Eine Stuermische Nacht
Hauptmitstreiter in deinem … Unternehmen – und sie werden sich dann wieder um die anderen kümmern müssen.« Er sah Jeb an.
»Ich hätte mir nicht diesen Moment ausgesucht, um es anzusprechen, aber ich möchte die Joslyn-Jacht ersetzen. Sie ist … äh, verschwunden. Da ich vom Segeln herzlich wenig Ahnung habe, brauche ich einen vertrauenswürdigen Kapitän und eine kleine Mannschaft, Männer seiner Wahl. Die Heuer wird gerecht und großzügig sein. Kennen Sie vielleicht jemanden, der daran interessiert wäre?«
Jeb nickte und rieb sich das Kinn.
»Ich denke, ich würde ein paar Matrosen finden können, die dafür infrage kämen. Johnny Fuller ist mein Erster Maat – es wäre gut, wenn man ihn dabei hätte.« Er grinste.
»Und ich kenne zufällig auch genau den Richtigen für den Posten des Kapitäns.«
»Das dachte ich mir schon«, sagte Barnaby und blickte ihn belustigt an.
Emily wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. So mühelos hatte Barnaby Jeb ihr abspenstig gemacht und auf seine Seite gezogen. Sie versuchte, so etwas wie Groll wegen Jebs Verrat aufzubringen, aber das konnte sie nicht. Jeb war im Grunde genommen kein Schmuggler – das war keiner von ihnen. Die Umstände hatten sie dazu gezwungen, sich am Schmuggel zu beteiligen, und sie gestand sich ein, dass sie nicht traurig sein würde, wenn es zu Ende war. Zweifellos, überlegte sie nicht ohne Selbstironie, hatte Barnaby bereits Pläne für Mrs Gilbert und die anderen Investoren.
Zu Jeb sagte sie:
»Heute Nacht können wir nichts mehr unternehmen. Walker wird hier Schlafplätze für euch finden. Morgen früh seid ihr dann wieder weg, ehe Jeffery oder sein Kammerdiener über euch stolpern könnten.«
Jeb schüttelte den Kopf.
»Das wird nicht nötig sein. Wir gehen zur Krone zurück, nur für den Fall, dass Will und seine Leute beschließen, heute Nacht noch mehr Schaden anzurichten. Ich habe Ford und Fuller und ein paar andere bei Mrs Gilbert zurückgelassen, damit sie Augen und Ohren offenhalten, aber Caleb und ich müssen dort sein, falls es zu einem Kampf kommt.«
»Glaubst du, es wird so weit kommen?«, fragte Emily besorgt.
»Nein. Will und seine Jungs haben bekommen, was sie wollten, und uns dabei auch noch eine Tracht Prügel verpasst. Ich vermute, sie kommen nur dann zur Krone , wenn wir ihre Warnung missachten und den Schmuggel weiter betreiben. Aber ich möchte mich nicht wieder irren.«
Ihr erster Schreck und das Entsetzen über die Vorfälle dieser Nacht verblassten allmählich, aber Emily war dennoch verwirrt. Das alles hätte sie genauso gut auch morgen früh erst hören können, also warum war Jeb um diese Stunde hier?
Beinahe, als könnte er ihre Gedanken lesen, sagte Jeb:
»Ich nehme an, Sie wundern sich, was so wichtig ist, dass ich Sie heute Nacht sehen musste.« Auf Emilys Nicken hin blickte er sie listig an und fügte hinzu:
»Nun, die Antwort auf diese Frage sitzt dort hinten am anderen Ende des Tisches.«
Nahezu gleichzeitig drehten Emily und Barnaby sich um und schauten zum Tischende. Der Fischer, ein Fremder für sie, kauerte nicht mehr da, den Kopf auf der Tischplatte, sondern saß nun halbwegs aufrecht auf seinem Stuhl, das Kinn auf der Brust. Die grobe Seemannskluft hing lose an seinem hochgewachsenen Körper, und er war sehr dünn, fast abgemagert, sodass die Knochen an seinen Handgelenken hervorstachen. Dichtes schwarzes Haar umrahmte sein Gesicht und fiel ihm in einer Welle in die Stirn, verdeckte beinahe seine Augen; seine Haut war blass, aber ob das natürlich war oder auf eine Krankheit zurückzuführen, konnte Emily nicht sagen. Er wirkte, entschied sie, wie ein Mann, der um Haaresbreite dem Tod entronnen war.
Barnaby versteifte sich, konnte seinen Augen kaum glauben. Nach einem Moment verblüfften Schweigens lief er zum anderen Tischende und rief:
» Lucien!« Lucs Zustand entsetzte ihn; behutsam berührte er seinen Halbbruder an der hageren Schulter.
»Was, zur Hölle, ist denn mit dir geschehen?«
Lucien regte sich und hob mit einiger Anstrengung den Kopf. Dumpfe blaue Augen sahen Barnaby an.
»Ich habe einmal zu oft mit dem Tod Hasard gespielt, aber dank deines Freundes Jeb hier bin ich hier. Er hat mich aus Frankreich herausgeschafft.«
»Er war so gut wie tot, als ich ihn gefunden habe«, erklärte Jeb leise.
»Und das war es, was für unsere Verzögerung verantwortlich war. Miss Emily hatte mich gebeten, zu sehen, was ich über Ihren Bruder herausfinden konnte, solange ich in
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