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Eine Socke voller Liebe

Eine Socke voller Liebe

Titel: Eine Socke voller Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Beer
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Ausnüchterungszelle gelandet. Aber am nächsten Morgen stand
er wieder vor der Tür. Wo sollte er denn sonst hin? Sollte ich ihn wie einen
Penner vor der Tür stehen lassen oder das Schloss auswechseln, damit er nicht
mehr herein kommt? Das konnte ich nicht. Ich habe ihn doch geliebt.“
    „Und jetzt? Liebst du ihn immer noch?“
    „Ich weiß es nicht“, Sabine überlegte einen Moment, bevor sie
fortfuhr: „Manchmal hasse ich ihn. Und manchmal, wenn er wieder einmal ein paar
Tage nett zu mir war, ist sie wieder da, die Hoffnung, die Liebe und die
Sehnsucht nach dem alten Markus“, sie schwieg nachdenklich und Corinna
unterbrach ihre Gedanken nicht. „Manchmal tut er mir leid. Manchmal ist er mir
gleichgültig. Ich weiß nicht, was sein wird, wenn er aus der Kur zurückkommt.
Ich weiß nur, dass ich auf keinen Fall so weiterleben werde. Die letzten fünf
Jahre waren die schlimmsten in meinem Leben. Die Trinkerei hat Markus sehr
verändert. Er ist nicht mehr der Mann, den ich einmal geheiratet habe, weißt
du. Der Alkohol hat sein Selbstwertgefühl und sein Selbstbewusstsein zerstört,
und ich weiß nicht, inwieweit das reparabel ist. Er hat sich mehr und mehr in
sich selbst zurückgezogen und sein dauerndes schlechtes Gewissen immer wieder
im Alkohol ertränkt. Er wurde entweder aggressiv, wenn ich über unsere Probleme
reden wollte oder fing an zu weinen und badete sich in Selbstmitleid. Mein
einst so lebensfroher Mann ist depressiv geworden und kam aus dem Teufelskreis nicht
mehr heraus.“
    „Und du hast immer wieder versucht nach außen die heile Welt
aufrecht zu erhalten?“
    „Ja. Ich weiß, dass ich ihm damit nicht geholfen habe. Aber
ich wollte wenigstens für eine Art Schadensbegrenzung sorgen, schon um meiner
selbst willen.“
    „Hast du eigentlich auch schon mal mit einem Therapeuten über
deine Situation gesprochen?“
    „Ja, vor zwei Jahren haben wir gemeinsam einige Male mit
einem Therapeuten gesprochen. Allerdings war mir der Mann ziemlich
unsympathisch, und ich hatte kein Vertrauen zu dem Psychologen, während Markus
scheinbar gut mit ihm zu Recht kam“, bekannte sie und fügte seufzend hinzu,
„aber geholfen hat es ihm auch nicht.“
    „Gab es einen Grund dafür, dass dein Mann wieder zur Flasche
gegriffen hat?“
    „Ja, ich glaube,… aua… Mist…“, Sabine blieb stehen und
schlenkerte ihren Fuß hin und her, „ich hab mir gerade den Fuß verknackst.“
    „Setze dich hier ins Gras an den Wegrand und zieh deinen
Schuh aus. Ich schau mir das mal an“, forderte Corinna sie auf.
    Während Sabine sich an ihrem Schuh zu schaffen machte, kramte
Corinna in ihrem Rucksack nach einem Schmerzgel.
    „Wie ist denn das passiert?“, wollte sie wissen.
    „Ich bin auf einen etwas größeren Stein getreten und
abgerutscht.“
    „Ich mach dir jetzt einen dicken kühlenden Verband und dann
bekommst du meine Besenstiele zum Laufen. Tut es hier weh, wenn ich drücke?“,
Corinna untersuchte Sabines Fuß fachmännisch und stellte nach einer Weile fest:
„Gut, dass du stabile, hohe Wanderschuhe trägst. Ich hoffe mal, dass sie deinen
Fuß gut gestützt haben, und du keine großen Schwierigkeiten mit dem Laufen
bekommst.“
    „Der Knöchel schmerzt sowieso seit ein paar Tagen immer mal
wieder.“
    „Aha. Dann solltest du dir bei nächster Gelegenheit eine
Bandage kaufen, damit das Gelenk gestützt wird.“
    Sabine humpelte ein wenig, als sie sich mit Corinnas bunten
Stöcken wieder auf den Weg machte.
    Nebeneinander liefen die Frauen weiter über den Schotterweg,
der von endlos scheinenden Getreidefeldern umsäumt war.
    „Ich kann dich übrigens gut verstehen“, nahm Corinna den
Gesprächsfaden wieder auf, „meine Mutter war auch Alkoholikerin. Sie ist vor
zwei Monaten gestorben.“
    Sabine schaute sie überrascht an. „Ist das der Grund, warum
du hier bist?“
    „Nein, diese Auszeit hatte ich schon länger geplant. Meine
Mutter war zum Schluss sehr krank und in einem Pflegeheim. Ich hatte sie
zwanzig Jahre lang nicht mehr gesehen. Mein Vater hat mich kurz vor ihrem Tod
angerufen. Sie wollte mich noch einmal sehen und mich um Verzeihung bitten,
bevor sie starb.“
    „Und?“
    „Sie hat auf mich gewartet. Einen Tag später ist sie dann
gestorben.“
    „Und? Hast du ihr verziehen?“
    „Weißt du, ich war ein Kind, damals in ihren schlimmsten
Zeiten“, sagte Corinna, und es klang fast wie eine Entschuldigung, „ich habe
mich ständig schuldig gefühlt an ihrem Elend und mir die

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