Eine Spur von Lavendel (German Edition)
war ihm klar. Und sie hatte es geschafft. Betroffen gestand er sich ein, dass er dieses Mal derjenige gewesen war, der nicht widerstanden hatte.
Am Sonntagabend telefonierte Alexander zum letzten Mal vor seiner Reise mit Linda.
„Wie hast du es eigentlich Charlie und Anneliese erklärt?“, wollte er wissen.
„Ich habe beiden lediglich gesagt, dass du für einige Zeit deine Familie in Südfrankreich besuchst. Das ist alles.“
Alexander nahm an, dass zumindest Charlotte sehr wohl spüren würde, dass es zwischen ihrer Mutter und ihm erneut Probleme gab, aber er behielt diese Vermutung für sich. „Monika wollte sich übrigens morgen oder spätestens am Dienstag bei dir melden.“
„Gut. Vielleicht hat sie ja Lust, mich ein wenig bei der Planung des Ladens zu unterstützen, was meinst du?“
Ihr Gespräch dauerte erstaunlicherweise noch über eine Stunde, doch dann verabschiedeten sie sich trotzdem eher kühl voneinander.
„Also dann, ich bleibe ungefähr eine Woche, höchstens zehn Tage fort, Linda.“
„Ich werde auf deinen Anruf warten. Aber du sollst wissen, dass ich mich in der Zwischenzeit nicht an dich gebunden fühle – und ich möchte auch nicht, dass du das in irgendeiner Weise tust. Du bist frei, Alex! Auf Wiedersehen.“ Das Klicken in der Leitung teilte ihm mit, dass sie aufgelegt hatte.
Ihre Worte trafen ihn wie ein brutaler Faustschlag.
Du bist frei, Alex!
7. KAPITEL
A n der langen geschwungenen Landstraße, die zur kleinen Pension seiner Familie führte, hatte sich im vergangenen Jahr nichts verändert. Ab und zu tauchte ein einsames Haus auf oder sogar ein winziges Dörfchen mit drei, vier Häusern, aber die längste Zeit fuhr Alexander nur durch herrliche Felder mit strahlend gelben Sonnenblumen und leuchtend blauem Lavendel. Dazwischen muteten die vereinzelten Olivenhaine wie hellgrüne Inseln im Meer an. Eine Autofahrt durch diese Landschaft erfüllte jedes Klischee der Provence und war eine Wohltat für die Augen.
Nach einer kurzen und gedankenvollen Rauchpause am Rande eines besonders prächtigen Lavendelfeldes fuhr er nun die vertraute Straße entlang und ließ sich Zeit dabei. Obwohl die Klimaanlage im Wagen eingeschaltet war, öffnete Alexander das Seitenfenster, um den Geruch des Lavendels noch ein wenig länger wahrnehmen zu können. Der würzige Duft war zwar auch in seinem Elternhaus in Hamburg allgegenwärtig gewesen, denn so hatte seine Mutter über viele Jahre ihr Heimweh zu bekämpfen versucht. Dennoch würde er das Aroma dieser zarten, aber gleichzeitig so starken Pflanze nun für alle Zeit mit Linda in Verbindung bringen.
Auf der linken Seite der Straße konnte er bereits die Weinberge seines Bruders erkennen. Genau dort verlief eine kleine Abzweigung, die direkt zur Pension seiner Familie führte.
Er sah sofort, dass das Haus erst vor Kurzem einen neuen Anstrich bekommen hatte. Reinweiß und strahlend stand es auf seiner kleinen Anhöhe. Wilder Wein rankte sich um das Geländer der großen Veranda im Erdgeschoss, und von den Balkonen in den oberen beiden Stockwerken flossen blaue, rosafarbene und purpurne Bougainvilleen wie eingefärbte Wasserfälle bis auf die großen Naturpflastersteine vor dem Haus herab.
Alexander erfreute sich für einige stille Augenblicke an diesem Anblick, der ihn jedes Mal aufs Neue verzauberte. Er fragte sich unweigerlich, wie Linda wohl auf diese märchenhafteHerausforderung an die Sinne reagiert hätte.
Hinter dem Haus gab es einen kleinen Swimmingpool, dort würden sich jetzt am späten Nachmittag sicherlich noch einige Feriengäste aufhalten. Hier vorn war es allerdings vollkommen ruhig. Er stieg aus dem Auto und wollte sich gerade seinem Gepäck widmen, als auch schon die Haustür geöffnet wurde.
„Alex! Schön, dass du schon da bist.“
Lächelnd ging er auf seine Schwägerin zu, ergriff ihre Hände und küsste sie auf beide Wangen.
„ Bonjour , Adrienne.“
Ihre großen dunkelbraunen Augen lächelten ihn ebenso herzlich an wie ihr voller breiter Mund.
„Du wirst immer schöner, Reny“, bemerkte er anerkennend.
„Alter Schmeichler! Komm herein, dein Gepäck können wir später holen. Du bist sicher hungrig und durstig nach der langen Fahrt.“
Alexander legte einen Arm locker um ihre Schultern und ging langsam neben ihr her. „Mein Hunger hält sich in Grenzen. Ich habe unterwegs etwas gegessen, aber etwas Kühles zu trinken könnte ich jetzt wirklich gebrauchen.“
Sie gingen direkt in die Küche, und er setzte
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