Eine Tiefe Am Himmel
wirkende Fenster umgaben sie. Nau gab ihm einen Augenblick Gelegenheit, hinauszuschauen:
Das Taxi stieg durch das Strebwerk eines am Grunde verankerten Habitats auf. Es war noch nicht fertig, sah aber so groß wie das Temp einer Dschöng-Ho-Vertretung aus. Jetzt waren sie über dem Strebwerk. Der Boden wölbte sich weg und wurde zu einem Haufen grauer Leviathane. Das waren die Diamantfelsen, alle zusammengeholt. Die Blöcke waren merkwürdig frei von Kratern, aber so trist und öde wie gewöhnliche Planetoiden. Hier und da fand das schwächliche Sonnenlicht eine Stelle, wo der Graphit der Oberfläche abgeschlagen worden war, und dort glitzerte es in allen Regenbogenfarben. Zwischen zweien von den Bergen sah er fahle Schneefelder, einen taumelnden Block von frisch geschnittenem Gestein und Eis; das mussten Teile des Ozeans und des darunter liegenden Gebirges sein, die sie von der Arachna gehoben hatten. Das Taxi stieg weiter auf. Hinter den Ecken der Berge kamen die Formen von Sternenschiffen in Sicht. Die Schiffe waren über sechshundert Meter lang, aber winzig neben der Ansammlung von Felsen. Sie waren eng aneinander vertäut wie Bergungsgut auf einem Schrottplatz; Ezr zählte rasch, schätze ab, was man nicht direkt sehen konnte. »Sie haben also alles hierher gebracht – nach L1? Sie haben wirklich vor, eine Lauerstrategie zu verfolgen?«
Nau nickte. »Ich fürchte, ja. Es ist am besten, in dieser Hinsicht offen zu sein. Unser Kampf hat uns alle an den Rand der Existenz gebracht. Wir haben ausreichende Ressourcen, um nach Hause zurückzukehren, aber mit leeren Händen. Wenn wir stattdessen nur zusammenarbeiten können… nun ja, von hier bei L1 können wir die Spinnen beobachten. Wenn sie wirklich ins Informationszeitalter eintreten, können wir zu gegebener Zeit ihre Ressourcen nutzen, um unsere Ausrüstung zu ergänzen. So oder so bekommen wir vielleicht viel von dem, was wir uns erhofft haben.«
Hm. Eine ausgedehnte Lauer, während der man abwartete, dass die Kunden heranreiften. Es war eine Strategie, die die Dschöng Ho bei einigen wenigen Gelegenheiten verfolgt hatte. Manchmal funktionierte es sogar. »Es wird schwierig werden.«
Hinter Ezr sagte eine Stimme: »Für euch vielleicht. Aber Aufsteiger leben gut, kleiner Mann. Das erfährst du am besten gleich.« Es war eine Stimme, die Vinh erkannte, die Stimme, die der Dschöng Ho noch einen Hinterhalt vorgeworfen hatte, als das Morden schon begonnen hatte. Ritser Brughel. Ezr drehte sich um. Der große blonde Kerl grinste ihn an. Da war nichts mit feinen Nuancen. »Und wir spielen auf Gewinn. Die Spinnen werden das auch erfahren.« Es war nicht lange her, dass Ezr Vinh einen Abend lang neben diesem Kerl gesessen und zugehört hatte, wie er Pham Trinli belehrte. Der Blonde war ein Flegel und Rabauke, doch damals hatte es keine Rolle gespielt. Vinhs Blick huschte über die teppichbespannten Wände zu Anne Reynolt. Sie beobachtete das Gespräch konzentriert. Physisch hätten sie und Brughel Schwester und Bruder sein können. Es war sogar ein Schimmer von Rot im Blondhaar des Burschen. Doch damit hörte die Ähnlichkeit auf. So widerwärtig er war, lagen Brughels Gefühle doch offen zutage. Die einzige Regung, die Vinh in Anne Reynolts Augen sah, war Ungeduld. Sie beobachtete das gegenwärtige Gespräch, wie man Insekten in Gartenerde beobachten mochte.
»Aber keine Sorge, Krämerjunge. Dein Quartier ist angemessen unscheinbar.« Brughel zeigte zum vorderen Fenster hinaus. Dort war ein grünlicher Fleck, kaum als Scheibe zu erkennen. Es war das Dschöng-Ho-Temp. »Wir haben es in einer Acht-Tage-Umlaufbahn um den Hauptkram geparkt.«
Tomas Nau hob höflich die Hand, fast als bitte er ums Wort, und Brughel hielt den Mund. »Wir haben nur einen Augenblick Zeit, Herr Vinh. Ich weiß, dass Anne Reynolt Ihnen einen Überblick gegeben hat, doch ich möchte sicherstellen, dass Sie ihre neuen Pflichten verstehen.« Er machte etwas an seiner Manschette, und das Bild des Dschöng-Ho-Temps wurde größer. Vinh schluckte; komisch, es war nur ein gewöhnliches provisorisches Temp, kaum hundert Meter im Durchmesser. Seine Augen suchten nach der plumpen, wulstigen Hülle. Er hatte keine zwei Megasekunden dort gelebt, hatte die karge Ökonomie tausendmal verflucht. Doch jetzt kam es von allem, was noch existierte, einer Heimat am nächsten; drinnen befanden sich viele von Ezrs überlebenden Freunden. Ein provisorisches Temp ist so leicht zu zerstören. Doch alle Zellen
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