Eine Squaw wie Dynamit
festhalten. Er sah, wie die Squaw, die eben noch gefesselt war, Jim Webb die Winchester an den Kopf hielt.
Webb sackte auf die Knie.
»Töte ihn nicht, Magena!«, rief der Mann mit dem dreckigen Gesicht.
In diesem Moment ging Rivage ein Licht auf. Der Kerl mit dem Dreck im Gesicht musste Lassiter sein. Unwillkürlich verspürte Rivage den Anflug von Respekt. Der Kerl war der Teufel. Im Alleingang hatte er Webbs Sextett zusammengeschossen und ihnen die Squaw entrissen.
Rivage fuhr sich über die Stirn. In seinem Schädel rauschte ein Wasserfall. Bis eben war er davon überzeugt gewesen, dass er es mit diesem Mann aufnehmen konnte. Schnapsidee! Der Typ würde ihn umlegen, bevor er blinzeln konnte.
Rivage beschloss, seine Laufbahn als Revolvermann vorläufig zu verschieben. Und George Kelly konnte ihn mal! Sollte der Bastard doch selbst gegen Lassiter antreten, wenn ihm der Mann im Weg war.
Eine Minute später saß Rivage im Sattel. Irgendwie war er erleichtert, dass er dieses verflixte Reservat verlassen konnte. Um ein Haar wäre er hier auf dem Friedhof gelandet.
Der Saukerl Kelly hatte ihn ins offene Messer laufen lassen.
So schnell er konnte, galoppierte Beau Rivage in die wüstenhafte Landschaft hinaus.
Eine Woche später erschien sein Name zum ersten Mal in der Zeitung. Er hatte in Wichita ein Duell provoziert, aber bevor es zum Schusswechsel kam, schoss ihm ein Betrunkener in den Hinterkopf. Rivage starb in einer Whiskeylache. Sein Mörder kam mit einer Geldstrafe davon.
Sally Bright, die Hure aus Mexican Hat, war die Einzige, die um Beau Rivage trauerte.
***
Lassiter musste grinsen, als er Magena in dem roten Kleid sah, das ihr Betsy Barrow geschenkt hatte.
»Gefällt es dir nicht?«, fragte sie.
»Doch, das Kleid ist wunderschön.« Lassiter kaute auf seiner Lippe. »Aber zu welcher Gelegenheit willst du es tragen? Bei der Gerichtsverhandlung in Kayenta?«
Sie standen an der Koppel, auf dem die Mustangs der Navajos und Lassiters Schimmel an den spärlichen Grasbüscheln zupften. Leotie war dabei, Wasser in die Tränke zu gießen. Es war ein nicht allzu heißer Tag Mitte Mai.
Magena winkte ihrer Schwester. »Leotie, wir reiten zum Ghost Canyon. Mach unsere Pferde fertig!«
Lassiter pfiff durch die Zähne. Er verkniff sich einen Kommentar. Die unverbesserliche Magena wollte wieder einmal ihren Dickkopf durchsetzen. Sie bekam es fertig und ritt im Cocktailkleid durch die Wüste.
Kurz darauf saßen sie im Sattel.
Leotie sagte: »Habt ihr es schon mitbekommen, dass unser lieber Mr. Paisley ein Auge auf Betsy geworfen hat?«
»Schnee von gestern«, sagte Magena. »Viel wichtiger finde ich, dass sie endlich Chuck Brycemans Komplizen verhaftet haben. Diesen Fourier von der Eisenbahn. Wie heißt er doch gleich?«
»Kelly«, versetzte Lassiter. »Er ist der leibliche Vater von Martin Kelly, dem Rechtsanwalt, der Magena vertritt.«
Magena, die auf Lassiters Schimmel saß, zwang das Tier auf die Hinterhand. Das gequälte Pferd wieherte ohrenbetäubend.
»Wer als Erster am Monument Valley ist!«, jauchzte sie.
Und wie ein Wirbelwind preschte sie davon.
ENDE
In einer Woche erscheint als Band 2087 ein neuer Lassiter-Western von Jack Slade
»Verdammte Aasgeier!« Angewidert sah Lou Prescout zu den beiden Schatten auf, die hoch über ihm am blauen Himmel kreisten. »Macht euch bloß keine Hoffnungen! Der Tag, an dem meine Knochen in der Sonne bleichen, liegt noch in weiter Ferne.«
Angesichts der Gluthölle, durch die er marschierte, fiel ihm das Sprechen schwer. Die Satteltaschen über seiner linken Schulter drückten tief ins Fleisch, seine Waden schmerzten bei jedem Schritt. Erschöpft trank er einen lauwarmen Schluck aus der Feldflasche. Gerade so viel, dass ihm die Zunge nicht mehr am Gaumen klebte. Lou Prescout war fix und fertig, nicht nur körperlich. Wahrscheinlich war das der Grund, wieso er nicht bemerkte, dass die dunklen Schatten am Himmel keine Geier waren, sondern einer weitaus mächtigeren Art angehörten …
Im Schatten der Goldadler
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