Eine skandalöse Versuchung
ihn, nicht sicher, wie sie seinen Tonfall einschätzen sollte.
Er zögerte einen Moment, dann fragte er sie: »Du hattest also wirklich die Absicht , mir dein Leben anzuvertrauen?«
Ihre Augen funkelten nun deutlich, jedoch nicht vor Zorn. Sie lächelte. »Ja, ganz und gar. Wenn ich nicht mein ganzes Vertrauen in dich hätte setzen können, dann weiß ich nicht, was ich getan hätte.«
Sie begab sich in seine Arme, er umfing sie. Sie legte ihren Kopf in den Nacken und blickte ihm ins Gesicht. »Aber da ich dich in meinem Leben habe, fiel mir die Entscheidung leicht.« Sie schob ihre Arme nach oben und legte sie um seine Schultern. Sie sah ihm tief in die Augen. »Es ist alles in bester Ordnung.«
Er blickte sie forschend an und nickte. »In der Tat.« Während er den Kopf senkte, um sie zu küssen, überprüfte sein analytischer Verstand sicherheitshalber noch einmal, ob in ihrer kleinen Welt tatsächlich alles in bester Ordnung war, und blieb an einem Punkt hängen.
Er stutzte, hob die Lider und wartete ab, bis sie selbiges tat. Er runzelte die Stirn. »Ich nehme an, Jonathon Martinbury ist immer noch im Salon, aber was ist mit deinem Onkel und deinem Bruder?«
Sie riss erschrocken die Augen auf; leises Entsetzen breitete sich über ihre Züge. »Oh, um Gottes willen!«
20
»Es tut mir schrecklich leid!« Leonora half Humphrey aus der Besenkammer heraus. »Es hat sich … einfach so entwickelt.«
Jeremy folgte Humphrey und stieß dabei einen Mopp aus dem Weg. Er sah sie finster an. »Das war die erbärmlichste schauspielerische Leistung, die ich je gesehen habe, und dieser Dolch war verdammt noch mal scharf !«
Leonora sah ihm in die Augen, dann schloss sie ihn hastig in ihre Arme. »Aber es hat funktioniert. Und das ist doch schließlich das Wichtigste.«
Jeremy schnaubte und warf einen Blick auf die geschlossene Bibliothekstür. »Ist auch gut so. Wir wollten lieber nicht klopfen, um auf uns aufmerksam zu machen. Womöglich hätten wir jemanden in einem unglücklichen Moment abgelenkt.« Er sah Tristan an. »Ich nehme an, Sie haben ihn gefasst?«
»Und ob.« Tristan wies auf die Tür. »Wir sollten hineingehen; ich bin mir sicher, St. Austell und Deverell müssten ihm seine Position inzwischen klargemacht haben.«
Die Szene, die sich ihnen darbot, als sie die Bibliothek betraten, untermauerte diese Vermutung; Duke Martinbury kauerte mit hängenden Schultern und hängendem Kopf auf einem einfachen Stuhl in der Mitte des Raumes. Seine Hände, die schlaff zwischen seinen Knien herunterhingen, waren mit einer Vorhangkordel gefesselt. Einer seiner Stiefel war auf Höhe des Fußgelenkes an das Stuhlbein gebunden.
Charles und Deverell standen mit verschränkten Armen Seite an Seite gegen den Schreibtisch gelehnt und beäugten ihren Gefangenen aufmerksam, so als würden sie sich insgeheim überlegen, was sie als Nächstes mit ihm anstellen könnten.
Leonora musterte ihn eingehend, konnte aber außer einem Kratzer an der Wange nichts feststellen. Obgleich dem Gefangenen äußerlich nichts fehlte, schien es ihm jedoch nicht gut zu gehen.
Deverell schaute auf, während sich die Eintretenden an ihre vertrauten Plätze begaben. Leonora half Humphrey in seinen Sessel. Deverell begegnete Tristans Blick. »Vielleicht sollten wir Martinbury herholen, damit er sich das hier anhören kann.« Er ließ seinen Blick über die mangelnden Sitzgelegenheiten schweifen. »Wir könnten ihn mitsamt seiner Liege hereintragen.«
Tristan nickte. »Jeremy?«
Zu dritt verließen sie den Raum und überließen Charles die Aufgabe des Wächters.
Eine Minute später war aus der Eingangshalle ein nachdrückliches Wuff! zu hören, gefolgt von dem Geräusch von Henriettas Pfoten, die in diesem Moment den Gang hinuntergelaufen kamen.
Leonora warf Charles einen überraschten Blick zu.
Er wandte seinen Blick keine Sekunde lang von Duke ab. »Wir dachten, sie würde vielleicht dazu beitragen, dass Duke seine Fehler schneller einsieht.«
Henrietta knurrte bereits, als sie in der Tür erschien. Sie hatte die Nackenhaare gesträubt; ihr glühender bernsteinfarbener Blick war drohend auf Duke gerichtet. Steif, starr und hilflos an den Stuhl gefesselt blickte er sie voll Entsetzen an.
Henriettas Knurren fiel um eine Oktave. Ihr Kopf sank nach unten. Drohend ging sie zwei Schritte auf ihn zu.
Duke sah aus, als wolle er jeden Moment ohnmächtig werden.
Leonora schnippte mit dem Finger. »Hierher. Bei Fuß.« »Na, komm her, altes
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