Eine Tiefe Am Himmel
Vergleich zu den Dschöng-Ho-Linguisten brillierte Trixia Bonsol; wie stolz wäre sie gewesen, wenn sie es hätte wissen können. »Sie ist unersetzlich.« Reynolt sprach das Urteil in ihrer üblichen stumpfen Art, frei von Lob oder Sadismus, die Feststellung einer Tatsache. Anders als Hunte Wen, würde Trixia Bonsol nicht frühzeitig freikommen.
Vinh versuchte alles zu lesen, was die Übersetzer hervorbrachten. Zuerst war es typisch für grobe Linguistik vor Ort, wo jeder Satz aus Dutzenden von Verweisen auf alternative Bedeutungen, alternative Syntax bestand. Nach ein paar Megasekunden waren die Übersetzungen fast lesbar. Es gab Lebewesen dort unten auf der Arachna, und das waren ihre Worte.
Manche von den fokussierten Linguisten kamen nie über Transskriptionen im Anmerkungsstil hinaus. Sie waren in den unteren Ebenen der Bedeutung gefangen und bekämpften jeden Versuch, den Geist der Fremden zu erfassen. Vielleicht genügte das. Jedenfalls erfuhren sie, dass die Spinnen nichts von einer vorangehenden Zivilisation wussten: »Wir finden keine Erwähnung eines goldenen Zeitalters der Technik.«
Nau schaute Reynolt skeptisch an. »Das ist an sich schon verdächtig. Auf der Alten Erde gab es wenigstens Mythen von einer verlorenen Vergangenheit.« Und wenn es jemals eine Ursprungswelt gegeben hatte, dann war es die Alte Erde.
Reynolt zuckte die Achseln. »Ich sage ihnen, dass jede Erwähnung vergangener technischer Zivilisationen unterhalb des plausiblen Hintergrundniveaus liegt. Soweit wir feststellen können, wird beispielsweise Archäologie als unwichtiger wissenschaftlicher Zeitvertreib betrachtet« – nicht die weltenschaffende Raserei, die für eine herabgesunkene Kolonie typisch ist.
»Also hol’s die Seuche«, sagte Ritser Brughel. »Wenn diese Kerle nichts auszugraben haben, dann holen wir hier nichts als einen Scheiß.«
Schade, dass euch das nicht eingefallen ist, bevor ihr gekommen seid, dachte Ezr.
Nau sah mürrisch und überrascht aus, stimmte aber Brughel nicht zu: »Wir haben immer noch Dr. Lis Ergebnisse.« Sein Blick huschte über die Dschöng-Ho-Leute am Fußende des Tisches, und Ezr war sich ganz sicher, dass noch etwas anderes dem Aufsteiger durch den Kopf ging: Wir haben immer noch eine Flottenbibliothek der Dschöng Ho und Krämer, die sie für uns erschließen können.
Trixia erlaubte Ezr jetzt, sie zu berühren, ihr manchmal das Haar zu kämmen, ihr manchmal nur sacht auf die Schulter zu klopfen. Vielleicht verbrachte er so viel Zeit in ihrem Arbeitszimmer, dass sie ihn als ein Stück Mobiliar betrachtete, so sicher wie jede andere stimmgesteuerte Maschine. Trixia arbeitete jetzt normalerweise mit einer Datenbrille, manchmal erzeugte das die trostreiche Illusion, sie schaue ihn wirklich an. Sie beantwortete sogar seine Fragen, solange sie ihm Bereich ihres Fokus blieben und das Gespräch mit ihren Apparaten und den anderen Übersetzern nicht unterbrachen.
Einen Großteil der Zeit saß Trixia im Halbdunkel, hörte zu und sprach gleichzeitig ihre Übersetzungen. Mehrere von den Übersetzern arbeiteten auf diese Weise, kaum mehr als Automaten. Trixia war anders, wollte Vinh gern glauben: Wie die anderen analysierte sie wieder und wieder, aber nicht, um nach jeder syntaktischen Struktur ein Dutzend zusätzliche Interpretationen einzufügen. Trixias Übersetzungen schienen auf die Bedeutung aus zu sein, wie sie im Geiste der Sprecher bestand, in einem Denken, für das die Spinnenwelt ein normaler, vertrauter Ort war. Trixia Bonsols Übersetzungen waren… Kunst.
Kunst war nicht das, was Anne Reynolt erwartete. Zuerst waren es nur Kleinigkeiten, über die sie sich zu beklagen hatte. Die Übersetzer wählten eine neue Rechtschreibung für ihre Ergebnisse; sie stellten die Zeichen x* und q* durch Kombinationen von zwei Buchstaben dar. Ihre Übersetzungen sahen dadurch sehr drollig aus. Zum Glück war Trixia nicht die Erste, die das bizarre Schema benutzte. Zum Unglück brachte sie viel zu viel von der fraglichen Neuheit hervor.
Eines schrecklichen Tages drohte Reynolt, Ezr aus Trixias Arbeitszimmer – das heißt, aus Trixias Leben – auszusperren. »Was Sie da auch tun, es bringt sie durcheinander. Sie liefert mir bildliche Übersetzungen. Sehen Sie sich diese Namen an: ›Scherkaner Unterberg‹, ›Jaybert Landers‹. Sie verwirft Komplikationen, über die alle Übersetzer einer Meinung sind. An anderen Stellen erfindet sie sinnlose Silben.«
»Sie tut genau das, was sie tun
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