Eine Socke voller Liebe
Baumes und
tranken eine eiskalte Schokolade.
Anschließend beschleunigte Sabine ihr bisheriges
Schritttempo. „Ich will endlich ankommen für heute. Mir reicht es nämlich“,
erklärte sie ihrer Freundin.
„Okay, okay, ich komme schon hinterher.“
Der Aufstieg zum Alto do Poio ging gnadenlos steil bergauf.
Sabine nahm all ihre Kraft zusammen und legte zielstrebig ein solches Tempo
vor, dass Andrea Mühe hatte, ihr zu folgen. Dabei war sie sonst immer
diejenige, die bergauf die Erste war. Als sie nach einer Stunde den Pass erreicht
hatte, setzte Sabine sich auf einen Stein und beobachtete ihre Freundin, die
schnaufend die letzten Meter erklomm.
„Du strahlst mich an wie eine Tomate“, lachte Andrea.
„Dabei gibt es gar nichts zum Strahlen“, deutete Sabine mit
der Hand auf eine Menschentraube, die vor der Bar stand, „ich bin zwar froh,
dass wir jetzt die Berge geschafft haben, aber schau mal dort drüben hin.“
„Ach, du lieber Gott!! Das sieht ja gar nicht gut aus.“
Sah es auch nicht. Die Herberge war überfüllt. Selbst alle
Notbetten waren belegt. Nichts ging mehr! Aus! Finito!
Schräg gegenüber stand ein etwas herunter gekommenes kleines
Gasthaus, das ebenfalls Zimmer anbot.
„Die Fassade muss ja nichts heißen. Hauptsache, es ist
drinnen einigermaßen sauber“, sagte Andrea hoffnungsvoll.
Sie gingen in die Gaststube. Kein Mensch war zu sehen. In dem
dunklen Raum herrschte ein undefinierbarer muffiger Geruch. Irgendwie nach
kalten Zigarettenrauch, Schimmel und ranzigem Fett.
Andrea wies auf eine WC-Tür hin und sagte, dort müsse sie
erst mal hinein. Sabine folgte ihr.
„Na ja, das war ja wohl auch Grenzlage“, meinte Andrea, als
sie das stille Örtchen wieder verlassen hatten, „und jetzt schau dir mal den
Fußboden hier an. Der klebt vor Dreck.“
„Nee, das ist ja nur ekelig. Selbst die Tischdecken und
Stuhlkissen sind fleckig. Außerdem stinkt es hier fürchterlich.“
Aus dem Dunkel hinter der Theke erscholl eine Stimme in für
sie beide unverständlichem Spanisch. Erschreckt sahen sich die beiden
Freundinnen um und blickten in das mürrische Gesicht einer dicken Frau.
„Hola, buenos tardes, Señora. Nosotros
queremos dos colas, por favor“, sagte Andrea geistesgegenwärtig.
Die Dicke brummelte leise vor sich hin und stellte ihnen zwei
Coladosen auf den Tresen.
Enttäuscht setzten sich die Pilgerinnen auf zwei wackelige
Plastikstühle unter einen Baum und prosteten sich zu mit den Worten: „Hier
bleiben wir auf keinen Fall!“
Nach einer Viertelstunde machten sie sich wieder auf den Weg.
„Wie viele Berge und Hügel sind wir heute eigentlich schon hinauf und hinab
gestiegen?“, fragte Sabine.
„Tut mir leid, ich hab sie auch nicht gezählt, aber es waren
etliche.“
Die Sonne war immer noch heiß und die Wege immer noch
steinig. Es war ein Glück, dass sie wenigstens leicht bergab führten.
Müde erinnerten sich die Freundinnen an ihren Galgenhumor,
der sie in ähnlichen Situationen immer gerettet hatte. Aber weder Sabine noch
Andrea konnten ihn jetzt dazu motivieren aus seiner Versenkung zu steigen. Sie
waren am Ende ihrer Kräfte und schleppten sich nur noch langsam vorwärts. Ihre
strapazierten Beine wollten sich nicht mehr bewegen und die Füße steckten mehr
oder weniger gefühllos in den Wanderschuhen. Die Rucksäcke lasteten wie
Felsbrocken auf ihren Rücken.
„Mein Elan ist total futsch. Ich hatte fest damit gerechnet,
hier oben ein Bett zu bekommen“, stöhnte Andrea.
Keine der beiden Frauen hatte einen Blick für „das grüne Herz
Galiciens“ übrig, wie die Gegend hier genannt wurde.
Schweigend und lustlos trotteten sie nebeneinander her. Nur
ihre Stöcke klackerten im Takt auf dem Schotterweg neben der Straße, auf der
nicht ein einziges Auto vorbei fuhr, das sie hätten anhalten können.
„Beim nächsten Haus klopf ich an und frage, ob wir dort
übernachten dürfen“, entschied Andrea.
„Ich leg mich auch in den Stall neben die Kühe“, witzelte
Sabine, „das kannst du dem Bauern ruhig sagen.“
„Vielleicht ist der Bauer ja ein smarter Cowboy“, stichelte
Andrea grinsend.
„Der hätte aber heute bestimmt keinen Spaß mit mir. Eine fast
Fünfzigerin mit Totalschaden, wer will schon so einen Oldtimer?“
„Das weiß ich auch nicht“, Andrea schüttelte belustigt ihren
Kopf, „hatten wir nicht gestern erst beschlossen, uns nicht mehr so zu
überfordern? Und was machen wir heute? Das ist doch der absolute Wahnsinn!!“
„Ja,
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