschließen, dass er die Hochzeit nicht durchziehen könne, wobei er seinen Ruf und ihr Ansehen zum Teufel geschickt hätte.
Stattdessen war er ernst gewesen und standhaft, verlässlich. Und sie war es gewesen, die sich bei seinem Namen versprochen hatte - Spencer Russell Blandford Churchill Stuart war aber auch ein langer Name. Und sie war es auch, die nicht nur einmal, sondern sogar zweimal bei ihrem Text stecken geblieben war.
Verheiratet.
Sie wagte nicht, es wirklich zu begreifen.
An der Türklinke wurde leicht gerüttelt. Sie sprang auf. Sie hatte die Tür abgeschlossen, aus Angst, ihr Onkel könnte plötzlich auftauchen.
„Wer ist da?“ Ihre Stimme klang unsicher. Und beinahe atemlos.
„Ist das hier Lady Veres Zimmer?“
Lord Vere - das war die Stimme ihres Ehemanns.
Sie kniff einen Moment lang die Augen zusammen, dann bewegte sie sich vorwärts.
Lächle.
Sie hatte ihr Lächeln aufgesetzt, bevor sie die Tür öffnete. „Guten Abend, Lord Vere.“
,,’n Abend, Lady Vere.“
Er trug den formellen grauen Anzug, in dem sie geheiratet hatten - und der wundersamerweise immer noch makellos sauber und ohne irgendwelche Flecken war.
„Darf ich eintreten?“, erkundigte er sich höflich, den Hut in der Hand.
Sie merkte, dass sie ihm im Weg gestanden und ihn angestarrt hatte. „Natürlich. Ich bitte um Verzeihung.“
Würde er ihr gerötetes Gesicht bemerken? Vielleicht, wenn er sie ansehen würde. Aber er ging einfach an ihr vorbei zur Mitte des Salons und schaute sich danach um.
Die Suite war wie das Domizil eines Gentleman eingerichtet, die Tapete in einem ruhigen Blau, die Möbel solide, aber unaufdringlich. In Tante Rachels Suite gab es chinesische Vasen mit einem Muster in einem rötlichen Ockerton, in diesem Raum standen in einem Halbkreis angeordnet blaue Delfter Teller auf einem Mahagoni-Sideboard.
„Hier ist die Torte“, sagte sie, um nur überhaupt irgendetwas zu sagen, und schloss die Tür wieder.
Er drehte sich um, nicht so sehr aufgrund ihrer Worte, sondern wegen des Geräuschs der sich schließenden Tür. Anschließend ließ er seinen Blick über ihr Gesicht gleiten.
Er hatte ihr Abschließen der Tür falsch verstanden. Er dachte, sie wollte ihm damit zu verstehen geben, dass sie bereit sei, seine Frau zu sein. Doch genau das schien sie ihm nicht signalisieren zu wollen. Für ihn war das fast so etwas wie eine Herausforderung.
Sie wiederum stellte fest, dass sie ihm nicht in die Augen sehen konnte. Stattdessen senkte sie den Blick auf die Ansteckblume an seinem Jackett, eine einzelne blaue Ritterspornblüte, die Farbe so dunkel und satt, dass es fast schon ein Lilaton war.
„Die Torte wiederholte sie. „Möchten Sie, dass ich sie aufschneide?“
„Es wäre eine Schande, sie zu essen - sie ist zu schön.“ Sie eilte zu dem Tischchen und griff nach dem Tortenmesser. „Selbst etwas zu Schönes wird nur verderben, wenn niemand es isst.“
„Wie wahr“, murmelte er.
War das ein Anflug von
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