Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Socke voller Liebe

Eine Socke voller Liebe

Titel: Eine Socke voller Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Beer
Vom Netzwerk:
oder hast du schon wieder so viel Hunger?“
    „Nein. Du hast Recht. Schau mal, da drüben die Pfirsiche
sehen gut aus“. Andrea wies mit dem Finger auf einen Obststand. Nachdem sie
eingekauft hatten, stießen sie fast mit einem Betrunkenen zusammen, der hinter
ihnen stand. Der Landstreicher hatte offenbar gewartet, bis sie sich umdrehten
und streckte ihnen mit forderndem Blick seine offene Hand entgegen. Er war von
oben bis unten verdreckt und sah aus, als hätte er im Rinnstein übernachtet. Er
redete laut in unverständlichem Spanisch auf sie ein. Ein ekelhafter Gestank
aus einem Gemisch von Schnaps, Schweiß und Urin ging von ihm aus.
    Als sie sich an dem Bettler vorbeidrängeln wollte, hielt er
Sabines Arm fest. Erschrocken riss sie sich los, nahm Andreas Hand und zog sie
im Dauerlauf hinter sich her. Gemeinsam rannten sie über den Platz und die
angrenzende Straße. Erst hier ließ Sabine die Hand der Freundin wieder los und
drehte sich suchend um.
    „Das war doch der zeternde Mann aus der Basilika, oder?“
    Der Bettler war in der Menschenmenge verschwunden.
    Andrea sah, dass ihre Freundin kreidebleich geworden war.
Tränen standen in ihren Augen. Sie nahm sie in den Arm. „Ja, das war er“, sagte
sie.
    Sabine war außer sich: „Kannst du mir mal sagen, warum der
ausgerechnet zu mir zum Betteln kommt?“
    „Nein, das weiß nur der liebe Himmel.“
    Kopfschüttelnd löste sie sich aus Andreas Umarmung, „Mein
ganzes wohliges Leben hier hat dieses Ekelpaket für einen Augenblick in Frage
gestellt, und ich hatte das Gefühl, die Realität der letzten Jahre wollte mich
wie ein Krake fangen und zurückholen“, sagte sie ärgerlich.
    „Tut mir leid, dass er ausgerechnet dich am Ärmel erwischt
hat.“
    Für Sabine lief wie im Zeitraffer ein Spot in ihrem Kopf ab.
Markus und der Alkohol. Die Lügen und das Vertuschen. Das Hoffen und Bangen.
Der ewige Teufelskreis. Das Doppelleben.
    Die Einsamkeit und die Ohnmacht. Die hilflose Wut und die
Liebe. Das Nicht-mehr-können und das Nicht-mehr-wollen.
    Sie dachte an ihr amouröses Abenteuer mit Max und ihr
rachedürstendes Ego empfand plötzlich eine befriedigende Genugtuung. Ob sie ihn
noch einmal treffen würde?
    Während des Weiterlaufens auf staubigen Pfaden blickte sie
auf ihre Füße, die sich in dicken Wanderschuhen Schritt für Schritt vorwärts
bewegten. Ja, es ging immer weiter, und die Zeit ging mit. Geschehenes kann man
nicht ungeschehen machen, dachte sie. Jeder muss mit seiner Vergangenheit
leben, auch wenn es ihm nicht passt. Ja, ich werde in Zukunft ehrlicher zu mir
selbst sein und mein eigenes Ich nicht mehr verleugnen. Ich will mein Leben
intensiver leben, und ich will lernen, meine Fehler und Schwächen zu akzeptieren.
Und ich will auf Gott vertrauen, dass ich den richtigen Weg einschlage. „O
Gott, meine liebe Sabine, da nimmst du dir ja allerhand vor“, murmelte sie vor
sich hin und blickte über die Weinberge, in denen einige Bauern bereits bei der
Traubenlese waren.
    Andrea drückte ihrer Freundin kurz den Arm und sagte: „Es
wird eine Lösung geben. Und der da oben zeigt dir die Richtung.“
    „Glaubst du das auch für dich selbst?“
    „Ja, ich weiß es.“
    Als sie am späten Nachmittag erschöpft ihr Tagesziel
erreichten, waren sie über dreißig Kilometer gelaufen. Ihre Köpfe waren wieder
frei für das Hier und das Jetzt.
    „Inzwischen laufen wir fast wie zwei Maschinen, die morgens
eingeschaltet werden und dann gleichmäßig dahintuckern“, stellte Andrea fest.
    In der originell erbauten Herberge waren kreisförmig um eine
Kirche herum Zwei-Bett-Abteile gebaut, deren viele orangefarbige Türen den
Pilgerinnen entgegen leuchteten. Die ganze Anlage war hübsch, zweckmäßig und
sauber.
    Sabine blickte sich suchend um. Aber Max war nicht zu entdecken.
    Auch in der kleinen Stadt und während ihres Aufenthaltes in
einem Restaurant ließ sie immer wieder verstohlen ihre Blicke umherwandern.
Vielleicht tauchte da doch plötzlich noch irgendwo ein Cowboyhut auf?
    29. Der
schwere Weg
    Andrea und Sabine wurden von einer Putzfrau geweckt, die in
der Nachbarkabine arbeitete. Die Uhr zeigte 9.00 Uhr, und sie fühlten sich so
richtig schön ausgeruht.
    Draußen schien die Sonne warm vom azurblauen Himmel. Von den
kalten Frühnebeln der Berge war hier nichts mehr zu spüren. Die Kälte war dem
milden Klima einer Weinregion gewichen.
    Die Freundinnen wanderten durch die hügelige, grüne
Landschaft und Andrea war der Meinung, dass es hier

Weitere Kostenlose Bücher