Eine süße Versuchung für Marcy
einigen Leuten genannt, bei denen ich mich erkundigen kann. Außerdem sagt mir mein Instinkt, dass wir ihn ruhig bei uns behalten können.“
Es klopfte leise an der Tür.
Eric ließ ihn nicht lange warten.
„Es tut mir leid.“
„Was?“, fragte Eric streng.
Dylan holte tief Luft. „Dass ich eingebrochen bin und die Kekse genommen habe. Und dass ich Ihre Hilfe nicht annehmen wollte.“
„Okay, akzeptiert.“
Dylan blickte zu Boden. Eine Frage stand noch zwischen ihnen. Dylan gab als Erster nach. „Ich würde gern heute Nacht bleiben, wenn Ihr Angebot noch gilt.“
„Es gilt noch.“ Eric trat beiseite, um ihn ins Haus zu lassen. „Und tu nichts, was mich in den nächsten sechs Stunden um meinen Schlaf bringt.“ Er drückte Dylan die Keksdose in die Hand und lief die Treppe hinauf, ohne sich noch einmal nach ihm umzudrehen.
Marcy bemühte sich, ihr Mitleid nicht zu zeigen, obwohl ihr Dylans desolater Gesichtsausdruck fast das Herz brach. „Du weißt, wo die Milch ist. Gute Nacht.“
„Nacht.“ Seine Stimme klang gepresst, als kämpfte er mit den Tränen.
Sie berührte seinen Arm. „Wird schon wieder“, tröstete sie ihn. Er war kein krimineller Jugendlicher. Höchstens ein Kind, das vom Weg abgekommen war. „Mr Sheridan kannst du ruhig vertrauen“, fügte sie hinzu.
Er nickte. Am liebsten hätte sie ihn umarmt, aber sie tätschelte nur seine Hand. Dann ging sie in ihr Zimmer zurück.
An Schlaf war jedoch nicht zu denken. In den vergangenen Stunden war so viel passiert, wie in den ganzen Tagen zuvor nicht. Am meisten dachte Marcy über Eric nach. Sie hatte ihn für viel älter gehalten. Wahrscheinlich war er nicht einmal vierzig.
Er war mindestens einen Meter neunzig groß, und abgesehen von seinen Schläfen, die bereits ergrauten, war sein Haar hellbraun. Nicht so kurz geschnitten, dass es streng wirkte, aber auch nicht so lang, dass es ihm ins Gesicht fiel. Seine Augen waren tiefbraun, und er hatte die Statur eines Footballspielers – kräftig und stabil. Er sah sogar richtig sexy aus.
Viel Humor schien er allerdings nicht zu haben. Bis jetzt hatte es allerdings auch noch keine Situation gegeben, in der er ihn hätte beweisen können. Außerdem war er Mathematiker. Durch und durch logisch. Wahrscheinlich fragte er sich gerade, warum er überhaupt nach Davis gezogen war, wo er möglicherweise noch die Verantwortung über einen jungen Streuner übernehmen musste, der einen Hang zu Gaunereien hatte.
Marcy lächelte in der Dunkelheit. Sie glaubte an das Schicksal, das sie bereits auf einige interessante Wege geführt hatte. Und sie hatte das untrügliche Gefühl, dass es im Moment besonders nachhaltig in ihr Leben eingriff. Hätte sich der andere Job, den sie seit vier Jahren regelmäßig um diese Zeit übernahm, nicht zerschlagen, hätte sie Erics Auftrag nicht annehmen können.
Sie kannte ihn zwar erst seit ein paar Stunden, doch auf eine seltsame Weise fühlte sie sich bereits zu ihm hingezogen. Vielleicht bat er sie ja, länger zu bleiben …
Obwohl – das wäre keine gute Idee. Sie hatte andere Pläne. Eigene Ziele. Und die wollte sie auf keinen Fall aus den Augen verlieren. Verschwinden wäre die sicherere Alternative.
Aber sicher war nicht immer besser, oder?
Am nächsten Morgen lag Marcy im Bett und lauschte in die Stille. Es war bereits zehn Uhr. Sie fragte sich, ob Dylan noch schlief oder wieder abgehauen war. Und ob er vorher den Kühlschrank ausgeräumt hatte.
Sie zog Shorts und ein T-Shirt an und bereitete sich auf einen weiteren arbeitsreichen Tag vor. Die Tür zu Erics Schlafzimmer war geschlossen. Sie schlüpfte ins Gästebad, machte sich fertig und ging hinunter.
Die Laken auf dem Sofa waren zerknautscht. Dylan hatte also hier geschlafen.
Schade. Sie hatte gehofft, der Junge würde Erics Hilfe annehmen – und sich Erics Vertrauen als würdig erweisen.
In Erics Bad begann die Dusche zu rauschen, und sie beschloss, ihm ein schönes Frühstück zuzubereiten, bevor sie ging. Schließlich wollte sie einen guten Eindruck hinterlassen. Wie würde er wohl reagieren, wenn er erfuhr, dass Dylan verschwunden war?
Sie bereitete ein Käseomelette, und Weizentoast vor und füllte eine Schale mit Trauben und Melonenstücken. Als sie die Teller in den Herd schieben wollte, um sie warm zu halten, hörte sie Erics Schritte auf der Treppe. Kurz darauf betrat er die Küche.
„Er ist weg“, sagte sie, als er im Türrahmen in Jeans und Polohemd auftauchte. Er würde bald
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