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Eine Sünde zuviel

Eine Sünde zuviel

Titel: Eine Sünde zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Nerven verloren. Wer aber hat die weiße Tasche in den Sessel gelegt? Wo kommt sie plötzlich her? Wem gehörten die tapsenden Schritte, die Luise gehört hatte?!
    Wer hatte ihm diese Falle gestellt …?
    Das war es nämlich, was ihm plötzlich völlig klar wurde: Die Tasche in dem Sessel war eine Falle gewesen! Jemand hatte sie dorthin gelegt, der seine Reaktion beobachten wollte. Wer aber? Wer? Luise war blind, und sonst war niemand im Haus gewesen. Davon hatte er sich selbst überzeugt. Aber unten auf der Straße? Hatte jemand auf sein Wegfahren gewartet und war ihm nachgefahren?
    In Dahlmann stieg heiße Angst hoch. Er rannte aus der Waldhütte und blieb zwischen den Stämmen stehen. Er bemerkte keinen zweiten Wagen, hörte keinen Motor, keine Schritte, kein Knacken von Ästen oder das Rascheln von Laub. Und doch war er beobachtet worden, dessen war er sich jetzt sicher. Ebenso klar war er sich darüber, daß er nicht mehr nach Hause konnte, bis die Leiche Monikas im Sumpf versenkt war. Dann war es gleichgültig, wenn sie die Hütte fanden und durchsuchten. Es gab keine Spuren mehr. Auch einen Grund hatte Dahlmann anzugeben, warum er die Hütte von Dr. Forster übernommen hatte. Auch die Polizei würde verstehen, wenn er mit einem Zwinkern der Augen antworten würde: »Ich liebe die Waldeinsamkeit … ich habe sie für meine Freizeit und zur Erholung gemietet …«
    Dahlmann rauchte hastig eine Zigarette und ging zur Hütte zurück. Es scheint doch einen perfekten Tod zu geben, dachte er. Ich habe nie daran gedacht, es zu demonstrieren … aber es scheint so, als müßte ich es tun …
    Die ganze Nacht über saß er am Tisch und studierte beim Schein der Petroleumlampe die Karte von Norddeutschland, die er im Handschuhfach seines Wagens liegen hatte. Es waren viele Moore nördlich von Hannover, aber eines schien ihm besonders unbewohnt zu sein. Es war eine Gegend zwischen Scheeßel, Hetzwege und Mulmshorn … ein vierzehn Kilometer langer Streifen Moor, durchzogen von einigen Kanälen, Wasserrinnen nur, ein Flecken Einsamkeit mitten unter Menschen.
    Er maß die Strecke aus, er suchte die besten Anfahrtswege. In drei Stunden kann man am Ziel sein, dachte er. Um ein Uhr nachts fahre ich hier weg … morgens um vier wird das Moor die einsamste Gegend der Welt sein, und um sieben werden selbst die Spuren des Autos verwischt sein.
    Eine Perfektion vom Verschwinden eines Menschen, die so einfach war, daß sich Dahlmann wunderte, warum noch niemand auf diesen Gedanken gekommen war.
    Kurz vor ein Uhr nachts begann der letzte, für Dahlmann schwierigste Teil: Er mußte den starren Körper Monikas wieder in die Decke rollen und sie zum Wagen tragen. Noch einmal sah er sie an, und sein Herz stockte bei der Erinnerung, wie glühend diese blassen Lippen hatten einmal küssen können, wie warm der schöne Körper gewesen war, wie anschmiegsam, wie voller Lebensgenuß. Dann schlug er die Decke über das Gesicht, verschnürte das Bündel wieder und trug es ächzend hinaus. Sie schien ihm jetzt schwerer als vorher zu sein … das Rätsel, warum Tote schwerer sind als Lebende, beschäftigte auch ihn. Mit Mühe – weil er die Beine nicht anwinkeln und das ›Paket‹ nicht knicken konnte – brachte er sie auf den Rücksitzen unter und schlug die Tür zu.
    Über eine halbe Stunde verwandte er darauf, alle Spuren zu verwischen. Als er die Hütte abschloß, war sie wieder so, wie er sie übernommen hatte.
    Es war nicht mehr nachweisbar, daß in den letzten Tagen ein Mensch hier gewesen war. Es würde nie nachweisbar sein, daß in dem Bett eine Tote gelegen hatte.
    Das wußte nur Gott … und ihn konnte man nicht fragen.

*
    Niemand sah den Wagen, der gegen vier Uhr morgens über den schmalen festen Weg holperte, auf dem sonst die Moorkarren fahren. Niemand sah auch den Mann, der mit einer Deckenrolle über dem Rücken den festen Weg verließ und den Spuren der hochrädrigen, leichten Wägelchen nachging, die bis an die Grenze des begehbaren Bodens rollen.
    Auch Dahlmann tastete sich mit seiner Last so weit in das Moor hinein, bis er spürte, wie der Boden unter ihm schwankte und schwebte und das Moorwasser ihm oben in die Schuhe lief. Da blieb er stehen und ließ die Deckenrolle von der Schulter rutschen.
    Über dem Moor lag Nebel in dünnen, schwebenden, wie aus weißgrauer Seide gesponnenen Schleiern. Einzelne Schwaden zogen träge auf ihn zu, überwehten ihn und trugen den Geruch von Fäulnis und nasser Erde weiter ins

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