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Eine Tiefe Am Himmel

Eine Tiefe Am Himmel

Titel: Eine Tiefe Am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
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man an der Oberfläche gestrandet war, konnte man eine vergängliche Unsterblichkeit erlangen, indem man aufschrieb, was man sah, und die Geschichte so sicher verwahrte, dass sie die Feuer der Neuen Sonne überstand. Und gelegentlich überlebte einer dieser draußen Gebliebenen ein, zwei Jahre lang im Dunkel, sei es durch außergewöhnliche Zufälle, sei es durch kluge Planung und den Wunsch, ins Herz des Dunkels zu schauen. Ein Philosoph überlebte so lange, dass jene, die seine Worte über ihren Tiefen in Stein geritzt fanden, sie für ein Erzeugnis des Wahnsinns oder eine Metapher hielten: »… und die trockene Luft gefriert zu Raureif.«
     
    In einem Punkt stimmten die Propagandisten der Krone mit denen von Basville überein: Dieses Dunkel würde anders sein als alle zuvor. Dieses Dunkel würde als Erstes von der Wissenschaft im Dienste des Krieges direkt in Angriff genommen werden. Während sich die Millionen ihrer Bürger in die stillen Häfen von tausend Tiefen zurückzogen, kämpften die Armeen beider Seiten weiter. Oft fanden die Kämpfe in offenen, mit Dampf beheizten Gräben statt. Doch die entscheidenden Dinge spielten sich unterirdisch ab, beim Graben von Tunneln, die weit unter den Frontlinien beider Seiten hindurchliefen. Wo sie sich trafen, wurden erbitterte Schlachten mit Maschinengewehren und Giftgas ausgetragen. Wo es nicht zu einer Begegnung kam, gingen die Tunnel immer weiter durch den Kalkfelsen der Ostfront, Meter um Meter, Tag für Tag, noch lange, nachdem alle Kämpfe an der Oberfläche zum Erliegen gekommen waren.
    Fünf Jahre nach Anbruch des Dunkels führte nur eine technische Elite, vielleicht zehntausend aufseiten der Krone, den Feldzug unter der Ostfront fort. Selbst bei ihnen, tief unter der Erde, lagen die Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt. Kammerlinggetriebene Ventilatoren ließen frische Luft zirkulieren. Die letzten Luftlöcher würden bald zufrieren.
    »Wir haben seit fast zehn Tagen keine Aktivitäten von Basville gehört. Das Gräberkommando beglückwünscht sich in einem fort.« General Grüntal schnippte sich ein Aromatikum in den Schlund und mampfte laut; der Geheimdienstchef des Einklangs war nie für besondere Diplomatie bekannt gewesen, und in den letzten Tagen war seine Laune merklich schlechter geworden. Er war ein alter Kupp, und obwohl die Bedingungen beim Landeskommando vielleicht die günstigsten waren, die es noch irgendwo auf der Welt gab, begann selbst hier eine extreme Phase. In den Bunkern unweit der Königlichen Tiefe waren noch an die fünfzig Leute bei Bewusstsein. Jede Stunde schien die Luft ein wenig stickiger zu werden. Seine stattliche Bibliothek hatte Grüntal vor über einem Jahr aufgegeben. Jetzt bestand sein Büro aus einem Käfterchen von sechs mal drei mal anderthalb Metern im toten Raum über dem Schlafsaal. Die Wände des kleinen Zimmers waren mit Karten bedeckt, der Tisch mit Fernschreiber-Berichten über Drahtverbindung. Die drahtlose Verbindung war gut siebzig Tage früher endgültig zusammengebrochen. Im Jahr davor hatten die Funker der Krone mit immer stärkeren Sendern experimentiert, und es hatte Hoffnung bestanden, die drahtlose Verbindung bis ganz zum Schluss aufrechterhalten zu können. Aber nein, es war nichts als Drahttelegraphie und Funk auf Sichtweite geblieben. Grüntal schaute seinen Besuch an, zweifellos den letzten, der in über zweihundert Jahren zum Landeskommando kommen würde. »Also, Oberst Schmid, Sie sind eben aus dem Osten zurückgekommen. Warum höre ich keinerlei Jubel von Ihnen? Wir haben den Feind überdauert.«
    Die Aufmerksamkeit von Viktoria Schmid war vom Periskop des Generals gefesselt worden. Das war der Grund, warum sich der General in seinem Kabäuschen hier oben festgesetzt hatte – ein letzter Blick auf die Welt. Der Königsfall war vor mehr als zwei Jahren zum Stillstand gekommen. Sie konnten das ganze Tal entlang schauen. Ein dunkles Land, jetzt von einem geisterhaften Raureif überzogen, der sich endlos auf Fels und Eis gleichermaßen bildete. Kohlendioxid, das aus der Atmosphäre ausfiel. Aber Scherkaner wird eine viel kältere Welt als diese sehen.
    »Oberst?«
    Schmid trat vom Periskop zurück. »Entschuldigung, Herr General… Ich bewundere die Gräber von ganzem Herzen.« Zumindest die Soldaten, die die eigentliche Arbeit tun. Sie war in ihrer Feldtiefe gewesen. »Aber es ist Tage her, seit sie eine feindliche Stellung erreichen konnten. Weniger als die Hälfte werden nach dem Dunkel

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