Eine skandaloese Liebesfalle
Ironie, den sie da in seiner Stimme hörte?
Sie sah ihn an und bemerkte erst jetzt, dass er in seiner linken Hand eine Flasche Whisky hielt.
Sie schluckte. Natürlich war er nicht froh oder glücklich. Er war schrecklich missbraucht worden. Er wusste sehr gut, dass er hereingelegt worden war.
Jeder Idiot wüsste das.
Sie verzog das Gesicht angesichts dieser Wortwahl, senkte den Kopf und machte sich an der Torte zu schaffen. Auf seinen Teller legte sie ein viel zu großes Stück. Er stellte die Whiskyflasche ab, nahm den Teller und ging damit auf den Balkon.
Sie wünschte sich, er würde wieder in seine alte Angewohnheit zurückverfallen, Unsinn zu reden. Sie hatte sich nicht vorstellen können, dass sein Schweigen so schwer zu ignorieren sein würde ... oder mit eigenen Worten zu füllen.
„Möchten Sie gern etwas zu der Torte trinken?“, fragte sie. „Etwas Whisky vielleicht?“
„Whisky passt nicht gut zu Torten.“ Er klang fast ungeduldig.
„Dann vielleicht lieber Dessertwein?“
Er zuckte die Achseln.
Sie sah sich die Weißweinflasche an. Unter dem Wachssiegel war ein Korken. Man würde wohl einen Korkenzieher brauchen. Und wirklich, da lag ja einer, zwischen den beiden Flaschen. Sie nahm ihn und drehte ihn in ihrer Hand. Wie benutzte man den? Zuhause entkorkten immer Diener die Weinflaschen.
„Soll ich jemanden kommen lassen?“, schlug sie schüchtern vor.
Er kam ins Zimmer zurück und stellte sein unberührtes Stück Torte ab. Danach nahm er ihr den Korkenzieher ab. Nach ein paar geschickten Drehbewegungen und einem entschlossenen Ruck war der Korken draußen. Er schenkte ein Glas mit dem Süßwein ein und stellte es vor sie hin, anschließend goss er sich einen Whisky ein und kehrte damit zum Balkon zurück.
Der Regen hatte nachgelassen, war nur noch ein leises Nieseln, als sie nach dem Dinner wieder in der Suite angelangt waren. Aber jetzt wehte draußen ein kräftiger Wind, und die Wolken am Himmel sahen aus, als wollte es gleich wieder zu regnen beginnen. Er trank langsam, aber stetig aus seinem Glas. Das elektrische Licht des Salons beleuchtete sein Profil.
Er müsste unruhig stehen, mit den Fingern auf die Glasscheibe klopfen oder mit den Füßen auf dem Boden scharren. Er sollte keinesfalls so still dastehen, wie er es jetzt tat. Angesichts des aufziehenden Unwetters wirkte er geradezu unheilvoll.
Sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden.
Um sich abzulenken, hob sie ihr Glas. Sie machte sich nicht viel aus Wein oder Alkohol ganz allgemein, aber der Dessertwein war süß, beinahe selbst eine Süßspeise. Sie trank aus Nervosität, und binnen kurzer Zeit schaute sie in ein leeres Glas.
„Es ist ein langer Tag gewesen“, erklärte er. Er stand auf der Schwelle zwischen Salon und Balkon. „Ich denke, ich gehe früh zu Bett.“
War das ihr Stichwort? Wollte er sie nun ins Bett holen? Ihr Magen fühlte sich an, als ob jemand an ihm zog -allerdings spürte sie kein grässliches Ziehen, wie sie es erwartet hätte. Es musste an dem Wein liegen und dem Champagner zum Dinner. Sie war nur leicht beunruhigt.
„Möchten Sie die Torte gar nicht probieren?“, fragte sie, ratlos, was sie sonst sagen sollte. Gute Nacht. Ich komme dann gleich nach?
„Nein, danke.“ Er stellte sein leeres Glas ab und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Sie dachte, er hätte braunes Haar mit dunkelblonden Strähnen, aber da hatte sie sich geirrt. Es war genau anders herum - er hatte überwiegend dunkelblondes Haar mit ein paar kastanienbraunen Strähnen. „Gute Nacht, Lady Vere.“
Er verschwand im Bad. Sie goss sich ein weiteres Glas Wein ein. Ein paar Minuten später, als auch dieses Glas geleert war, trat er aus dem Bad heraus, ging geradewegs in eines der beiden Schlafzimmer und schloss die Tür.
Nur, um Sekunden später wieder auf der Bildfläche zu erscheinen, die Whiskyflasche, die vor ihr stand, zu nehmen und sich erneut mit einem knappen Nicken zu verabschieden.
Sie war verwirrt. Sie wollte nicht unbedingt ein Bett mit ihm teilen, aber wenn sie daran dachte, wie er sie angesehen hatte, als sie auf Highgate Court waren - und in der Kutsche heute Nachmittag -, wäre ihr nicht in den Sinn gekommen, dass er sie in ihrer Hochzeitsnacht einfach ignorieren könnte.
So ging es jedenfalls nicht. Sie konnte ihrem Onkel unmöglich einen so leichten Ansatzpunkt liefern, wie eine nicht vollzogene Ehe es war. Er würde nicht mit irgendeiner Scheinbehauptung bezüglich der Ungültigkeit der Ehe durch die
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