Eine Sündige Nacht
Griff.
Caroline ließ sich nicht provozieren. Ruhig antwortete sie ihm. »Natürlich nicht, Roscoe. Du weißt, dass ich hier bei dir sein möchte.«
Er lachte wie ein Wahnsinniger. »Damit du es als Erste mitbekommst, wenn ich tot bin? Damit du sofort weißt, wann du von mir befreit bist?«
Sie zuckte zusammen, als ob er sie auf den Kopf geschlagen hatte. »Warum sagst du nur solche schrecklichen Sachen? Glaubst du wirklich, ich möchte, dass du stirbst? Habe ich dich nicht schon lange, bevor du zugestimmt hast, immer wieder gedrängt, den Arzt aufzusuchen? Ich habe dir noch nie Grund gegeben, an meiner Zuneigung zu dir zu zweifeln.«
»Bloß, weil du keine Gelegenheit dazu hattest.« Seine Augen glitten zu Rink, der am Fuß des Bettes stand und dessen Gefühle nicht zu erkennen waren, weil sein Gesicht im Schatten verborgen war.
»W-was meinst du damit?«, stammelte Caroline, und Roscoe sah wieder sie an.
»Ich meine, dass jetzt, da der Mann, den du wirklich wolltest, unter demselben Dach lebt wie du, du vielleicht in die Versuchung kommen könntest, diese Zuneigung zu deinem Ehemann, auf die du dich berufst, zu vergessen.«
Ihr stockte der Atem. Sie starrte sprachlos auf ihren Ehemann. Das hinterhältige Grinsen lag ihm noch immer auf den Lippen. Seine Augen glühten wie Höllenlichter.
»Sprichst du über Rink?«, fragte sie.
»Rink?«, wiederholte er und ahmte sie nach. »Rink, Rink . Ja, Herrgott noch mal! Natürlich meine ich Rink.«
Sie fuhr mit der Zunge über ihre Lippen, um sie zu befeuchten. »Aber Rink und ich … wir haben niemals … wir sind uns vorher nicht …«
»Lüg mich nicht an.« Er schaffte es in eine sitzende Position und fauchte sie an wie ein angsteinflößender Dämon, der durch Plastikschläuche an sein Bett gefesselt war. »Spiel mir nichts vor, kleines Mädchen. Ich weiß alles über Rink und dich.«
Caroline wich von ihm zurück, zog dabei ihre Schultern nach vorne und legte ihre Arme schützend um ihren Oberkörper. Verzweifelt suchten ihre Augen die von Rink. Er hatte sich nicht bewegt. Er stand noch immer steif am Ende des Bettes, in dem sein Vater langsam starb, und in seinen Augen glühte Hass. Er brach als Erster das entsetzliche Schweigen.
»In der Nacht, in der du mir sagtest, dass Marilee schwanger war, wusstest du schon über Caroline Bescheid, richtig?«
Roscoe fiel auf seine Kissen zurück. Wenn er atmete, klang es, als ob Papier raschelte. Körperlich hatte es ihn eine Menge gekostet, seine triumphale Botschaft herauszuschreien, aber sein Gesicht zeigte eine selbstgefällige Zufriedenheit, als er seine bösartigen Augen auf seinen Sohn richtete.
Er lachte. »Ich wusste es. Alles.« Er lächelte spöttisch. »Du hättest wissen müssen, dass du dich nicht jeden Tag in den Wald verdrücken konntest, ohne dass ich neugierig werden würde. Ich hatte mich gefragt, was für einen Blödsinn du wohl aushecken würdest. Also habe ich einen meiner Lakaien hinter dir her geschickt und habe mit Interesse seinem
Bericht gelauscht. Du hast dich jeden Tag mit einem Flittchen am Fluss getroffen.«
Carolines heulte auf. Roscoe sah nicht einmal in ihre Richtung. Sein Kampf galt seinem Sohn, so war es immer gewesen. Sie hatte ihm nur dabei geholfen, ohne es zu wissen.
»Das Mädchen, für das du dich weggeschlichen hattest, war erst ein Kind, sagte der Mann, aber so saftig wie ein reifer Pfirsich.« Roscoe leckte sich die Lippen. Caroline schloss die Lippen und versuchte, gegen ihre Übelkeit anzukämpfen. Rink wippte kaum wahrnehmbar vor und zurück und bemühte sich nach Kräften, die Wut, die ihn beinahe entzweiriss, unter Kontrolle zu bekommen. »Wir mussten furchtbar lachen, als wir herausfanden, dass dein Püppchen die Tochter vom alten Pete Dawson war.« Er zwinkerte Rink zu. »Aber ich konnte nicht anders, als dein starkes Verlangen nach ihr zu bewundern. Du wärst wegen ihr im Gefängnis gelandet, dennoch warst du bereit, das Risiko einzugehen.«
»Komm schon, erzähl weiter«, zischte Rink. »Du wusstest, dass Marilees Baby nicht meines war, oder?«
»Ich dachte, es könnte genauso deines sein wie das eines anderen, und du konntest nichts anderes beweisen. Jeder in der Stadt wusste, dass sie es nicht so genau nahm, mit wem sie ins Bett stieg.«
»Es war gar nicht dein Kind?«
Rinks Kopf fuhr herum, und er sah Caroline direkt in die Augen. Ihre Stimme war gebrochen, einerseits vor Ungläubigkeit, andererseits war da noch etwas. Freude? Ihre Augen schwammen
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