Eine skandalöse Versuchung
Mädchen.« Humphrey klopfte sich auf den Oberschenkel.
Henrietta blickte Duke ein letztes Mal an, dann trottete sie mit einem Schnauben hinüber zu Leonora und Humphrey. Sie begrüßte die beiden, drehte sich einmal im Kreis und ließ sich in einem zottigen Fellhaufen zwischen ihnen zu Boden sinken. Während ihr schwerer Kopf auf ihren Pfoten ruhte, lastete ihr durch und durch feindseliger Blick auf Duke.
Leonora warf einen Blick zu Charles hinüber. Er wirkte überaus zufrieden.
Jeremy erschien in der Tür und hielt diese weit auf; Tristan und Deverell trugen das Ruhebett mitsamt Jonathon Martinbury ins Zimmer.
Duke schnappte nach Luft. Er starrte Jonathon an; die letzte Spur von Farbe wich aus seinem Gesicht. »Großer Gott! Was ist denn mit dir geschehen?«
Kein noch so guter Schauspieler hätte eine derart überzeugende Leistung vollbracht; Duke war über den Zustand seines Cousins aufrichtig schockiert.
Tristan und Deverell setzten das Ruhebett ab; Jonathon hielt Dukes Blicken ruhig stand. »Wie es aussieht, habe ich mit deinen Freunden Bekanntschaft gemacht.«
Duke sah elend aus. Sein Gesicht war wächsern; er starrte stumm geradeaus, dann schüttelte er den Kopf. »Aber wie konnten sie das wissen. Ich wusste ja selbst nicht einmal, dass du in der Stadt bist.«
»Ihre Freunde sind überaus entschlossen; ihr Arm reicht weit.« Tristan ließ sich neben Leonora auf die Chaiselongue sinken.
Jeremy schloss die Tür. Deverell hatte sich wieder an Charles’ Seite begeben. Jeremy durchquerte den Raum, zog seinen Stuhl hinter dem Schreibtisch hervor und setzte sich.
»Also gut.« Tristan wechselte einen flüchtigen Blick mit Charles und Deverell, dann sah er Duke an. »Sie befinden sich in einer ernsten, um nicht zu sagen verheerenden Lage. Wenn Sie nur ein Fünkchen Verstand haben, werden Sie unsere Fragen schnell, klar und ehrlich beantworten. Und vor allem präzise.« Er machte eine kurze Pause, dann fuhr er fort: »An Ihren Entschuldigungen sind wir nicht interessiert, also sparen Sie sich Ihre Ausflüchte. Nur um die Sache grundsätzlich nachvollziehen zu können: Was hat Sie überhaupt zu dieser Tat getrieben?«
Dukes finsterer Blick ruhte auf Tristans Gesicht; da Leonora direkt an seiner Seite saß, konnte sie Dukes Züge mühelos deuten. Sein brutaler Wagemut hatte ihn schmählich verlassen; die einzige Regung, die nunmehr sein Gesicht zeichnete, war Angst.
Er schluckte. »Newmarket. Der große Jahrmarkt im vergangenen Herbst. Ich hatte mit den Londoner Wucherern noch nie etwas zu tun gehabt, aber dann war da dieser eine Gaul … Ich war mir so sicher …« Er verzog das Gesicht. »Wie auch immer, ich bin da jedenfalls zu tief hineingerutscht, tiefer denn je. Und diese verdammten Blutsauger haben mir solche Schlägertypen auf den Hals gehetzt, als Eintreiber. Ich habe mich in den Norden abgesetzt, aber sie sind mir gefolgt. Und dann erreichte mich diese Benachrichtigung über A.J.s Entdeckung.«
»Und deshalb bist du zu mir gekommen«, warf Jonathon ein.
Duke blickte zu ihm hinüber und nickte. »Als die Eintreiber ein paar Tage später wieder aufkreuzten, habe ich ihnen davon erzählt. Sie haben mich gezwungen, alles aufzuschreiben, und die Nachricht dem Wucherer übermittelt. Ich dachte, mit dieser Versprechung könnte ich ihn mir eine Weile vom Hals halten …« Er blickte wieder zu Tristan. »Doch stattdessen wendete sich das Blatt von schlimm zu grauenvoll.«
Er holte Luft; sein Blick wanderte zu Henrietta. »Der Wucherer verkaufte meine Schuldscheine weiter, die Entdeckung diente dabei als Sicherheit.«
»An einen ausländischen Gentleman?«, fragte Tristan.
Duke nickte. »Zunächst schien alles in Ordnung. Er - der Ausländer - ermunterte mich dazu, die Entdeckung an mich zu bringen. Er betonte, es bestehe keinerlei Grund, die anderen daran teilhaben zu lassen«, Duke wurde rot, »Jonathon und die Carlings - schließlich hätten sie sich bislang auch nicht dafür interessiert …«
»Also versuchten Sie mehrmals auf verschiedenem Wege in Cedric Carlings Werkstatt einzudringen, von der Sie ganz genau wussten, dass sie seit seinem Tod verschlossen war, weil Sie zuvor die Angestellten ausgefragt hatten.«
Wieder nickte Duke.
»Und Sie kamen nicht auf den Gedanken, die Aufzeichnungen Ihrer Tante zu überprüfen?«
Duke blinzelte erstaunt. »Nein. Ich meine … Na ja, sie war schließlich eine Frau. Sie hatte Carling doch bestenfalls geholfen. Die endgültige Formel musste sich in
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