Eine stuermische Braut
Diesmal wandte Linnet sich nach links.
Mit den Beuteln in der Hand folgte er. Als er ihren Beutel angehoben hatte, hatte er wieder irgendetwas gespürt, was sich wie eine Stichwaffe in einer Scheide angefühlt hatte; denn das war ein Gegenstand, der ihm so vertraut war, dass seine Sinne ihn sofort identifiziert hatten. Hätte der Beutel einer anderen Frau als Linnet gehört, hätte er den Gedanken auf Anhieb als unsinnig verworfen und sich gefragt, was ihm wohl den Verstand vernebelt hatte ... nur dass es sich hier um Linnet handelte und dass er nicht glaubte, dass sein Verstand vernebelt war.
Den Blick hatte er auf ihren Rücken gerichtet, als er über eine unschuldige Möglichkeit nachdachte, seine Frage zu formulieren - Worte, die nicht zum Ergebnis haben würden, dass sie ihm kurz und knapp mitteilte, es ginge ihn gar nichts an, was sie mit sich führte -, als er mit dem Fuß gegen eine dicke Holzplanke am Kai stieß.
Er schaute sich um und betrachtete die Schiffe, von denen die meisten draußen im Hafen ankerten. Und er suchte nach dem Schiff auf dem Bild. Allerdings gab es zahlreiche Dreimastbarken, und das Schiff auf dem Bild war aus zu großer Entfernung gemalt worden, um Einzelheiten erkennen zu können.
Linnet marschierte weiter. Gerade wollte er sie bitten, ihr die Esperance zu zeigen, als zwei Matrosen, die sich an ein Schiff lehnten, sie anhielten - nicht als Miss Trevission, sondern als wäre sie jemand anders als nur eine Trevission. Die auffrischende Brise trug ihre Worte fort, sodass Logan nicht verstand, welche Anrede sie benutzt hatten. Aber Linnet lächelte und hob die Hand, marschierte weiter, bog abrupt nach links ein und ging an einem Pier entlang, an dem mehrere große Schiffe vor Anker lagen.
Am Pier herrschte rege Geschäftigkeit. Matrosen und Hilfskräfte be- und entluden Schiffe. Mehrere Matrosen winkten, als sie Linnet sahen, aber niemand hielt sie auf. Logan stellte fest, dass sie es auf das letzte Schiff in der Reihe abgesehen hatte. Er richtete den Blick nach vorn und entdeckte eine schlanke, zweifellos schnelle Dreimastbark, die nach der Geschäftigkeit an Deck zu urteilen erst wenige Minuten zuvor eingelaufen war.
Und tatsächlich, als sie den einigermaßen freien Platz an der Seite der schlanken Barke betraten, las er den Namen vorn am Bug: Es war die Esperance.
Er wusste, was der Name zu bedeuten hatte: Hoffnung oder Erwartung im Französischen, was Grundlage des Dialekts war, der auf Guernsey gesprochen wurde. Linnet marschierte geradewegs auf den Landungssteg. Wie üblich folgte er ihr und vertraute darauf, dass sie ihn sicher führen würde, während er den Anblick des Schiffes in sich aufnahm.
Das Schiff war eine Schönheit, genau wie seine Besitzerin.
Nicht neu - all das Gebälk hatte die glänzende Patina liebevoll gepflegter Eiche angenommen - aber doch eindeutig auf Kraft und Geschwindigkeit ausgelegt. Mit kürzeren und besser geformten Linien als die anderen Barken um sie herum lag sie leicht im Wasser, schwankte würdevoll auf den Wellen im Hafen und war wie eine Prinzessin inmitten einer Ansammlung von Bürgern.
Genau wie ihre Besitzerin.
Linnet schwang sich auf den Steg und kletterte rasch hinauf, wobei sie nicht einmal das Seilgeländer beachtete. Logan schloss den Abstand zwischen ihnen und befand sich direkt hinter ihr, als sie, ohne auf Hilfe zu warten, lässig an Deck sprang.
»Ahoi, Captain!« Ein großer Matrose ließ die Leiter vom Heck hinunterrasseln und stieß einen fröhlichen Gruß aus.
Einen Moment erstarrte Logan völlig. Dann trat er langsam aufs Deck, drehte sich um und starrte Linnet an.
Die ihm keinerlei Beachtung schenkte, sondern den Gruß erwiderte.
»Guten Tag, Mr. Griffiths.«
»Ja, in der Tat, wir haben einen guten Tag, wenn es stimmt, was ich gehört habe, Ma’am.« Griffiths blieb vor ihr stehen und strahlte so sehr, dass er beinahe platzte. »Willkommen an Bord, Ma’am. Edgar und John sind offenbar der Meinung, dass wir in Kürze auslaufen sollen.«
9
Mit wachsendem Entsetzen starrte Logan auf Linnet, die hingegen Griffiths angrinste.
»Ja, wir laufen bald aus.« Sie deutete auf Logan. »Major Monteith muss dringend nach Plymouth gelangen. Ich habe mich bereit erklärt, ihn dorthin zu bringen.«
Sie marschierte los in Richtung der Luke am Heck; Griffiths schloss sich ihr an. Logan folgte, hatte aber immer noch Mühe, alles zu begreifen. Vielmehr fühlte er sich so, als habe man ihm gerade zum zweiten Mal den Schädel
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