Eine stuermische Braut
Jungs anweisen, die Tiere nächste Woche in den Pferch zu treiben. Dort können wir sie ein paar Wochen lang versorgen und sicherstellen, dass sie für die Messe in Höchstform sind.«
Linnet grinste.
»Ja, du kümmerst dich darum.« Sie schloss ihr Notizbuch. »Wenn wir schon mal draußen sind, können wir auch gleich nach den Ziegen sehen«, sagte sie und musterte Logan aufmerksam.
Er zog nur die Brauen hoch und gestikulierte schicksalsergeben in Vincents Richtung. Vincent grinste und trottete gehorsam hinter Linnet her, als sie aus dem Hof und über den Pfad eilte, den die Jungen mit dem Wagen zum Markt gefahren waren.
Logan ging einen Schritt schneller, bis er mit seiner gebieterischen Gastgeberin gleichauf war.
»Wohin führt dieser Weg?«
»Ein Stückchen weiter oben mündet er in die Hauptstraße, die an der Südküste entlangführt und dann nach St. Peter Port abbiegt.« Am Gatter im Zaun blieb sie stehen, schob den Riegel hoch und schritt hindurch.
Er folgte ihr und schloss das Gatter, bevor er ihr nachstapfte. Die Wiese war rauer und felsiger als der Weg. Ein hölzernes Gebäude - eine lange, niedrige, an einer Seite offene Hütte schmiegte sich an einen Abhang; dahinter war eine Baumreihe zu sehen.
»Du züchtest also auch Ziegen?«
»Nein, eigentlich nicht, ich bewirtschafte sie vielmehr.« An einer kleinen Anhöhe blieb sie stehen und deutete auf eine Herde, die in einiger Entfernung graste. »Auf der Insel hat es immer wilde Ziegen gegeben, und es sind noch viele erhalten geblieben. Die meisten Zäune sind nicht hoch genug, um die Tiere einzupferchen. Im Winter kommen sie von den Hügeln herunter. Wir füttern sie und geben ihnen ein Obdach.«
»Sie sind golden.« Logan betrachtete die ungewöhnliche Fellfarbe des größten Teils der kleinen Herde.
»Fast alle gehören zur Rasse der Golden Guernsey.« Linnet hatte ihr Heft wieder hervorgezogen und notierte sich etwas. »Die Farbe kommt und geht. Es hängt davon ab, wie sehr die Zucht sich mit den anderen Ziegen vermischt. Auf der Insel gibt es mehrere Rassen.«
»Bringst du die Ziegen auch auf den Markt?«
»Ja, einige. Unter gewöhnlichen Umständen aber nicht so viele wie Esel, aufs Jahr gesehen. Wir nehmen uns, was wir brauchen, und was auch immer uns als Ausschuss erscheint, geht auf den Markt nach St. Peter Port. Weil wir hier so viele Ziegen haben, ist es so, dass nur in größeren Städten eine echte Nachfrage herrscht.«
Sie schritten eine Reihe noch rauerer Wiesen ab und zählten den Bestand. Auf einem Feld wollte Linnet einen näheren Blick auf einige Zicklein werfen.
Logan blieb zurück und schaute zu, wie sie die Jungtiere zu sich heranlockte. Dann hörte er ein Schnauben, schaute genauer hin und sah, wie ein Bock den Kopf senkte und mit den Hufen auf dem Boden scharrte.
Linnet fiel auf ihren Hintern, als Logan plötzlich neben ihr auftauchte und die Jungtiere erschreckte, sodass sie davonstoben. Dann allerdings bemerkte sie, dass er die rechte Hand um die Hörner des zornigen, buckelnden Bocks geschlossen hatte - der im Begriff gewesen war, sie umzustoßen.
Geräuschvoll atmete sie aus, als Logan das Tier verjagte. Der Bock schnaubte, musterte ihn boshaft und drehte dann ab.
»Danke.« Sie fing Logans Blick auf. »Den hatte ich ganz vergessen.«
Er zog die Stirn kraus.
»Das soll wohl heißen, dass du dich sonst auch immer allein um die Tiere kümmerst.«
»Ja, eigentlich schon.«
»Und was passiert, wenn ein Tier dich niedermäht?«
»Ich stehe wieder auf, streife mir den Dreck ab und versorge die Prellungen später mit Salbe.«
Kopfschüttelnd hielt Logan mit ihr Schritt.
»Wohlerzogene Ladys sollten nicht mit dem Hintern im Ziegendreck landen.«
»Wohlerzogene Ladys sollten auch nicht mit Fremden schlafen.«
Die Bemerkung brachte ihn zum Schweigen. Mit hocherhobenem Haupt ging sie voran zu den Wiesen, auf denen das Milchvieh graste.
Während sie sich zwischen dem Vieh bewegte, sich von dessen gutem Zustand überzeugte und sich die Kälber notierte, die am meisten zu versprechen schienen, stand er abseits und schaute zu.
»Unter den Gebäuden habe ich gar keinen Milchhof gesehen.«
»Das Gebäude liegt gesondert.« Sie gestikulierte in Richtung Norden.
»Auf der anderen Seite des Hügels.«
»Und das gehört alles zu deinem Anwesen?«
Sie nickte, und er fragte weiter.
»Wie viele Menschen sind auf dem Anwesen beschäftigt?«
»Dreiundfünfzig. Außerhalb des Hauses.«
Logan wusste, dass es sich um eine
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