Eine süße Versuchung für Marcy
hatte. Die Tür zu seinem Zimmer war jedoch geöffnet, und eine Lampe brannte. Er trat über die Schwelle. Die Tagesdecke lag zusammengefaltet am Fußende des Bettes. Auch für ihn hatte sie nur ein dünnes Laken herausgesucht. Trotz der Klimaanlage war es sehr warm im Haus.
Auf seinem Kopfkissen lag ebenfalls ein Stück Pfefferminzschokolode.
Offenbar nahm sie es ihm nicht übel, dass er ihr Vorwürfe wegen des Fensterriegels gemacht hatte. Sonst hätte sie es ihm wohl kaum so angenehm wie möglich gemacht.
Er holte Shorts und ein T-Shirt aus seinem Koffer und schlüpfte ins Bett. Das Laken fühlte sich frisch und kühl an und roch genauso gut wie das ganze Zimmer. Sein ganzes Leben lang hatte er Putzfrauen gehabt, aber sie hatten eben nur … geputzt.
Marcy Monroe dagegen hatte ihm bereits ein gemütliches Heim hergerichtet.
3. KAPITEL
Marcy schreckte aus dem Schlaf hoch, als es klingelte und jemand gegen die Tür hämmerte. Sie schlug die Decke zurück, schaute aufs Handy, um zu sehen, wie spät es war – halb vier Uhr früh –, und zog ihren Morgenmantel an, während sie aus dem Zimmer lief.
Vom Treppenabsatz aus sah sie, wie Eric die Tür öffnete. Zwei uniformierte Beamte standen vor ihm. Sie hatten Dylan in die Mitte genommen, der ihn feindselig musterte.
„Wir haben ihn geschnappt, als er aus einem Fenster geklettert ist“, erklärte einer der Polizisten. „Eine Nachbarin hat den Einbruch gemeldet. Das hier hatte er in der Hand.“ Er hielt die Plastikschüssel mit Marcys Keksen hoch. „Er behauptet, Sie zu kennen.“
„Das stimmt.“ Eric verschränkte die Arme und sah den Jungen streng an.
„Wollen Sie Anzeige erstatten?“, fragte der Polizist.
„Das weiß ich noch nicht. Will ich dich anzeigen, Dylan?“
Die Feindseligkeit des Jungen wich nackter Angst. Jetzt sah er sogar noch jünger aus. „Es sind doch nur Kekse“, murmelte er.
„Und ein Einbruchsdiebstahl“, ergänzte Eric.
„Das Fenster war nicht verschlossen.“ Jetzt klang er wieder ein bisschen vorwitzig.
Hätte Eric Marcy mit diesem vernichtenden Blick bedacht, hätte sie gezittert wie Espenlaub.
Doch Dylan starrte ungerührt zurück. Immerhin wich die Feindseligkeit aus seiner Miene. Er richtete sich auf und erwartete den Urteilsspruch.
„Also, Anzeige?“ Der Polizist wurde allmählich ungeduldig.
„Nein. Lassen Sie ihn laufen.“ Eric wollte die Tür schließen.
„Warten Sie. Geben Sie ihm die Kekse zurück“, bat Dylan den Polizisten. „Es tut mir leid.“
Der Officer reichte ihm die Dose und verschwand mit seinem Kollegen.
Eric folgte ihnen und unterhielt sich kurz mit ihnen. Als er zurückkam, baute er sich vor Dylan auf. „Hast du mir etwas zu sagen?“
„Ich weiß, dass es blöd war.“ Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
„Glaubst du?“
Dylan druckste herum. „Ich bin es nicht gewohnt, dass jemand nett zu mir ist“, erwiderte er schließlich.
„Komm mir nicht mit diesem Scheiß.“
Marcy war schockiert. Dylan schien es wirklich leidzutun.
„Bei mir zieht die Masche nicht. Es gibt überhaupt keinen Grund, dass jemand in deinem Alter kein Dach überm Kopf hat – bei all den Einrichtungen, die es hier gibt. Es war allein deine Entscheidung. Ich weiß nicht, ob du auf der Flucht bist oder dich vor irgendjemandem versteckst. Aber bestimmt waren auch schon andere Leute nett zu dir.“ Eric beugte sich zu ihm. „Du kennst doch den Spruch ‚Drei Verstöße, und du bist dran‘?“
Dylan nickte.
„Einen hast du noch frei. Gute Nacht.“ Er schlug dem Jungen die Tür vor der Nase zu.
Marcy versetzte es einen Stich ins Herz. Er war doch noch ein Kind – ein verängstigtes Kind. „Sie schicken ihn wieder weg? Mitten in der Nacht?“
Erics Miene war kalt. „Nachsicht hilft in diesem Fall überhaupt nicht. Wenn er Hilfe braucht, soll er klopfen. Er muss ein Mann werden. Höchste Zeit, dass er diese Lektion lernt.“
„Und Sie geben sie ihm gerade?“
„Wer soll es denn sonst tun? Aber er muss es wollen. Die Polizisten kannten ihn bereits. Ich habe ihnen gesagt, dass wir überlegt haben, ihn bei uns zu behalten, deshalb haben sie offen zu mir gesprochen. Er ist aus einem Erziehungsheim geflogen, weil es Probleme gab, doch die Polizisten glauben, dass es nicht seine Schuld war.“ Eric seufzte.
„Soweit sie wissen, ist er noch nicht ernsthaft mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Er versucht, anständig zu bleiben. Das ist ja schon mal was. Sie haben mir Namen von
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