Eine Socke voller Liebe
aber das heute ist höhere Gewalt. Ich überlege gerade,
wie es wäre, wenn wir uns hier auf die Wiese legen und unter freiem Himmel
nächtigen würden? Warm genug ist es bestimmt“, überlegte Sabine, da weit und
breit immer noch kein Haus zu sehen war.
„Aber wir hätten weder Essen und Trinken, noch eine warme
Dusche. Mein Wasser hab ich fast ganz auf getrunken.“
„Ach ja, ich meines auch. Also, keine gute Idee.“
Mit schlurfenden Schritten erreichten sie irgendwann ein
Dorf, mit einer großen Herberge.
Zwei große, saubere Schlafräume, eine warme Dusche und die
Aussicht auf ein gemeinsames, warmes Essen am langen Tisch brachten die Welt
der Peregrinas wieder ein kleines bisschen ins Lot.
‚Man braucht doch sehr wenig, um glücklich zu sein‘, dachte
Sabine und ‚irgendwie ist es unerklärlich, dass es immer noch ein Stückchen
weiter geht, als man glaubt, wenn die Umstände es erfordern‘.
31. Ein
Handy
Andrea und Sabine saßen im Schatten großer Bäume im Park von
Samos. Vor der kleinen Kapelle, die Ende des achten Jahrhunderts auf dem
angeblichen Apostelgrab des Heiligen Jakobus errichtet worden war, stand ein
junger Mann und spielte auf seiner Querflöte eine beschwingte Melodie.
„Schade, dass ich meine Flöte nicht dabei habe“, bedauerte
Andrea, „ich hätte direkt Lust mit ihm zusammen zu spielen.“
„Das glaube ich dir gerne“, pflichtete Sabine ihr bei.
„Nach unserer kurzen Wanderung heute auf den butterweichen
Waldwegen ist dieses kleine Konzert noch ein Highlight obendrauf.“
„Ich bin ja so froh, dass wir bis Santiago keine hohen Berge
mehr erklimmen müssen.“
„Heute Morgen habe ich nicht geglaubt, dass es uns am
Nachmittag wieder so gut gehen würde.“
„Ich auch nicht. So kaputt wie heute früh habe ich mich aber
auch in den ganzen Wochen nicht gefühlt. Keinen Blutdruck, müde Beine, Knöchel,
Knie und Schulter. Habe ich noch etwas vergessen?“
„Ja, keinen Bock. Und kein Frühstück, weil wir so lange
herumgetrödelt haben.“
„Manchmal sind wir ja ganz schön blöd“, schmunzelte Sabine.
„Aber zum Glück alle beide“, stimmte Andrea ihr lachend zu.
Sie lauschten weiter der Flötenmusik und ließen dabei den
Wandertag Revue passieren.
Auf einem schmalen, steinigen Weg bergab, waren sie von einem
Radrennfahrer überholt worden, der direkt neben ihnen auf einem Kuhfladen
ausrutschte. Er drehte einen Salto über sein am Boden liegendes Fahrrad und
rettete sich so vor einem Sturz. Ein echter Profi! Für die beiden Frauen eine
Schrecksekunde mit glücklichem Ausgang.
In einem kleinen, mittelalterlich anmutenden Dorf waren sie
in dem aufgestauten Teil des Rio Oribio geschwommen.
„Der alte Ort mit seinen verwitterten Häusern, der kleinen,
geschwungenen Brücke über den Bach und den schwarz gekleideten, alten Leuten
hatte fast etwas Vorsintflutliches“, erinnerte sich Sabine. Dann zeigte sie auf
Andreas kleine Umhängetasche. „Was machen wir eigentlich mit dem Handy, das du
auf der Wiese gefunden hast?“
„Gut, dass du mich daran erinnerst, das habe ich eingesteckt
und total vergessen“, lachte die Freundin und kramte das Mobiltelefon heraus.
„Schau‘ mal an, es ist sogar eingeschaltet. Ich könnte eine der gespeicherten
Nummern anrufen, um den Besitzer herauszubekommen.“
„Eine gute Idee“, fand Sabine.
„Hier stehen lauter deutsche Namen. Das Ding gehört offenbar
einem Deutschen“, schloss Andrea. Dann überschlug sich ihre Stimme fast: „Nein,
das gibt’s doch nicht! ……Sabine?“
„Ja? Was ist los?“
„Hier ist ein Hubert Sigl und ein Sebastian Stenner eingetragen“,
Andrea fing an zu lachen. Sie lachte und lachte und wollte gar nicht mehr
aufhören.
„Was sagst du da?“, wunderte sich Sabine.
„Ich glaube“, erwiderte sie mit glucksender Stimme, „das
Handy gehört Michael.“
„Das glaub ich nicht. Lass‘ mal sehen.“
Die Freundinnen setzten sich eng nebeneinander und stierten
verblüfft auf die Eintragungen. Es war eindeutig, wem das Handy gehörte.
„Ich schicke eine Nachricht an Sebastian“, sagte Andrea
fröhlich, der wird staunen.“
Sie tippte: „Hola! Ich habe Michaels Handy gefunden. Gruß aus
Samos, Andrea und Sabine“ und schickte die SMS ab.
Anschließend machten sie sich auf den Weg zu der historischen
Klosteranlage, um den gotischen Kreuzgang mit seinen vielen Brunnenskulpturen
und die wertvollen Wandmalereien zu besichtigen.
Sie stellten sich hintereinander in einer
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