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Eine Socke voller Liebe

Eine Socke voller Liebe

Titel: Eine Socke voller Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Beer
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Sie
sieht ihn nur von hinten. Groß und sportlich schlank, die dunklen Haare modisch
geschnitten. Der schwarze Anzug sitzt perfekt .
    Der Organist spielt eine Improvisation über Elgars „Pomp
and Circumstance“ .
    Markus dreht sich um. Wie gut er aussieht! Wie er sie
anlächelt! Wie sie ihn liebt! Ihr Herz klopft. Sie ist aufgeregt. Die
hochhackigen Schuhe, das lange weiße Brautkleid und der Schleier verlangen ihre
volle Aufmerksamkeit beim Gehen .
    Er streckt ihr beide Hände entgegen. Sie reicht ihm die
ihren. Die Wärme und der Druck seiner Hände geben ihr Sicherheit. Die Aufregung
schwindet. Jetzt gibt es nur noch sie beide. Niemanden sonst. Vergessen sind
die Hochzeitsgäste, die hinter ihnen Lieder singen und Gebete sprechen .
    Leise Flötenmusik ertönt. Es ist Andrea, die da so
wunderschön spielt .
    Der Pfarrer steht vor ihnen. Alles drängt sich in ihr
zusammen. Sie ist überglücklich .
    „Ja, ich will!“ hat er gerade gesagt und sie mit seinen
dunklen Augen liebevoll angesehen. Langsam streift er ihr den Ring über den
Finger .
    Jetzt ist sie dran. Sie denkt an das winzige Baby, das in
ihrem Bauch heranwächst. Am liebsten würde sie es vor Glück laut in die ganze
Welt rufen: „Ja, ich will!“
    Aber sie kann nicht. Ungläubig starrt sie in sein Gesicht .
    Was ist plötzlich mit seinen Augen los? Sie verschwimmen
vor ihren Blicken und verwandeln sich in gerötete, verquollene Glupschaugen .
    Sie will schreien, aber sie ist stumm vor Entsetzen .
    Als sie die Augen aufschlug, blickte sie in die immense
Deckenhöhe des alten Hospizes. Wie aus weiter Ferne hörte sie ganz leise
gleichmäßige Schnarchgeräusche.
    Sie atmete tief ein und aus, um die aufregenden Gefühle und
Gedanken an Markus aus ihrem Kopf zu verdrängen. Dann versuchte sie, sich den
schönen Teil ihres Traumes in Erinnerung zu holen, um wieder einschlafen zu
können.
    Aber sie wurde nur unendlich traurig. Tränen tropften auf das
Kissen.
    05.
Gottvertrauen
    Gregorianische Gesänge ertönten aus den Lautsprechern. Sabine
tat als hörte sie nicht wie Andrea leise ihren Namen rief.
    Die Freundin beschloss, Sabine schlafen zu lassen und sich so
lange in ihrem Schlafsack zu verkriechen, bis die meisten Peregrinos (das
spanische Wort für „Pilger“) das Refugio verlassen hatten. Sie genoss die
kuschelige Wärme.
    Die drei Bayern, die sie gestern Abend kennengelernt hatten,
kamen an ihren Betten vorbei und wünschten einen guten Weg.
    Sie benutzten den spanischen Pilgergruß „buen Camino“.
    Sabine lugte über ihren Schlafsackrand und murmelte ein
leises „Guten Morgen“.
    Die beiden Frauen waren wieder bei den Letzten, die das
Refugio verließen. Nach der regenreichen Nacht war es kühl geworden, und auf
der Straße standen große Wasserpfützen.
    Die Freundinnen lechzten nach einem guten Kaffee und liefen
so flott, wie es ihre Beine heute Morgen zuließen. In den Oberschenkeln zerrte
Muskelkater und die Schultern schmerzten unter der Last der Rucksäcke.
    „Wahrscheinlich alles eine Gewöhnungssache“, tröstete Andrea
sich selbst und ihre Leidensgenossin.
    Nach einer halben Stunde erreichten sie das baskische
Städtchen Auritz. Die weiß gestrichenen Häuser mit ihren roten und blauen
Fensterläden und dem üppigen Blumenschmuck davor strahlten freundlich, trotz
des regenverhangenen, dunklen Himmels.
    Aus einer Seitenstraße kamen ihnen die drei süddeutschen
Freunde entgegen und schwärmten von warmen Croissants und gutem Kaffee. Na
dann, nichts wie hin!
    Das kleine Café war gemütlich, die Croissants einfach Spitze,
die Marmelade selbst gemacht und der Café con leche heiß und kräftig. Die
Freundinnen orderten gleich zwei Portionen von allem.
    Sie sahen zu, wie die freundliche Wirtin Baguettes dick mit
Butter bestrich und mit Schinken, Käse, Tomaten und Salat füllte. Von diesen
Bocadillos kauften sie gleich zwei Stück.
    „Ich freue mich schon jetzt auf die Pause“, meinte Andrea,
als sie ihr Brot im Rucksack verstaute.
    Ein leichter Wind wehte die Regenwolken langsam aber sicher
fort. Immer öfter arbeitete sich die Sonne durch die Wolkendecke. Es sah ganz
so aus, als würde dies ein schöner Wandertag werden. Hinter dem Ort begann ein
herrlicher Wald- und Wiesenweg mit Blick auf das Pyrenäenvorland. Nach der
Kraxelei in den vergangenen zwei Tagen waren die leichten Hügel hier ein
Geschenk des Himmels.
    Die Landschaft erinnerte Andrea und Sabine ein bisschen an
den Pfälzer Wald. Neben vielen Buchen wuchsen hier

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