Eine stuermische Braut

der Wache, die sie, wie alle auf Castle Cornet, zumindest vom Anblick her kannten. »Deine Mission erwähne ich nicht.« Mit erhobener Stimme wandte sie sich an die Wache. »Lieutenant Colonel Foxwood?«
    »Ich glaube, in seinem Büro, Miss.«
    »Danke.«
    Sie ließ Logan keine Gelegenheit zum Widerspruch, sondern eilte zielsicher durch die Haupttüren und weiter durch die hallenden Korridore.
    Logan musste verwundert Schritt halten. Denn zu viele andere Menschen hielten sich hier auf, die sie anhalten und fragen könnten, was sie eigentlich vorhatte. Trotzdem ... als er an der Tür am anderen Ende des Korridors zwei Wachen erblickte, ergriff er ihren Arm und verlangsamte ihren Schritt. »Du darfst niemandem von meinem Rang erzählen«, flüsterte er ihr zu, »ich bin nichts anderes als ein Freund der Familie, der aushilft, eine Passage nach Plymouth zu arrangieren.«
    Sie warf ihm einen ihrer hochmütigen Blicke zu, erwiderte aber nichts, und als sie sich der bewachten Tür näherten, ließ er sie los.
    Lächelnd blieb Linnet vor den Wachen stehen.
    »Bitte erkundigen Sie sich, ob Lieutenant Colonel ein paar Minuten für mich erübrigen kann.«
    Die ältere Wache nickte mit einem knappen Salut, klopfte an die vertäfelte Tür, öffnete und schaute hinein.
    »Sir, Miss Trevission möchte Sie sehen, wenn Sie einen Augenblick erübrigen könnten.«
    Logan stand hinter Linnet.
    »Miss Trevission?«, hörte er von drinnen, »Ja, Mann, natürlich ... bringen Sie sie herein.«
    »Du kannst hier warten, wenn du möchtest.«
    Logan warf einen Blick in Linnets grüne Augen.
    »Nicht die geringste Chance.«
    Sie nickte.
    »Gut. Aber du solltest mich das Gespräch führen lassen.« Und zur Wache: »Er gehört zu mir.«
    Pflichtbewusst hielt die Wache ihnen die Tür auf. Nach Linnet trat Logan ein, ließ den Blick rasch durch den Raum schweifen und konzentrierte sich auf die zwei Männer darin.
    Der ältere, angesichts der Auszeichnungen auf seiner Uniform musste es Foxwood sein, saß hinter einem massiven, außerordentlich unaufgeräumten Tisch und sprang freundlich auf. Sofort erkannte Logan in ihm einen Soldaten, der dort seine letzten Berufsjahre verbringen sollte. Bei dem zweiten Mann, der seitlich am Schreibtisch stand, handelte es sich um einen jugendlichen Captain, eindeutig Foxwoods Gehilfe, der den Blick mit unverhohlener Anerkennung begierig auf Linnet gerichtet hatte.
    Linnet blieb vor dem Schreibtisch stehen. Grimmig bezog Logan an ihrer Schulter Stellung, genau zwischen ihr und dem übereifrigen Captain. Was zum Teufel hatte sie hier zu suchen?
    Linnet nickte liebenswürdig und streckte die Hand aus.
    »Guten Tag, Foxwood.« Den Captain beachtete sie nicht.
    Strahlend streckte Foxwood beide Hände über den Tisch aus und ergriff ihre.
    »Wie immer erfreut, meine Liebe. Bitte, nehmen Sie doch Platz.«
    Foxwood warf Logan einen fragenden Blick zu, aber er erinnerte sich an Linnets Gebot und antwortete nicht.
    Ebenso wenig wie sie.
    »Nein, vielen Dank. Ich bin nur vorbeigekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass die Esperance morgen früh nach Plymouth ausläuft. Es ist eine schnelle Rundreise, Fracht ist auszuliefern und möglicherweise auch zurückzubringen. Es könnte ein paar Tage dauern, bis sie zurückkehrt.«
    »Tatsächlich, meine Liebe? Ich hatte angenommen, dass das Wetter ...« Lächelnd brach Foxwood ab. »Aber davon verstehen Sie mehr als ich. Ich wünsche Ihnen also eine gute Reise. Möge Gott mit Ihnen sein!«
    Linnet senkte den Kopf und verabschiedete sich abrupt - dem bewunderungsvollen jungen Captain schenkte sie immer noch keine Beachtung -, drehte sich um und marschierte wieder hinaus. Logan folgte irritiert und mit einem freundlichen Nicken in Foxwoods Richtung.
    Er wartete mit seiner Frage, bis sie das Schloss wieder verlassen hatten.
    »Was war das denn?«
    »Ein Austausch von Höflichkeiten.«
    Er hielt kurz inne.
    »Was ist es nur, was mir an der Sache merkwürdig vorkommt?«
    Sie warf ihm einen Seitenblick zu.
    »Du musst nach Plymouth gelangen. Ich sorge dafür, dass du es schaffst. Mach mir bloß keinen Ärger.«
    In ihm wuchs die grimmige Überzeugung, dass ihm nicht alle wichtigen Fakten zur Sache bekannt waren, ohne erraten zu können, was genau er nicht wusste. Er folgte ihr zurück in das Büro, wo er sich die großen Beutel schnappte und Dodds sie auf den neuesten Stand brachte, was die Fracht nach Plymouth und wieder zurück betraf. Anschließend gingen sie wieder hinaus auf den Kai.