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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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der Stadt selbst wohnen, die Boongs
und die Kunden auf den Stationen nicht gerechnet, etwa vierhundertfünfzig. Die
Bevölkerung hat sich in drei Jahren verdreifacht.»
    «Nur wegen der Werkstatt?» fragte ich.
    «Es wird wohl so sein», versetzte er
langsam. «Genaugenommen ist alles darauf zurückzuführen. Schauen Sie: In der
Eisdiele beschäftigt sie zwei Weiße und ein farbiges Mädchen, im
Schönheitssalon zwei, im Kleidergeschäft drei und zwei in der Obsthandlung,
drei im Kino, also eine ganze Menge!»
    «Ja, können denn die zwanzig Mädchen,
die in der Werkstatt arbeiten und verdienen, alle den andern Verdienst geben?»
zweifelte ich. Und erhielt folgenden Aufschluß: «So ist das nicht aufzufassen.
Neulich haben wir es einmal zusammengerechnet. Sie hat bisher nie mehr als
fünfunddreißig Mädchen gleichzeitig angestellt und beschäftigt. Aber seit sie
damit begonnen hat, sind zweiundvierzig Mädchen aus ihren verschiedenen
Betrieben weggeheiratet worden. Dadurch sind zweiundvierzig Familien
entstanden. Zweiundvierzig Frauen wollen Kino und Schönheitssalon und
Frischgemüse — außer den fünfunddreißig Mädchen, die bei ihr in Stellung sind.»
    Es schien mir wie eine
Schneeball-Lotterie.
    «Und dann die Bank! Die beschäftigt
jetzt auch zwei Mädchen, was früher nicht der Fall war, weil sie jetzt viel
mehr zu tun hat. Die Polizei hat eine Schreibstube mit einer Schreiberin. Bill
Wakeling hat eine Zeichnerin in seinem Büro. Ob Sie’s glauben oder nicht, Mr.
Strachan, wir haben jetzt in Willstown beinahe hundert Frauen und Mädchen unter
fünfundzwanzig Jahren. Und als Joan hierherkam, waren’s zwei.» Er strahlte mich
an.
    «Und dann die Babies! Das wimmelt nur
so. Für die Entbindungen im Spital haben sie jetzt eine Extraschwester — wieder
ein Mädchen mehr! Sie hat sich im letzten Monat mit dem Polizisten Phil Duncan
verlobt, und wenn ihre Nachfolgerin kommt, haben wir noch eine dazu!»
    Ich mußte lachen. «Da habt ihr wohl
bald keine heiratsfähigen Männer mehr?»
    «Meinen Sie? Jetzt fällt es nicht mehr
schwer, Arbeitskräfte nach Willstown zu ziehen! Es melden sich Ringer aus ganz
Queensland, auch aus dem Northern Territory, alle möchten gern nach Willstown.
Einer ist sogar vom Westen aus Marble Bar an die zweitausend Meilen bis
Midhurst gereist. Ja, der Arbeitsmarkt ist heute ganz anders als vor drei
Jahren!»
    Den Kopf voller Gedanken, begab ich
mich an jenem Abend zeitig zu Bett. Am Morgen hatten wir eine Besprechung beim
Anwalt Mr. Hope und richteten an das Queensländische Bodenverwaltungsamt ein
Gesuch um eine gemeinsame Besprechung der Midhurster Pachtverhältnisse.
    Am Nachmittag unternahmen wir eine
Besichtigungsfahrt durch Cairns, die mir ein erfreuliches Bild des tropischen
Städtchens und seiner herrlichen Lage gewährte. Am Sonntag fuhren wir hinaus
ins Tafelland von Atherton, dessen weite, wellenförmige Höhen mich auch in der
Bebauungsweise an die «Downs» im südlichen und südöstlichen England erinnerten.
    Am Montagmorgen stiegen wir in einer
«Dakota» auf, landeten auf dem Wege nach Willstown auf den Flugplätzen von
Georgetown und Croydon; Fluggäste gingen und kamen, und Frachtstücke wurden
aus- und eingeladen.
    Als wir vor der Landung über Georgetown
kreisten, benutzte ich die Gelegenheit, von meinem Fensterplatz aus die Stadt
ins Auge zu fassen. Sie war großzügig angelegt. Ich sah von oben die sich
kreuzenden breiten Straßen, die einstmals von Häusern gesäumt, von lebhaftem
Treiben erfüllt waren, nun aber verödet, grasüberwachsen im Regen lagen. An
einzelnen Schnittpunkten der verwaisten Wege stand da und dort ein Haus. Nur um
das Hotel herum, das wie allerorts als einziges Haus eine erste Etage aufwies,
sah ich mehrere Gebäulichkeiten. Wie Croydon war auch Georgetown eine
verlassene Goldgräberstadt.
    Die Leute, die sich während des
Zwanzig-Minuten-Aufenthalts mit Lastautos dem Flugzeug näherten, waren
durchwegs hochgewachsene, kräftige, sonnengebräunte Menschen, Männer wie Frauen
fröhlich und unbeschwert.
    Als Croydon unseren Blicken entschwand,
sagte Joe, der neben mir saß: «Es freut mich, daß Sie die beiden Orte gesehen
haben. So hat auch Willstown ausgesehen, noch ein bißchen schlimmer. Es ist
auch jetzt noch nichts Großartiges, aber besser als Croydon!»
    Und schon kreisten wir über Willstown.
An einem ziemlich breiten Flusse gelegen, glich es in seinem Grundriß
auffallend den beiden anderen Städten: die gleichen Straßenbreiten,

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