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Eine stuermische Braut

Titel: Eine stuermische Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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in den Armsessel am Fenster zurück und beobachtete ihn eine Weile. Als er sich weiterhin nicht rührte, geschweige denn aufwachte und irgendeine Dummheit beging wie zum Beispiel Aufstehen, erhob sie sich und ging wieder nach unten. Um ihr Abendessen zu beenden und neue, warme Backsteine zu organisieren.
    Drei Stunden später stand Linnet wieder am Bett, hatte die Arme verschränkt und musterte ihren bewusstlosen gefallenen Engel. Im Dämmerlicht der Lampe, die sie auf dem kleinen Tischchen aufgestellt hatte, betrachtete sie sein Gesicht und mühte sich, ihre Besorgnis zu zügeln.
    Sein Teint war nicht einmal schlecht, das Gesicht allerdings auch gebräunt, was sie in die Irre führen konnte. Der Atem ging tief und gleichmäßig, und sein Puls war, als sie ihn vor wenigen Minuten geprüft hatte, kräftig und gleichmäßig gewesen.
    Trotzdem gab es keine Anzeichen, dass er bald aufwachen würde.
    Nach seinem unklugen Ausflug war er wieder in die Bewusstlosigkeit gesunken, vermutlich tiefer als zuvor. Das allein war schon schlimm genug; aber wirklich besorgniserregend war seine immer noch kalte Muskulatur. Selbst die Stellen, die inzwischen aufgewärmt sein sollten, waren eiskalt geblieben.
    Immerhin wusste sie jetzt, dass seine Augen dunkelblau waren. So dunkel, dass sie ursprünglich angenommen hatte, sie seien schwarz; aber dann hatte er ihr direkt in die Augen geschaut, und sie hatte die blauen Flammen in der Dunkelheit bemerkt.
    Nun war er also ihr gefallener Engel mit schwarzem Haar und Mitternachtsaugen - und trotz der vier Backsteine, die sie nochmals ausgetauscht hatten, war er ihrem Empfinden nach immer noch viel zu kalt. In seinen Reaktionen viel zu schwach. Dem Tod viel zu nahe. Und irgendwie wurde sie die Überzeugung nicht los, dass sein Überleben von größter Bedeutung war. Und dass es aus irgendwelchen Gründen an ihr lag, dafür zu sorgen, dass er es schaffte.
    Es war lächerlich. Aber es fühlte sich an, als handelte es sich um eine Prüfung, die Gott ihr geschickt hatte. Schließlich rettete sie ständig Menschen - genau das war ihre Aufgabe; es gehörte zu ihrer Rolle. Würde sie also auch einen gefallenen Engel retten können?
    Sie marschierte auf und ab, wanderte mit finsterem Blick durch das Haus - ihr Haus, ihr Heim - und glitt endlich in einen behaglichen Schlummer. John und Edgar hatten noch im Herrenhaus ausgeholfen; nach dem Dinner saßen sie gewöhnlich noch im Wohnzimmer und plauderten - heute Abend ergingen sie sich in Vermutungen über das Wrack und den Fremden - und zogen sich dann in das Cottage zurück, das sie mit dem Stallmeister Vincent und dem Gärtner Bright bewohnten. Die Köchin Mrs. Pennyweather sowie die Dienstmädchen Molly und Prue schmiegten sich schon längst in ihre Betten im Dienstbotenquartier im Erdgeschoss.
    Muriel und Buttons - Miss Lillian Buttons war die Gouvernante der Kinder - hatten Zimmer im ersten Stock, in dem Flügel, der Linnets großem Schlafzimmer gegenüberlag. Die Kinderzimmer lagen im ausladenden Dachboden, auf beiden Seiten des Spielzimmers als auch des Schulzimmers.
    Da das Herrenhaus auf dem Anwesen die südwestliche Spitze von Guernsey einnahm, bildete Mon Coeur eine kleine, eigenständige Gemeinde, deren Leiterin zweifellos Linnet - Miss Trevission - war. Wirklich, sie wirkte eher wie eine Lehnsherrin, so als würde sie ihre Herrschaft durch Erbrecht ausüben; es war jedenfalls anzunehmen, dass sie mit genau solchen Augen betrachtet wurde.
    Adel verpflichtet, ja, das war es vielleicht. Dieses Gespür der Verantwortung für diejenigen, die ihr anvertraut waren, das musste es wohl sein, was sie antrieb, dafür zu sorgen, dass der Fremde am Leben blieb.
    Später ging Linnet zu ihm und musterte sein Gesicht. Wollte ihn mit ihrem Willen zwingen, mit den Lidern zu flattern, die Augen aufzuschlagen und sie wieder anzuschauen. Sie wollte sehen, wie seine Lippen sich wieder hochzogen, denn das hatten sie schon einmal getan, und zwar auf unglaublich verführerische Weise. Allerdings vermutete sie, dass er zu jenem Zeitpunkt noch im Delirium gelegen hatte.
    Natürlich lag er einfach nur da. Sie legte die Hand auf seine Stirn, ließ sie dann an seinem Hals hinuntergleiten und bestätigte sich, dass er immer noch viel zu kalt war. Er war buchstäblich komatös, und nichts, was sie bisher unternommen hatten, hatte ihn ausreichend gewärmt.
    Sie zog die Hand zurück und stieß den Atem aus. Eigentlich hatte sie vorgehabt, auf dem Tagesbett am Fenster zu

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