Eine Stuermische Nacht
sich Barnaby vorsichtig auf den Boden. Die Beine ausgestreckt, im Rücken einen Baumstamm und ab und zu einen Schluck Brandy, der ihm den Magen wärmte, ging er im Geiste die Ereignisse noch einmal durch. Ganz eindeutig hatte jemand versucht, ihn umzubringen. Jemand hatte ein Seil über die Abkürzung zwischen Windmere und The Birches gespannt – eine Strecke, von der bekannt war, dass er sie jeden Morgen ritt. Und jemand hatte sich in den Büschen und Bäumen versteckt, die entlang dieses Wegstücks wuchsen, und gewartet, um zu sehen, ob er dieses Mal Erfolg gehabt hatte. Als der Sturz ihn nicht getötet hatte, hatte dieser Jemand sein Versteck verlassen und ihn auf den Kopf geschlagen, in der Hoffnung, dass ihm das den Rest geben würde.
Er berührte die Wunde erneut; als er seine Finger betrachtete, waren sie blutig. Vorsichtig lehnte er den Kopf gegen den Baum hinter sich und gönnte sich einen weiteren Schluck Brandy und entschied, dass er diese Anschläge allmählich satt hatte. Und, wichtiger noch, sein Glück würde ihn irgendwann im Stich lassen – was hieß, dass er besser schnell aufdeckte, wer hinter den Anschlägen stand, um einen weiteren, am Ende erfolgreichen zu verhindern.
Das Wissen, dass es keinen Zweifel mehr daran gab, dass die Zwischenfälle tatsächlich keine Unfälle gewesen waren, war hilfreich. Jemand versuchte, ihn umzubringen.
Das Geräusch eines sich rasch nähernden Gefährts entlockte ihm ein Lächeln. Er würde jede Wette abschließen, dass Emily den Wagen lenkte und dass sie unverzüglich zu seiner Rettung geeilt war.
Und er sollte recht behalten. Einen Augenblick später kam ein Pferd, das ein Gig zog, über die Anhöhe geprescht und auf ihn zu.
Emily riss an den Zügeln, sodass das Tier jäh stehen blieb, dann sprang sie aus dem Wagen. Tom, der junge Lakai, folgte ihr, einen kleinen Koffer in der Hand. Die grauen Augen voller Sorge, sank sie mit raschelnden Röcken neben ihm auf den Boden. Tom stand hinter ihr.
Behutsam betastete sie die aufgeplatzte Haut auf seiner Stirn.
»Was ist geschehen?«, fragte sie knapp.
»Alles, was Loren erzählen wollte, ist, dass du vom Pferd gestürzt bist.«
Toms Anwesenheit hinderte Barnaby daran, ihr die Wahrheit zu sagen, aber er war sich auch nicht so sicher, ob er es getan hätte, wenn sie beide allein gewesen wären. Er hatte noch keine Zeit gehabt, alles ganz in Ruhe zu überdenken, aber er sah auch keinen Grund, Emily grundlos zu beunruhigen. Lamb und Luc konnte er alles erzählen, aber es war ihm lieber, wenn er Emily noch eine Weile im Dunkeln lassen konnte.
Mit einem kleinen Lächeln erklärte er:
»Loren hat recht, und es ist alles meine Schuld. Satan ist kein einfaches Pferd, und ich fürchte, ich war mit meinen Gedanken nicht bei der Sache … sondern bei dir, um genau zu sein. Jedenfalls habe ich nicht aufgepasst, sodass sich unsere Wege sozusagen getrennt haben.« Sein Lächeln verblasste.
»Loren sagt, dass Satan sich außer den Schnitten auf seinen Vorderbeinen und dem Knie nur das Gelenk verstaucht hat; es ist nichts gebrochen. Es tut mir leid, dass er verletzt ist.«
Emily betrachtete ihn misstrauisch, und er vermutete fast, sie wusste, dass er ihr nicht die reine Wahrheit auftischte, aber sie rümpfte nur die Nase und untersuchte ihn gründlicher. Sie entschied, dass das Säubern der Wunde warten konnte, bis sie auf The Birches waren.
»Tom«, teilte sie dem Lakaien mit, »wir brauchen die Sachen aus dem Koffer nicht. Stell ihn zurück und hilf mir dann, Seine Lordschaft in das Gig zu schaffen.«
Barnaby war schwindelig, als er schließlich in dem Gefährt saß, aber er hatte sich weder übergeben müssen, noch hatte er das Bewusstsein verloren. Sein Kopf schmerzte wie verrückt, aber es war nichts im Vergleich zu den Schmerzen, unter denen er gelitten hatte, nachdem er angeschossen worden war – oder beinahe ertrunken wäre. Das nächste Mal, wenn Lamb ihn einen dickschädeligen Narren nannte, überlegte er amüsiert, würde er ihn daran erinnern, dass er nur dank dieses dicken Schädels noch am Leben war.
Emily sah die Flasche, die er immer noch in der Hand hielt, nahm sie ihm ab und sagte:
»Ich denke, davon hast du genug gehabt.« Damit warf sie das Gefäß auf den Kutschenboden, schaute zu Tom und trug ihm auf:
»Du kannst genauso gut dem Pferd den Sattel abnehmen; wir können ihn im Gig mitnehmen.« Nachdem das erledigt war, fuhr Emily mit Barnaby voraus, und Tom führte Satan am Zügel in einem Tempo,
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