Eine stuermische Braut
überstehen.
Logan trat unruhig hin und her und legte die Stirn in Falten. Er gab sich alle Mühe, zögerlich auszusehen, und war dankbar, dass Linnet ihm diese Gelegenheit verschafft hatte. Wer auch immer dieser Mann war, sobald Logan den Brief nach oben gereicht hatte, würde er sofort erkennen, dass es sich nur um einen Lockvogelbrief handelte.
Er wartete. Hoffte, dass der Mann irgendeine Drohung ausstieß, vorzugsweise gegen Linnet, um zu entschuldigen, dass er dieses Dokument aushändigte, obwohl er dafür gekämpft hatte, es über die halbe Welt zu verschiffen.
Aber der Blick des Reiters blieb an ihm haften, er schweifte nicht zurück auf Linnet. Schließlich zog er die Brauen hoch, als würde er sich langweilen.
Wer zum Teufel war dieser Mann? Um Ferrar handelte es sich nicht, aber der Farbe seiner Hände nach zu urteilen war er in Indien gewesen, und zwar vor gar nicht langer Zeit. Die Meuchelmörder unterstanden eindeutig seinem Befehl, was bedeutete, dass er zumindest ein naher Mitstreiter des Sektenoberhaupts war. Umhang, Lederhose, Stiefel und das Pferd waren von ausgezeichneter Qualität; der Reiter trug die Kleidung und ritt das Pferd mit der achtlosen Selbstverständlichkeit eines Menschen, der solchen Luxus seit Langem gewöhnt war.
Logan ließ die Falten auf seiner Stirn noch tiefer werden.
»Wer sind Sie?«
Der Blick des Reiters zeigte einen Hauch Ärger.
»Sie müssen meinen Namen nicht kennen. Sie müssen nicht mehr wissen, als dass ich in diesem Moment und an dieser Stelle die Schwarze Kobra bin.«
»Ferrar ist die Schwarze Kobra.«
»Ach, tatsächlich?« Das Lächeln des Reiters kehrte zurück; der Mann schien aufrichtig amüsiert. »Ich nehme an, dass Sie beizeiten erkennen werden, wie sehr Sie sich irren. Nun, wie auch immer«, seine Stimme wurde härter, genau wie sein Blick, »Sie sollten nicht vergessen, dass ich, ob nun Schwarze Kobra oder nicht, hergekommen bin, um den Brief an mich zu bringen, der versehentlich Ihnen in die Hände gefallen ist.« Sein Blick huschte zu den anderen hinüber, bevor er zu Logan zurückkehrte. »Und ich bin zu einem Tausch bereit - euer Leben gegen den Brief.« Als Logan nicht antwortete, fügte der Reiter spöttisch hinzu: »Ich gebe mein Ehrenwort. Als Gentleman.«
Logan gelang es, nicht zu husten. Überhaupt keine Reaktion zu zeigen. Nicht dass er auf das Angebot vertraute; aber auf ein besseres konnte er nicht hoffen. Keinesfalls konnte man sich auf die Schwarze Kobra verlassen, in welcher Verkleidung auch immer. Und doch ... mit einer langsamen Bewegung zog er den Köcher von der Rückseite seines Gürtels und hielt ihn dem Reiter entgegen, damit der ihn betrachten konnte.
Der Blick des Reiters wurde arrogant.
»Ja. Aber was steckt drinnen?«
Logan ließ sein Schwert an der Seite hinunterhängen, öffnete langsam den Köcher und kippte ihn, sodass der Mann das Pergament im Innern sehen konnte.
Der Reiter seufzte theatralisch und winkte ihn zu sich heran.
»Geben Sie mir den Brief. Ich werde Ihnen doch nicht gegen ein leeres Blatt Papier das Leben schenken. Den Köcher können Sie als Souvenir behalten.«
Innerlich seufzte Logan ebenfalls. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Reiter sie am Leben lassen und seine Meuchelmörder zurückpfeifen würde - niemand von der Schwarzen Kobra, ganz gleich in welchem Rang, wäre so nachsichtig. Aber wenn der Reiter den Köcher an sich genommen hatte und fortgeritten war, hätten sie vielleicht eine Chance, den Kampf zu gewinnen.
Während er in den Köcher griff und das Pergament herauszog, schmiedete er Pläne, heckte seinen Angriff aus, schätzte die ihm am nächsten stehenden Meuchelmörder ein und stellte sich vor, wie ein Kampf wohl anfangen könnte; die erste Minute wäre die entscheidende.
Er zog den Brief heraus und warf ihn dem Meuchelmörder ganz in seiner Nähe zu. Der Mann fing ihn mit der rechten Hand auf und reichte ihn an seinen Herrn weiter.
Logan behielt den leeren Köcher in der Hand. Das Messingende blieb klappernd geöffnet, als er die rechte Hand an seinen Säbel gleiten ließ und das Heft umschloss.
Charles neben ihm rührte sich leicht und wartete ebenfalls gespannt auf das, was nun geschehen würde.
Genau wie von Logan befürchtet, hatte der Reiter das Pergament entrollt. Er hielt es in einem Winkel ins Mondlicht, das hell genug schien, ihm zu versichern, dass es sich um eine Kopie handelte.
Der Reiter vergewisserte sich, dass das verräterische Siegel am Ende fehlte.
Weitere Kostenlose Bücher