Eine skandaloese Liebesfalle
gut genug gegangen war, um Elissande ein Kompliment zu ihrem Aussehen zu machen, war vor acht Jahren gewesen, vor der Schneeballschlacht an dem verhängnisvollen Weihnachtstag - vor dem Laudanum.
Es gab keinen Zweifel daran: Tante Rachel ging es jeden Tag ein wenig besser. Zu schnell. Wäre sie in sich zurückgezogen geblieben, abgestumpft allem gegenüber, würde es vielleicht keinen solchen Unterschied machen. Aber jetzt zuzulassen, dass sie wieder in Edmund Douglas’ Klauen geriet...
„Ellie? Ellie, geht es dir gut?“
Elissande schluckte. Sie trat an die Kante von Tante Rachels Bett und setzte sich. „Vielleicht muss ich dich verstecken.“
Tante Rachel ließ die Gabel fallen. „Ist... ist dein Onkel ...“
„Er ist nicht hier, noch nicht, aber es ist nur eine Frage der Zeit.“ Trotz der Versuche ihres Ehemannes, ihre Sorgen zu beschwichtigen, hatte sich Elissande schlaflos in ihrem Bett herumgewälzt. „Du bist in diesem Haus zu leicht zu finden. Ich habe für dich ein Hotel ausgewählt. Du wirst nicht weit entfernt von uns sein, und ich werde dich so oft wie möglich besuchen kommen.“
Tante Rachel umklammerte Elissandes Hand. „Wird es dir ... wird es dir und Lord Vere gut gehen?“
„Ja, mit uns ist alles bestens. Wir haben keine Angst vor ihm. “
Auch wenn sie sich wünschte, ihr Ehemann würde wenigstens ein klein bisschen mehr Angst haben. Es war gefährlich, ihren Onkel zu unterschätzen.
„Wenn du dich angezogen hast, fahren wir zusammen zu einer Modistin. Wir betreten das Geschäft von der Vorderseite und verlassen es auf der Rückseite, dann fahren wir zum Langham-Hotel. Deine Sachen hole ich dir später, wichtiger ist es, dich selbst in Sicherheit zu bringen. Kannst du mir folgen?“
Tante Rachel nickte entschlossen.
„Gut, und jetzt...“
Es klopfte an der Tür.
„Ja?“, fragte Elissande.
„Ihre Ladyschaft, Mrs Douglas“, sagte der Lakai, der ein Silbertablett vor sich her trug. „Mrs Douglas, unten ist ein Gentleman namens Nevinson. Er hat mich gebeten, Ihnen diese Nachricht persönlich zu übergeben. Und er wünscht zu wissen, ob Sie zu Hause und für ihn zu sprechen sind, Madam.“
Tante Rachel, vor Schreck erstarrt, konnte nicht sprechen und blickte Hilfe suchend zu Elissande.
Elissande nahm die Nachricht und brach das Wachssiegel auf dem Umschlag.
Werte Mrs Douglas,
ich bin Kriminalinspektor Nevinson von der städtischen Polizei und muss Sie dringend wegen Ihres Gatten Mr Edmund Douglas sprechen. Ich hoffe, Sie können mich umgehend empfangen.
Ihr ergebener Diener Nevinson
Elissande ballte die Hände zu Fäusten. War das ihr Onkel, der die Polizei schickte, ihre Tante zu holen?
Nein, dazu hatte er keinen Grund. Der Ehefrau eines Mannes stand es frei, eine Woche nach London zu reisen.
Dann musste es eine Finte sein. Der Kriminalbeamte war ein Hochstapler, eine Art Trojanisches Pferd, geschickt, um die Verteidigungswälle dieses Haushalts zu überwinden, wenn ein Eindringen auf anderem Wege nicht möglich war.
„Geben Sie diese Nachricht zunächst Seiner Lordschaft und bitten Sie ihn, sie unverzüglich zu lesen“, trug sie dem Bediensteten auf. „Dann führen Sie Mr Nevinson in den Empfangssalon und machen Sie es ihm angenehm. Wir werden ihn in Kürze empfangen.“
Der Lakai entfernte sich, um zu tun, was sie ihm gesagt hatte. Tante Rachel umklammerte Elissandes Arm. „Bist du dir sicher?“ Tante Rachels Stimme bebte. „Ich werde ihn empfangen. Du hingegen wirst dein Frühstück genießen. Lord Vere ist hier, und er wird nicht zulassen, dass du direkt vor unseren Augen entführt wirst.“
Wenigstens hoffte sie das. Und für alle Fälle schloss sie Tante Rachels Tür ab.
„Danke, dass Sie mich empfangen, Lady Vere“, sagte Nevinson.
Er hatte einen Straßenanzug aus blauem Kammgarn an, ein Mann mittleren Alters mit scharf blickenden Augen und effizienten Bewegungen - ein fähig wirkender und vertrauenswürdiger Gesetzeshüter und genau die Sorte Betrüger, die sich das Vertrauen aller erschleichen konnte und den sie zur Entführung ihrer Tante wählen würde.
Sie setzte ihr normales Lächeln auf. „Was kann ich für Sie tun, mein Herr?“
„Wird sich Mrs Douglas zu uns gesellen, Madam, wenn mir die Frage gestattet ist?“
„Mrs Douglas ist nicht daheim. Aber ich werde ihr nur zu gern Ihre Nachricht übermitteln.“
Nevinson zögerte. „Verzeihen Sie, Madam. Was ich zu sagen habe, ist von ausgesprochen sensibler Natur. Ist es wirklich nicht
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