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Eine Tiefe Am Himmel

Eine Tiefe Am Himmel

Titel: Eine Tiefe Am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
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die mal eben was über Radium gelesen haben und der Ansicht sind, wir sollten aus dem Zeug Super-Gräberköpfe machen. Wir haben unter uns einen kleinen Wettbewerb, wer die größten Idioten kriegt. Also, Herr Unterberg, ich denke, Sie haben mich zum Gewinner gemacht. Sie gedenken sich in der Mitte der Dunkelzeit wecken zu lassen und dann über Land zu reisen, bei tieferen Temperaturen, als man sie in jedem kommerziellen Labor findet, und in einem Vakuum, wie nicht einmal wir es herstellen können.« Unnerbei machte eine Pause; war er vielleicht betroffen, dass er ein Stückchen geheime Information preisgegeben hatte? Dann begriff Scherkaner, dass der Feldwebel auf etwas schaute, das sich in seinem blinden Fleck befand.
    »Leutnant Schmid! Guten Tag, Frau Leutnant.« Der Feldwebel nahm beinahe Haltung an.
    »Guten Tag, Hrunkner.« Die Sprecherin kam ins Gesichtsfeld. Sie war… schön. Ihre Beine waren schlank, hart, gebogen, und jede Bewegung war von zurückhaltender Eleganz. Ihre Uniform war ein Schwarz in Schwarz, das Scherkaner nicht erkannte. Die einzigen Abzeichen waren die fernroten Rangsterne und das Namensschild. Viktoria Schmid. Sie sah unglaublich jung aus. Zur Unzeit geboren? Das konnte sein, und die übertriebene Respektsbezeugung des Innendienstlers war dann eine Art Spott.
    Leutnant Schmid wandte ihre Aufmerksamkeit Scherkaner zu. Sie wirkte auf eine distanzierte, fast amüsierte Weise freundlich. »So, Herr Unterberg, Sie sind Forscher an der mathematischen Fakultät der Königsschule.«
    »Nun ja, eigentlich eher ein Jungakademiker…« Ihr schweigender Blick schien eine eingehendere Antwort zu verlangen. »Äh… Mathematik ist eigentlich nur das Fachgebiet, das in meinem offiziellen Programm steht. Ich habe eine Menge Kurse an der Medizinschule und in Technischer Mechanik besucht.« Halbwegs erwartete er eine grobe Bemerkung von Unnerbei, doch der Feldwebel war plötzlich sehr still.
    »Dann verstehen Sie die Natur des Tiefsten Dunkels, die extrem tiefen Temperaturen, das Hochvakuum.«
    »Jawohl. Und ich habe über diese Probleme eine Menge nachgedacht.« Fast ein halbes Jahr lang, aber das sage ich lieber nicht. »Ich habe zahlreiche Ideen, ein paar vorläufige Entwürfe. Manche von den Lösungen sind biologisch, und da habe ich noch nicht viel vorzuzeigen. Aber ich habe Prototypen für einige der mechanischen Aspekte des Projekts mitgebracht. Sie sind draußen in meinem Automobil.«
    »Ach ja. Zwischen den Wagen von General Grüntal und General Niederer geparkt. Vielleicht sollten wir einen Blick drauf werfen – und Ihren Wagen an einen sichereren Ort bringen.«
    Die ganze Erkenntnis kam erst Jahre später, doch in diesem Augenblick hatte Scherkaner Unterberg den ersten Schimmer davon. Unter allen Leuten im Landeskommando – unter allen Leuten auf der ganzen weiten Welt – hätte er keinen geeigneteren Zuhörer als Leutnant Schmid finden können.

 
     
SECHS
     
    In den letzten Jahren einer Schwindenden Sonne gibt es Stürme, oft heftige. Doch das ist nicht die reißende, explosive Qual der Stürme einer Neuen Sonne. Die Winde und Schneestürme des anbrechenden Dunkels zeigen die Welt eher als ein Opfer, das von einem Dolchstich tödlich verwundet ist und nur noch schwach zuckt, während das Blut des Lebens ausströmt. Denn die Wärme der Welt ist ihr Lebenselixier, und während das hinaus ins Dunkel sickert, kann die sterbende Welt immer weniger dagegen aufbegehren.
    Es kommt eine Zeit, da hundert Sterne am selben Himmel wie die Mittagssonne zu sehen sind. Dann tausend Sterne, und schließlich wird die Sonne nicht mehr schwächer – und das Dunkel ist wirklich da. Die größeren Pflanzen sind längst gestorben, das Pulver ihrer Sporen liegt tief unterm Schnee verborgen. Die niederen Tiere sind denselben Weg gegangen. Organischer Schmutz sprenkelt die windabgewandten Seiten der Schneewehen, und gelegentlich umspielt ein Glühen frei liegende Leichen – die Geister der Toten, wie klassische Beobachter schrieben; ein letztes Fressen der Bakterien, wie Wissenschaftler späterer Epochen entdeckten. Doch noch leben Leute an der Oberfläche. Manche sind die künftigen Mordopfer, von stärkeren Stämmen (oder stärkeren Nationen) daran gehindert, die Zufluchtsorte in den Tiefen aufzusuchen. Andere sind die Opfer von Überschwemmungen oder Erdbeben, deren ererbte Tiefen zerstört worden sind. In alten Zeiten gab es nur eine Möglichkeit, zu erfahren, wie das Dunkel wohl tatsächlich wäre: Wenn

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