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Eine Stadt names Cinnabar

Eine Stadt names Cinnabar

Titel: Eine Stadt names Cinnabar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bryant
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Francies Haar. „ War das nicht ein friedlicher und sanfter Abbau?“
    „Es war ein Zerfall“, sagte Francie und fing an zu weinen. Dumpf klang ihre Stimme aus dem weichen Frotteetuch. „Mein Vater wurde beerdigt, als er hundertdreißig war. Aber gestorben ist er schon lange vorher.“
    Tourmaline küßte Francie sanft. „Denk nicht darüber nach“, sagte sie nochmals, „nicht denken.“
     
    Der Medien-Star Jack Burton wirkt einschüchternd. Er ist über zwei Meter groß und verfügt über ein Muskelgewebe von ausgezeichnetem Tonus, das seiner Größe entspricht. Er macht alle seine Stunts selber. Nur sein flammenrotes Haar ist Betrug. Burton hat Francie und Kandelman in eine Ecke gedrängt. Schwankend schwingt er angetrunkene Reden: „Und da hab ich denen vom Fernsehen gesagt: ‚Verdammt, Jungs’, hab ich gesagt, ‚das ist das beste Script des Jahrhunderts. Es ist dramatisch, es hat Bedeutung, es hat – verflucht noch mal – echten Ernst.’ Und wißt ihr, was diese Saukerle gesagt haben?“
    „Nein“, erwiderte Francie gelangweilt.
    „Mannie!“ schreit Kandelman, „komm mal her!“
    „Sie haben gesagt“, redet Burton weiter, „… haben gesagt … ihr würdet’s nicht glauben, was sie gesagt haben. Diese Schweine.“
    Kandelman stößt mit dem Finger über Burtons Schulter hinweg. „Verflucht, Mannie!“
    „Die Schweine haben gesagt, es würde meinem Image schaden.“
    Francie kichert. „Aber wir lieben Ihr Image, Jack!“
    „Nach all diesem Scheiß-Melodrama. Das hätte was werden können. Ein totaler Wendepunkt für mich – für die Rolle, meine ich. Aber die Medien …“
    Mannie kommt – Burtons Agent, Wächter, Geliebter. Er legt seine manikürte Hand auf Burtons Arm. „Party vorbei, Jack. Zeit zum Heimgehen.“
    Burtons Augen weiten sich mechanisch und starren auf das Paar in der Ecke. Er kümmert sich nicht um Mannie. „Die Realisation, versteht ihr? Alle Zellen im Körper können sich regenerieren. Alles kann sich erneuern. Nur nicht die Gehirnzellen.“
    Mannie faßt fester zu. „Komm, Jack.“
    „Eine Epiphanie: wenn sie sterben, sterben sie. Für immer, verflucht und verdammt.“
    „Vergiß es“, sagt Mannie, „komm jetzt!“
    „Für immer.“ Burtons Kinn fällt herab, sein Gesicht ist entseelt. Er fängt leise zu weinen an. Der kleine untersetzte Mannie führt Jack Burton weg wie ein gekauftes Tier. Sie tauchen in der Menge unter.
    „Cortex“, sagt Francie, „graue Materie.“ Sie sucht die Fachausdrücke aus irgendeiner vagen Erinnerung zusammen und blickt dann erwartungsvoll zu Kandelman auf, des Lobes gewiß.
    „Cerebrum“, sagt Kandelman säuerlich.
    Francie versteht das Spiel nicht richtig. „Was?“
    „Schon gut.“ Spekulierend starrt er auf ihre Brüste. „Komm. Fahren wir los.“
     
     
    Der Pavillon schmilzt in den gedämpften Farben von tausend künstlichen Tropenvögeln. Über dem Gemurmel der Menschen tönt das Schwirren der Flügel. Francie und Kandelman treten zwischen Zwillingssäulen wirbelnder Tauben ins Freie. Federleicht berühren die Schwingen ihre Kleidung.
    Sternig beobachtet sie»Seine Eifersucht sitzt tief eingebettet. Das Paar verschwindet jenseits des Pavillons, Sternig dreht sich wieder zu Tourmaline und seinem allgegenwärtigen Drink um. Er weiß, daß sie ihn ansieht und runzelt abwehrend die Stirn. Ihre Miene verrät nicht, was sie darüber denkt.
    Ja einst … wann war das nur? Oder wann wird es sein? Einst, zusammen …
     
    Sie hatten ein Zimmer genommen, diesmal nicht am Wasser, sondern in einem Gasthof am Rande der Wüste. Francie trug ihren Sonnendreß, schmale gelbe Bänder über ihrem mahagonifarbenen Fleisch, das wie aus nachgedunkeltem Holz war, von schimmerndem Schweiß wie poliert.
    Sie lachte und wollte eine Sanddüne hinunter; unten kam sie auf die Füße. Ihre Haut war leicht mit Sand bestäubt. Sie wischte sich die Körner aus den Augen. „Komm zurück ins Zimmer“, sagte sie, „ich will duschen.“
    Weg von der ermüdenden Hitze, die Leiber gesäubert und eingeölt, liebten sie sich. Francie schrie, schlug um sich, biß, winselte, saugte und kratzte. Endlich, während einer Ruhepause, fragte er sie, ob es schön gewesen sei; und nach langem Zögern erwiderte sie: „Nein, eigentlich nicht.“ Er fragte warum, und sie erwiderte, daß sie nie richtig befriedigt wäre. Er bohrte weiter nach Einzelheiten, Sie versuchte zu erklären.
    Ein Sysiphus-Orgasmus, dachte er laut.
    Sie wollte wissen, was er damit meine,

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